Über Stunden verschwinden wir in fremde Welten. Was um uns passiert, blenden wir aus. Ein schönes Gefühl. Nichts belastet uns. Doch je länger wir abtauchen, desto mehr Dreck wird in die Realität gepustet. Denn Gaming, genauer Spielkonsolen und Computer, belasten die Umwelt. So ist es nun mal mit elektronischen Geräten. Sie brauchen Strom. Und der wird hierzulande auch aus fossilen Energien gewonnen. Die wiederum erzeugt jede Menge Kohlendioxid. Nicht gut fürs Klima, nicht gut für die Umwelt und auf Dauer nicht gut für uns.
Nun mögen ein paar Gamerinnen und Gamer nicht viel ausmachen. Mit rund 34 Millionen allein in Deutschland, wie es vonseiten des Branchenverbands Game heißt, sind es aber weit mehr als nur ein paar. Zugegeben, zu denen gehören auch diejenigen, die nur gelegentlich auf ihrem Smartphone spielen.
Aber auch ohne die in der Szene gerne mal als "Casual Gamer" bezeichneten Smartphone-Zocker bleiben mehrere Millionen enthusiastischer Gamer übrig – Sonys Playstation 4 etwa hat sich bisher 110 Millionen mal verkauft. Mit der nächsten Konsolengeneration, Playstation 5 und Xbox Series X, wird die Zahl weiter wachsen. Doch bleiben wir erstmal in der Gegenwart und schauen, wie viel Kohlendioxid Gamer mit ihrer Leidenschaft erzeugen.
Leider lassen sich Studien zu dem Thema nicht wirklich ausfindig machen. Vermutlich ist das Interesse von Wissenschaftsseite auch nur bedingt vorhanden. Belastbare Zahlen gibt es trotzdem – so lässt sich leicht ermitteln, wie viel Strom Spielkonsolen benötigen.
Natürlich können die Geräte heute weit mehr als nur Spiele wiedergeben. Sie dienen mitunter als multimediales Center, können Netflix, Spotify und DVDs abspielen. Und je nachdem, wofür wir sie verwenden, brauchen sie unterschiedlich viel Energie. Streaming, Downloads und auch den Stand-by-Modus lassen wir aber mal links liegen. Hier geht es nur ums aktive Spielen. Außerdem betrachten wir nur die aktuelle Konsolengeneration.
Bei der Playstation 4 verbrauchen die unterschiedlichen Modelle, Ultra HD eingerechnet, laut Herstellerangaben durchschnittlich 0,119 Kilowatt pro Stunde. Umgerechnet führt der Gebrauch einer PS4-Konsole in Deutschland pro Stunde zu ungefähr 47,71 Gramm Kohlendioxid – bezogen auf die Energiebilanz 2019 des Umweltbundesamts.
Um das in Relation zu setzen: Laut dem Statistischen Bundesamt erzeugt ein Pkw pro Personenkilometer, sprich ein zurückgelegter Kilometer pro Person, im Schnitt 147 Gramm Kohlendioxid (Stand 2018). Drei Stunden zocken entsprechen also knapp einem Kilometer Autofahrt. Wer die etwa 65-stündige Spielzeit für die Story des Westernepos "Red Dead Redemption 2" auskostet, legt ungefähr 21 Kilometer zurück. Weit fährt man nicht, aber ein Stückchen. Ein kleines.
Bei den unterschiedlichen Modellen der Xbox One liegt der durchschnittliche Verbrauch bei rund 0,14 Kilowatt die Stunde, was für etwa 56,14 Gramm Kohlendioxid verantwortlich ist. Fast zehn Gramm mehr als bei der Playstation 4. "Red Dead Redemption 2" durchzuzocken entspräche in eine Autofahrt umgerechnet 24 Kilometer.
Bei der Nintendo Switch sieht es deutlich besser aus. Etwa 0,011 Kilowatt pro Stunde kommen beim Spielen zusammen, und damit stündlich 4,41 Gramm CO2. Mehr als 30 Stunden müssten wir also mit Super Mario über Plattformen kraxeln, bis wir das Niveau eines Auto-Kilometers erreichen.
