Die Forschung liefert neue Erkenntnisse über Krebs. Demnach sinkt die Sterblichkeit, mit Ausnahmen.Bild: getty images / praetorianphoto
Gesundheit & Psyche
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Das Risiko, an Krebs zu sterben, ist in den
vergangenen Jahren innerhalb der EU weiter zurückgegangen. Diese
positive Entwicklung beschreiben Wissenschaftler im Fachblatt "Annals
of Oncology". Besonders deutliche Rückgänge prognostizieren die
Mediziner bei Männern für Magenkrebs und Leukämie, bei Frauen für
Eierstockkrebs und ebenfalls Leukämie.
Allerdings werden auch zwei
negative Trends beobachtet: So nehme die Zahl der Frauen, die an
Lungenkrebs sterben, europaweit immer noch zu. Außerdem sei Polen das
einzige Land in der EU, in dem die Todesrate infolge von
Prostatakrebs nicht falle, sondern sogar deutlich steige.
Zahl der Krebstoten wird sinken
Seit 2011 veröffentlicht ein internationales Team um den
Epidemiologen Carlo La Vecchia von der Universität Mailand Studien
zur EU-weiten Krebssterblichkeit. Basierend auf Daten der
Weltgesundheitsorganisation WHO erstellen die Forscher Prognosen für
das aktuelle Jahr sowie Vergleichsübersichten für die vergangenen
Jahre und das sowohl für die gesamte EU als auch im Detail für die
sechs bevölkerungsreichsten Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Italien, Polen und Spanien.
Insgesamt, so das Ergebnis der Studie, werde die Zahl der Männer,
die an Krebs sterben, 2020 im Vergleich zu 2015 altersbereinigt um
gut fünf Prozent fallen, die der Frauen um vier Prozent. Die absolute
Zahl der Todesfälle infolge von Krebs würde 2020 gut 1,4 Millionen
betragen (798.700 Männer und 630.100 Frauen), knapp 65.000 mehr als
noch 2015, was wieder der Tatsache von europaweit alternden
Bevölkerungen geschuldet sei.
In Deutschland, so die Prognose der Wissenschaftler, würden 2020
vermutlich 132.400 Männer und 110.000 Frauen an Krebs sterben: Männer
vor allem an Lungen- (28.700) und Prostatakrebs (15.500), Frauen an
Brust- (18.900) und Lungenkrebs (18.100).
"In der EU insgesamt sinken die Krebstodesraten bei Männern. Mehr
als die Hälfte davon ist auf rückläufige Sterblichkeitsraten aufgrund
von tabakbedingten Krebserkrankungen zurückzuführen", fasst Mediziner
La Vecchia zusammen. Dazu gehöre nicht nur Lungenkrebs, der über ein
Drittel des Rückgangs ausmache, sondern auch Krebsarten des Kopf- und
Hals-Bereiches sowie Blasenkrebs: "Mit anderen Worten, es liegt
daran, dass seit einigen Jahrzehnten immer weniger europäische Männer
rauchen."
Lungenkrebs nicht mehr zwingend tödlich?
Auch für Deutschland sagen die Forscher voraus, dass die
altersbereinigte Todesrate für Männer bei Lungenkrebs um fast elf
Prozent sinken werde. Anders jedoch bei den Frauen: Hier werde es
sogar zu einem fast fünfprozentigen Anstieg kommen – ein Trend, der
EU-weit zu beobachten ist.
"Die Sterberaten durch Lungenkrebs bei Frauen sind in der EU in den letzten zehn Jahren anhaltend gestiegen, obwohl sich die Steigerungsrate jetzt verlangsamt."
Epidemiologe Carlo La Vecchia
Seine Ko-Autorin Eva Negri ergänzt: "Tabak ist nach wie vor die
Hauptursache für die Krebssterblichkeit in Europa und macht rund 20
Prozent aller prognostizierten Krebstodesfälle aus." Der deutliche
Rückgang der Todesfälle bei Männern im Vergleich zu Frauen spiegele
die Unterschiede in den früheren Rauchgewohnheiten zwischen den
beiden Geschlechtern wider, so die Pharmakologin der Universität
Mailand.
Zunehmend geringeres Sterberisiko bei Prostatakrebs
Der Report nimmt jedes Jahr eine andere Tumorart in den Fokus, in
diesem Jahr Prostatakrebs. An jenem würden in diesem Jahr 78.800
Männer sterben, so die Vorhersage der Wissenschaftler. Das sind zwar
fast 4000 mehr als 2015, was aber damit zusammenhänge, dass die
EU-Bevölkerung älter geworden sei. Berücksichtigt man diese Tatsache
bei den Berechnungen fiel die Mortalität in diesem Zeitraum um sieben
Prozent. In Deutschland sei 2020 mit etwa 15.500 Todesfällen infolge
von Prostatakrebs zu rechnen.
Dass das Sterblichkeitsrisiko für diese Tumorart europaweit
falle, führen die Forscher auf aktuelle Operations- und
Therapietechniken zurück. "Diese können, obwohl es keine Heilung
gibt, einen relevanten Einfluss auf die Mortalität beim Prostatakrebs
haben, da ein Teil der älteren Männer lange genug überleben könnte,
um an anderen Ursachen zu sterben", erklärt Epidemiologe La Vecchia
in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung.
Hierbei gibt es allerdings eine Ausnahme: In Polen werde die
Todesrate für diese Krebsart im Vergleich zu 2015 in diesem Jahr um
18 Prozent steigen und das, obwohl diese zwischen 1970 und 1974
europaweit am niedrigsten war. Für La Vecchia ist das schwer
erklärbar. "Es ist möglich, dass die jüngsten relativ hohen Raten auf
die verzögerte Einführung moderner Diagnosen und Behandlungen
zurückzuführen sind", vermutet er.
(lin/dpa)