Der Skiort Ischgl in Österreich gilt als Abtreiber und Beschleuniger des europäischen Coronavirus-Ausbruchs. Die ersten Fälle in Europa wurden bereits bestätigt, da wurde in Ischgl noch fröhlich Aprés-Ski gefeiert.
Schon Anfang März warnte Island vor dem Ausbruch des Virus im eigenen Land durch Skiurlauber aus dem österreichischen Party-Dorf. Doch dort wurden erst nach neun Tagen Maßnahmen ergriffen.
Ischgl steht schwer in der Kritik. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat nun wissenschaftlich untersucht, wie relevant der Ort Ischgl tatsächlich für die Verbreitung des Virus in Deutschland war, basierend auf den Daten des Robert-Koch-Instituts. Darüber berichtet der "Spiegel". Die Antwort lautet: sehr!
Der Befund des IfW: Die Daten untermauerten die "Bedeutung von Ischgl als 'Ground Zero' der deutschen Corona-Verbreitung", heißt es in einer Mitteilung der IfW.
Der Befund ist, dass ein Zusammenhang bestehe von stark betroffen Orten und deren geografischer Lage. So seien Orte, die näher am Skiort liegen, meist stärker betroffen.
Dieser Fakt macht für die Wissenschaftler besonders deutlich, wie viel Einfluss der Ausbruch in Ischgl für die nachfolgende Entwicklung hatte. IfW-Präsident Gabriel Felbermayr wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert: "Schon ein um zehn Prozent kürzerer Anfahrtsweg nach Ischgl erhöht die Infektionsrate im Durchschnitt um neun Prozent"
Und: "Andersherum bedeutet das auch: Lägen alle deutschen Kreise so weit weg von Ischgl wie der Kreis Vorpommern-Rügen, gäbe es in Deutschland fast 50 Prozent weniger Infektionen mit dem Coronavirus."
Die Forscher verglichen diese Ergebnisse auch mit anderen Corona-Hotspots, dem Elsass und dem nordrhein-westfälischen Heinsberg. Sie "konnten aber keinen vergleichbaren geografischen Einfluss auf das Infektionsgeschehen in Deutschland empirisch nachweisen", teilen die Forscher mit.
Nicht nur für Orte in Deutschland hatte Ischgl fatale Folgen. "Daten vom 20. März 2020 zeigen, dass ein Drittel aller Fälle in Dänemark und ein Sechstel aller Fälle in Schweden auf Ischgl zurückgeführt werden konnten", teilen die Forscher mit.
Noch einen weiteren Faktor haben die Wissenschaftler ausgemacht, der offenbar mitverantwortlich für die Virus-Verbreitung ist: der Anteil der katholischen Bevölkerung in den Orten. "Die katholische Kultur scheint die Zahl der Fälle zu erhöhen – wahrscheinlich durch die vielen Karnevalsfeiern Ende Februar", wird Felbermayr in der Mitteilung zitiert.
(vdv)