Leider lassen sich derart präzise Zahlen für Computer nicht wirklich auftreiben. Zu individuell können die Geräte ausfallen. Bereits einzelne Bestandteile, etwa Grafikkarten, können Unterschiede von mehr als 100 Watt vorweisen. Und da hört es nicht auf. Selbiges gilt auch für die Spiele und Grafikeinstellungen. Auf der Konsole fallen letztere weg. So viel sei aber gesagt: Ein Computer wird wesentlich mehr Strom ziehen als eine Konsole, hat dafür aber grafisch mehr zu bieten. Also zurück zu den Konsolen.
Gehen wir ein Stückchen weiter. Laut "State of Online-Gaming"-Report beträgt die durchschnittliche wöchentliche Spielzeit der Deutschen rund sieben Stunden. Bei der Playstation 4 wären das etwa 333 Gramm CO2, bei der Xbox One 392 und mit einer Switch kämen wir auf gut 31. Allein für die Playstation wären das rund 17,3 Kilogramm CO2 im Jahr. Umgerechnet etwa 117,6 Kilometer mit dem Auto.
Auch hier braucht es einen Vergleichswert. 2019 soll die jährliche Fahrleistung der Deutschen im Schnitt 11.733 Kilometer betragen haben, schreibt die "Auto Zeitung". Ein Autofahrer würde demnach im Jahr über vier Tonnen CO2 erzeugen.
Bleiben wir bei der Playstation 4. In Deutschland hat Sony die Konsole knapp sieben Millionen Mal verkauft. Verbringen alle Besitzerinnen und Besitzer die durchschnittliche Spielzeit in einem Jahr an ihrer Konsole, kommen wir auf 121.100 Tonnen CO2 im Jahr. Für ein Auto wären das weit über 800 Millionen Kilometer. Für die Strecke müsste man die Erde am Äquator entlang mehr als 20.000 Mal umrunden.
Fairness- und vollständigkeitshalber: Für die Xbox One, die sich bis 2018 aufgerundet 1,4 Millionen Mal verkaufte, sind es 28.560 Tonnen CO2 im Jahr. Die Nintendo Switch verkaufte sich bis 2018 genauso häufig. So kommen wir auf ein CO2-Budget von 2247 Tonnen. Ausgehend davon, dass die durchschnittliche Spielzeit von allen eingehalten wird.
Natürlich handelt es sich hierbei um stark vereinfachte Rechnungen. Nicht jede Spielkonsole wird aktiv genutzt. Um die genaue CO2-Bilanz zu berechnen, fehlen außerdem ein paar Rechenfaktoren. So lässt sich zwar ungefähr ermitteln, wie viel Energie eine Playstation 4, Xbox One oder Nintendo Switch beim Spielen erzeugen, bei Produktion, Transport und Entsorgung wird es hingegen schwieriger. Dafür gibt es keine Zahlen.
Können wir hierzulande Gamer also als Umweltsäue bezeichnen? Schwierig. Zunächst müssen die Zahlen verfeinert werden, sprich wir brauchen Zahlen zu Computern, Smartphones und der älteren Konsolengenerationen. Und auch hier sind Daten rund um Produktion und Entsorgung nötig. Erst dann können wir auf eine reale Auswirkung schließen. Nun ja, sie fällt womöglich höher aus.
Natürlich könnten wir jetzt mit den Finger herumwedeln und gegen Autofahrer oder Vielflieger wettern. Wir könnten über Kohlekraftwerke schimpfen und über Fleischesser lästern. Wir könnten aber auch unser eigenes Verhalten, nicht nur an der Konsole, gelegentlich überdenken, statt den einen Sündenbock zu suchen. Damit die reale Welt am Ende nicht einer Dystopie wie in "Last of Us" oder "Fallout" ähnelt.