"Ben hat immer gesagt, dass die Nächte am schlimmsten für ihn wären", erzählt Brandy dem Nachrichtensender CNN. Das Atmen falle ihm im Liegen besonders schwer, habe sich ihr Mann beschwert. Per Textnachricht, denn die beiden hatten ihre letzten gemeinsamen Tage isoliert voneinander verbringen müssen. Der 30-Jährige war an Covid-19 erkrankt, auch Brandy hatte Symptome der Lungenkrankheit gezeigt.
"Er war wirklich besorgt", sagt Brandy, "kam in unser Schlafzimmer und wollte, dass ich ihn in die Notaufnahme bringe." Dort sei er beatmet worden, habe Paracetamol zur Fiebersenkung bekommen und sei wieder nach Hause geschickt worden. Am Tag darauf ging es ihm wieder besser.
"Der Sonntag war großartig", berichtet seine Frau. "Er bewegte sich, sprach mit uns." Es sah so aus, als sei Ben auf dem Weg der Besserung. In der Nacht kamen dann die Symptome wieder, schlimmer als zuvor.
Sie habe alles probiert, um ihm das Atmen zu erleichtern, seine Temperatur zu senken. Schließlich sei ihr Mann eingeschlafen. "Ich hörte ihn durch die Tür atmen, dann schlief ich ein." Am nächsten Morgen fand sie Ben leblos im Bett.
Was Brandy von ihrem Mann geblieben ist, ist quälende Ungewissheit. Wie kann ein gesunder 30 Jahre alter Mann ohne bekannte Vorerkrankungen an Covid-19 sterben?
Geschichten wie die von Brandy und Ben rühren derzeit weltweit Menschen zu Tränen. Frankreich trauerte vor wenigen Tagen um eine 16-Jährige, die an der vom Coronavirus ausgelösten Krankheit verstarb. Belgien weinte jüngst um eine 12-Jährige.
Diese Geschichten sind nicht nur deshalb so traurig, weil junge Menschen zu Tode kommen. Sie bewegen, weil es lange als ausgemacht galt, dass junge Menschen nicht an Corona sterben. Krank werden ja, milde Symptome entwickeln, ja. Aber Notaufnahme, Beatmungsgerät, Leichenhalle – dieser tragische Dreiklang schien alten Menschen vorbehalten.
Immunologe Anthony Fauci, der in den USA eine ähnliche Rolle einnimmt, wie hierzulande Virologen wie Drosten oder Kekulé, sprach in einem CNN-Podcast davon, dass er nicht daran glaube, nur Alter oder Vorerkrankungen seien ausschlaggebende Risikofaktoren: "Da steckt mehr dahinter, und hoffentlich finden wir am Ende heraus, was es ist."
Was auch immer "es" am Ende sein mag: Forscher betonen unablässig, dass das Coronavirus und Covid-19 noch sehr neue Phänomene seien, aussagekräftige Daten zu ihrer Erforschung noch fehlten.
Insofern sind alle Erklärungsansätze für junge Todesopfer bislang höchstens Theorien, die einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten müssen.
Bis Wissenschaft und Forschung eine Antwort darauf haben, warum auch junge Menschen einen tödlichen Verlauf von Covid-19 befürchten müssen, gilt: Bleibt zu Hause. Auch wenn es uns das Wetter gerade besonders schwer machen mag.
(pcl)