Seit den Wahlen in Belarus geht Lukaschenko hart gegen Demonstranten vor.Bild: imago images / ITAR-TASS
Die EU hat wegen der anhaltenden
Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus (Weißrussland)
Sanktionen gegen Machthaber Alexander Lukaschenko verhängt. Die
Strafmaßnahmen gegen den 66-Jährigen traten am Freitag mit der
Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie
sehen ein Einreiseverbot vor und ermöglichen das Einfrieren von
Vermögenswerten.
Neben dem Präsidenten wurden noch weitere 14 Personen aus dem
Machtapparat mit Sanktionen belegt. Darunter sind auch Lukaschenkos
Sohn Viktor, der als nationaler Sicherheitsberater fungiert;
Lukaschenkos Sprecherin Natalja Eismon und der Chef des
Geheimdienstes KGB, Iwan Tertel.
Sanktionen zeigen Europas Unterstützung für Demonstranten
In Minsk teilte das Außenministerium mit, Belarus werde die neuen
Sanktionen nicht unbeantwortet lassen. Zunächst werde die Liste
sorgfältig analysiert, sagte ein Sprecher. Die Agentur Interfax
meldete unter Berufung auf Kreise in Moskau, dass sich Russland den
Sanktionen von Belarus gegen die EU anschließen werde.
Belarus hatte schon auf die ersten Sanktionen mit der Reduzierung
von Personal in den diplomatischen Vertretungen in der EU reagiert
und einzelne Staaten, darunter Polen und Litauen, aufgefordert,
ebenfalls Personal abzuziehen. Zudem wurden Projekte auf Eis gelegt.
Auch Korrespondenten ausländischer Medien waren komplett die
Akkreditierungen entzogen worden.
Mit der Strafmaßnahme will die EU vor allem ihre Unterstützung
der Demokratiebewegung in Belarus (Weißrussland) zum Ausdruck
bringen, aber auch den Druck auf Lukaschenko noch einmal erhöhen.
Lukaschenko regiert weiter völlig unbeeindruckt von den
Massenprotesten. Er eröffnete am Freitag in Minsk eine neue
Metrostation und wies eine leichte Rentenerhöhung an. Die
Durchschnittsrente steigt demnach zum 1. Dezember auf knapp 500
belarussische Rubel. Das sind rund 165 Euro monatlich.
Proteste nach verdächtig eindeutigem Wahlergebnis
In der Ex-Sowjetrepublik gibt es seit der Präsidentenwahl am 9.
August Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef, der
bereits seit 26 Jahren an der Macht ist. Zuletzt hatten auch Senioren
eigene Proteste organisiert. Die Rentenerhöhung dürfte der Versuch
sein, diese Lukaschenko gegenüber lange Zeit loyale Gruppe wieder von
der Straße weg zu bekommen.
Auslöser der schweren innenpolitischen Krise in dem Land ist die
Fälschung der Wahl, nach der sich Lukaschenko mit 80,1 Prozent der
Stimmen zum Sieger hatte erklären lassen. Bei den Protesten nach der
Wahl gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen.
Allein bei der jüngsten Sonntagsdemonstration gegen Lukaschenko
wurden etwa 300 Menschen festgenommen. Auf Fotos und Videos war zu
sehen, wie Sicherheitskräfte Blend- und Schockgranaten gegen die
friedliche Menschenmenge einsetzten.
Nach dem Beschluss vom Freitag stehen mittlerweile knapp 60
Personen aus Belarus auf der EU-Sanktionsliste. Bereits am 2. Oktober
waren wegen der Ereignisse nach der Wahl restriktive Maßnahmen gegen
40 Personen verhängt worden. Den Betroffenen wird unter anderem die
Verantwortung für willkürliche Festnahmen, für die Misshandlung
friedlicher Demonstranten sowie für Einschüchterungen und Gewalt
gegen Journalisten vorgeworfen.
Lukaschenko unterdrückt Opposition weiter – EU reagiert
Vorangetrieben wurden die Sanktionen gegen Lukaschenko unter
anderem von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). "Die Gewalt geht
weiter. (...) Es gibt nach wie vor Verhaftungen von friedliebenden
Demonstranten", erklärte der SPD-Politiker bereits Mitte Oktober.
Dass Lukaschenko nicht sofort sanktioniert wurde, lag daran, dass
einige EU-Staaten befürchteten, dass die Strafmaßnahmen die
diplomatischen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts erschweren
könnten. Das unbeirrte Festhalten Lukaschenkos am harten Kurs gegen
die Opposition in den vergangenen Wochen hat die Zweifler allerdings
zum Umdenken bewegt.
Als ein wichtiger Grund dafür, dass sich Lukaschenko bislang
trotz der Massenproteste an der Macht hält, gilt die Unterstützung
Moskaus. Russland sieht Belarus als seinen unmittelbaren
Einflussbereich und als wichtige Pufferzone zur Nato und will deshalb
einen möglichen Machttransfer dort selbst steuern.
Bitter für die EU ist, dass sie erst 2016 Sanktionen gegen
Lukaschenko und seinen Machtapparat hatte auslaufen lassen -
ungeachtet der Kritik von Menschenrechtlern. Als Grund dafür wurden
damals die Freilassung politischer Gefangener sowie die gewaltfrei
verlaufene Präsidentenwahl im Jahr 2015 genannt.
(vdv/dpa)