Urlaub auf Mallorca im Sommer 2050 könnte ein dystopisches Bild abgeben. Die Sonne ballert wie eh und je über die Playa de Palma, aber Schattenplätze sind inzwischen so begehrt wie Festival-Tickets im Vorverkauf. Am Strand drängeln sich die Handtuchbesetzer, Sonnenschirme stehen so eng wie Regenschirme im Londoner Dauerregen. Über den Hotelpools schwirren Drohnen, die Cocktails und Sonnencreme liefern.
Auf den Straßen von Magaluf herrscht Dauerstau. Mietwagen und Shuttleschlangen reichen bis ins Nirgendwo. Restaurants nehmen keine Reservierungen mehr, und die Kläranlagen machen endgültig schlapp. Erwartet werden in diesem Jahr 28,5 Millionen Tourist:innen. Ein möglicherweise letzter Rekord.
Was klingt wie ein Serien-Pitch, ist laut des aktuellen Reports der Umweltstiftung Fundació Marilles wohl bald Realität. Der Bericht "Mar Balear 2024" zeigt: Die Balearen stehen kurz vor dem Kollaps. Ökologisch, sozial und infrastrukturell.
Schon 2024 knallte Mallorca eine neue Bestmarke raus: 18,7 Millionen Tourist:innen, das 58-Fache im Vergleich zu 1959. Damals fanden sich gerade einmal 320.000 Gäste auf der Insel ein.
Das Wachstum hat sogar noch angezogen. Zwischen 1959 und 2000 kamen im Schnitt 224.000 Besucher:innen pro Jahr dazu. Seit 2000 sind es jährlich über 376.000. Wenn das so weitergeht, ist die 28,5-Millionen-Marke 2050 nicht nur machbar, sondern ein handfestes Problem.
Besonders dramatisch sieht es an den Stränden aus. Laut Fundació Marilles könnten bis zum Ende des Jahrhunderts bis zu 50 Prozent der Strandflächen verschwinden. Steigender Meeresspiegel, brutale Entfernung von schützendem Seegras (Posidonia) und Millionen Badende, die mit Sonnencreme, Lärm und Müll die letzten Ökosysteme mürbe machen.
In der Hauptsaison ist das Abwassersystem regelmäßig überfordert. Das hat zur Folge, dass das Wasser nur unzureichend gefiltert im Meer landet.
So schlimm die Auswirkungen auch sind, die Insel ist auf Tourismus angewiesen. 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hängen direkt davon ab. Mallorca braucht Tourist:innen, bis zu einer bestimmten Grenze. Seit 2000 hat sich die Besucherzahl fast verdoppelt, die Zahl der offiziellen Betten stieg von 14.609 (1959) auf über 600.000 (2023).
Allein auf Mallorca gibt es über 100.000 Plätze in Ferienwohnungen, zusätzlich zu über 300.000 in Hotels. Auf Formentera sind fast die Hälfte aller Unterkünfte Ferienwohnungen. Und wer glaubt, dass das nur eine Sache der Hochsaison ist, täuscht sich. Die Inseln sind längst Dauerbesiedlungsgebiet.
Denn auch die Bevölkerung explodiert: seit 2000 plus 400.000 Menschen, ein Zuwachs von 52 Prozent. An Spitzentagen wie dem 7. August 2024 waren über zwei Millionen Menschen gleichzeitig auf den Inseln unterwegs, berichtet das "Mallorca Magazin" – so viele wie noch nie.
Die Fundació Marilles spricht Klartext. Ohne echte Reformen droht der Super-GAU. Gemeint sind Obergrenzen für Tourismus und ein radikaler Küstenschutz. Sonst kippt das ganze System und der Massentourismus, einst das Erfolgsrezept Mallorcas, wird zum größten Risiko für genau das, was ihn so beliebt gemacht hat.