In der Wissenschaft versucht man so viel wie möglich über das neuartige Coronavirus herauszufinden.bild: getty images / Vaidas Bucys / EyeEm
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Erst seit einigen Monaten ist das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 bekannt. In der Wissenschaft wird mit Hochdruck nach Erkenntnissen über den Krankheitserreger geforscht. Dabei ist vieles noch nicht bekannt. Dass Menschen nach überstandener Ansteckung erst einmal immun sind, ist jedoch ziemlich wahrscheinlich.
Es wird von Immunschutz über bis zu zwei Jahren ausgegangen
Experten zufolge sind Menschen nach einer
überstandenen Infektion mit Sars-CoV-2 wahrscheinlich zunächst immun
gegen den Erreger. Stand heute wisse man, dass der Mensch nach der
Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus Antikörper bildet,
erklärten die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für
Infektionsforschung in Braunschweig und Friedemann Weber, Leiter des
Instituts für Virologie an der Universität Gießen. Es sei davon
auszugehen, dass der Immunschutz nach der Infektion ein bis zwei
Jahre anhält. Diese Annahme basiere auf der Erfahrung mit anderen
humanen Coronaviren.
"Aller Voraussicht nach ist man nach Ansteckung mit dem
Sars-CoV-2-Virus mindestens ein paar Jahre lang vor einer erneuten
Infektion geschützt", sagte auch der Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Immunologie, Thomas Kamradt. Genau sagen lasse sich
dies jedoch noch nicht, schließlich kämen Antikörper-Tests gerade
erst heraus und Langzeituntersuchungen seien auch noch nicht möglich,
da die Krankheit erst seit wenigen Monaten bekannt sei. Nach allem,
was man von ähnlichen Viren wisse, schützten die als Reaktion vom
Körper gebildeten Antikörper vor einer erneuten Infektion.
Noch ist nicht sicher wie lange der Schutz anhält.bild: getty images / Thana Prasongsin
Wie lange dieser Schutz anhält, hängt Kamradt zufolge davon ab, in
welchem Tempo die Konzentration der Antikörper im Blut, der
sogenannte Antikörper-Titer, abnimmt. Je höher der Titer, also die
Anzahl der Antikörper, desto stärker der Schutz. Dass die im Körper
produzierten Antikörper gegen das neuartige Coronavirus nicht vor
einer erneuten Infektion schützen, wäre "extrem außergewöhnlich",
sagte Kamradt.
Krankheitsverläufe können Immunität beeinflussen
Dem ärztlichen Direktor des Instituts für Laborationsmedizin am
Marienhospital Stuttgart, Matthias Orth, zufolge lässt sich noch
nicht gesichert sagen, ob die gebildeten Antikörper vor einer
erneuten Infektion schützen. Noch sei unbekannt, ab welcher
Konzentration von Antikörpern ein Schutz besteht und wie häufig doch
erneute Infektionen auftreten.
Laut Brinkmann und Weber wird auch interessant sein, die
Antikörper-Titer von Menschen mit unterschiedlichen
Krankheitsverläufen zu untersuchen. Damit könne die Frage geklärt
werden, ob Menschen mit schweren Verläufen überhaupt Antikörper
gebildet hatten - oder anders gesagt: "War der Verlauf so schwer,
weil noch keine Antikörper vorhanden waren?" Ebenso könne die Frage
beantwortet werden, wann im Infektionsverlauf spezifische Antikörper
gebildet werden.
Antikörper-Tests sollen Dunkelziffer ermitteln
Test können nachvollziehen, wer bereits infiziert war, vielleicht sogar ohne es zu merken.bild: getty images / KTSDESIGN/SCIENCE PHOTO LIBRARY
Wichtig ist es Brinkmann und Weber zufolge nun, verlässliche
Antikörpertests zu identifizieren und breitflächig zu testen. Das sei
bedeutsam, um die Dunkelziffer nicht erfasster Fälle zu ermitteln.
Das hilft zu erkennen, wie viele Menschen die Infektion bereits
unbemerkt durchgemacht haben, also wie hoch die Grundimmunität der
Bevölkerung inzwischen schon ist. Nach statistischen Hochrechnungen
müssen sich etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung infiziert haben,
bevor die Pandemiewelle von allein - also ohne schützende Impfung -
zum Stillstand kommt. Das Wissen um eine durchgemachte Infektion sei
auch wichtig, um Personen mit bestehendem Immunschutz "grünes Licht"
zu geben für Arbeit und Aufhebung der Kontaktreduktion.
Dem Berliner Virologen Christian Drosten zufolge vergehen nach einer
Infektion mit dem Coronavirus etwa zehn Tage bis zur Bildung von
Antikörpern. Anhand einer Blutprobe mit einem bestimmten Test könne
man dann messen, ob ein Patient Antikörper im Blut hat, "egal, ob der
eine schwere Infektion hatte oder eine milde Infektion oder eine
vollkommen unbemerkte Infektion", sagte Drosten in einem NDR-Podcast
vergangene Woche. Letztere seien ebenfalls antikörperpositiv.
(vdv/dpa)