Du sitzt mit deinen Kollegen beim Feierabendbier, ihr redet, wie so oft bei solchen Gelegenheiten, über die Arbeit. Einer von ihnen regt sich auf, dass er zu wenig verdient. Als er sein Gehalt nennt, staunst du allerdings nicht schlecht: Denn du verdienst sogar noch weniger – obwohl ihr ähnliche Aufgaben habt.
Das findest du natürlich unfair. Wie kannst du das deinem Chef mitteilen, ohne deinen Kollegen anzuschwärzen und dich unbeliebt zu machen? Schließlich dürft ihr eigentlich nicht über eure Gehälter sprechen. So steht es zumindest im Arbeitsvertrag.
Was du vielleicht nicht weißt: Du darfst dennoch über dein Gehalt sprechen – auch wenn in deinem Vertrag eine Klausel steht, die das verbietet. Mehr noch: Du darfst von deinem Arbeitgeber sogar verlangen, dir die Gehälter deiner Kollegen offenzulegen, wenn du sichergehen willst, dass du fair bezahlt wirst. Allerdings nur unter bestimmten Umständen.
In vielen Unternehmen ist es immer noch üblich, in die Arbeitsverträge hineinzuschreiben, dass nicht über Monatsgehälter gesprochen werden darf. Vor allem nicht mit anderen Firmenangehörigen. "Derartige Klauseln wurden vom Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern für unwirksam erklärt", schreibt der Rechtsanwalt Roland Klein in einem Beitrag für "Legal Tribute Online". Da du das Recht hast, dich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen, solltest du auch das Recht haben, über sie zu reden.
Gleichzeitig musst du natürlich auch nicht über dein Gehalt sprechen, wenn du gefragt wirst. "Denn beim Gehalt handelt es sich um eine personenbezogene Information, die dem Datenschutz unterliegt und deren Preisgabe verweigert werden darf", erläutert Klein. Ausnahmen sind zum Beispiel Finanzbehörden, die solche Infos von dir einfordern dürfen.
Auch wenn es unangenehm ist, über Geld zu sprechen, lohnt es sich manchmal: Findest du etwa heraus, dass deine Kollegen bei vergleichbarer Arbeit mehr verdienen, kannst du das Argument bei einer Gehaltsverhandlung nutzen, meint auch Jochen Mai von "Karrierebibel". Im Gespräch mit watson sagt der Karriere-Experte:
Laut des Gesetzes musst du auch nicht deine Kollegen nach ihren Gehältern fragen, um zu prüfen, ob du selbst genügend verdienst. Unter Umständen kannst du auch deinen Vorgesetzten fragen. So erklärt Stefan Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Leipzig, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:
Der Haken ist allerdings: Das Gesetz greift erst ab einer Unternehmensgröße von mindestens 200 Mitarbeitern. Wenn deine Firma kleiner ist, bist du auf dich allein gestellt. Vor allem, wenn du den Gehaltsunterschied, den du von deinen Kollegen erfahren hast, für eine Lohnverhandlung nutzen willst.
Entscheidest du dich dazu, den Chef auf dein vergleichsweise niedriges Gehalt anzusprechen und eine Erhöhung zu verhandeln, solltest du dennoch nicht nur mit dem Entgelttransparenzgesetz argumentieren. Selbst wenn dein Unternehmen groß genug ist, damit es greift. Watson gegenüber rät Mai, immer über Leistung zu argumentieren.
Zusammenfassend bedeutet das: Du darfst also nicht nur über dein Gehalt sprechen, in gewissen Situationen kann es dir sogar Vorteile bringen, dich mit deinen Kollegen über den Monatslohn auszutauschen. Wenn du deinen Vorgesetzten auf eine ungerechte Gehaltsverteilung aufmerksam machst, solltest du eine finanzielle Steigerung dennoch versuchen, mit guter Leistung zu begründen.
(ak)