Leben
Analyse

Filmfest Frauenwelten von Terre des Femmes macht Frauenrechte sichtbar

Zur Eröffnung des Filmfestes Frauenwelten gab es eine eindrückliche Tanzperformance.
Zur Eröffnung des Filmfestes Frauenwelten gab es eine eindrückliche Tanzperformance.Bild: Filmfest Frauenwelten / Gianluca Quaranta
Analyse

Filmfest Frauenwelten: Wenn Kino sich für Frauenrechte einsetzt

Von Tübingen nach Berlin: Das Filmfest Frauenwelten von Terre des Femmes wird 25 Jahre alt. Es ist das einzige Festival in Deutschland, das sich ausschließlich den Rechten von Frauen widmet – mit Themen, die leider nicht an Aktualität verlieren.
30.10.2025, 20:0330.10.2025, 20:03

Genitalverstümmelung, Femizide, sexueller Missbrauch von Frauen und Kindern, Gewalt in den eigenen vier Wänden: Themen, die kein seichtes Abendprogramm versprechen und denen man sich nach einem langen Arbeitstag nicht unbedingt zur Entspannung aussetzen möchte.

Trotzdem gehören sie gesehen und gehört, trotzdem muss so lange darüber gesprochen und gegen sie vorgegangen werden, bis sie keine Frau mehr betreffen.

Damit der Blick sich nicht kollektiv von der Verletzung der Menschenrechte von Frauen abwendet, veranstaltet die Organisation Terre des Femmes seit mittlerweile 25 Jahren das Filmfest "Frauenwelten". Was als Idee in Tübingen begann, ist mittlerweile ein Event in Berlin, das sich über mehrere Tage zieht.

25 Jahre Frauenwelten: Filme, die hinschauen statt wegsehen

Frauenwelten ist das einzige Festival dieser Art in Deutschland. Hier sollen all die verschiedenen Perspektiven von Frauenrechten Platz finden, jedes Jahr wird ein anderer Schwerpunkt gesetzt, nach dem die Filme ausgesucht werden. In diesem Jahr liegt dieser auf Wegen aus der Gewalt und auf Afghanistan. Das ist nicht zum ersten Mal so, erklärt Nastassja Wachsmuth, Abteilungsleiterin Kommunikation bei Terre des Femmes, gegenüber watson:

"Inhaltlich sind wir uns immer treu geblieben: Im Mittelpunkt stehen die Menschenrechte von Frauen – international, aber auch mit Blick auf Deutschland. Leider gibt es Themen, die auch nach 25 Jahren noch aktuell sind. 2005 hatten wir beispielsweise schon einmal einen Schwerpunkt auf Afghanistan, und auch dieses Jahr widmen wir uns dem Thema wieder – weil die Situation der Frauen dort katastrophal ist. Ihre Rechte werden ausgelöscht, sie werden aus der Öffentlichkeit verbannt."

Das zeige laut Wachsmuth, dass manche Kämpfe leider noch lange nicht gewonnen seien. Ein weiteres Beispiel sei das Thema Abtreibungsrecht: "Dazu zeigen wir regelmäßig Filme, auch in diesem Jahr wieder zwei. Denn das ist weltweit – und auch in Deutschland – noch immer ein Menschenrecht, für das wir weiter kämpfen müssen."

Dabei sei es nicht nur wichtig, die Verletzungen von Frauenrechten im Film zu zeigen, sondern auch ihre Perspektiven authentisch darzustellen. Das sei vor allem dann gegeben, wenn Frauen als Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen oder Produzentinnen stärker in der Filmbranche vertreten sind: "Inzwischen gibt es immer mehr Filme, in denen Frauen ihre eigenen Geschichten erzählen, etwa über Missbrauch. Das ist eine sehr positive Entwicklung: Frauen trauen sich, ihre Erlebnisse sichtbar zu machen, sie wollen etwas bewegen – und das Publikum ist bereit, sich damit auseinanderzusetzen."

Frauenrechte auf die Leinwand bringen: "Wir beobachten einen Rollback"

Ein Filmfestival zu veranstalten, das sich nur um die Rechte von Frauen dreht, ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. Zum einen mit einer finanziellen, denn die Finanzierung müsse jedes Jahr neu beantragt werden und mit den aktuellen Kürzungen des Berliner Senates wird das nicht einfacher, macht Wachsmuth deutlich.

Aber die eigentliche Herausforderung sei politisch:

"Wir beobachten weltweit – auch in Deutschland – einen Rollback bei Frauenrechten. Rechtsextreme Parteien stellen Frauenrechte immer offener in Frage. Das betrifft auch den Kulturbereich, denn Filme zu solchen Themen werden in autoritären Systemen nicht mehr finanziert. Wenn Frauenstimmen verstummen, wird es auch für Festivals wie unseres schwieriger."

Trotzdem bleibe man optimistisch und glaube daran, dass Filme Mut machen können. Nastassja Wachsmuth weiß diese auch persönlich zu schätzen: "Ich persönlich mag besonders Filme, bei denen man rausgeht und denkt: 'Das war heftig – aber ich werde jetzt nie wieder schweigen oder wegsehen.' Wenn wir das mit unserem Festival erreichen, dann hat sich alles gelohnt."

Filmfest Frauenwelten: Kino als Werkzeug für Veränderung

Zur Eröffnung des 25. Filmfestes Frauenwelten wird ein Film gezeigt, der bei vielen genau das erreicht hat.

In "A Melhor Mae do Mundo", übersetzt "Die beste Mutter der Welt", erzählt die brasilianische Regisseurin Anna Muylaert die Geschichte von Gal. Gal, eine zweifache Mutter aus São Paulo, versucht mit ihren beiden Kindern vor einem gewaltvollen Partner zu flüchten.

Als Müllsammlerin lebt sie am absoluten Existenzminimum, hat nichts außer einem Müllkarren, ein bisschen Bargeld und ein paar Wechselklamotten. Damit ausgestattet, macht sie sich mit ihren Kindern auf den Weg – weg von ihrem gewalttätigen Partner, der sie geschlagen, betrogen und bestohlen hat.

Eine Weile schlägt sie sich auf der Straße durch, sucht Unterschlupf bei Verwandten und wird dann doch wieder von ihrem Mann gefunden. Kaum hat dieser sie zurück, verfällt er in alte Muster, wird sofort körperlich und verbal übergriffig.

Der Film macht deutlich: Für Frauen und Kinder gibt es kaum einen Weg aus einer gewaltvollen Partnerschaft, vor allem nicht, wenn finanzielle Mittel fehlen und der Partner einen nicht gehen lässt. Das einzige, was in so einer Situation hilft, ist ein gutes Netzwerk aus Verbündeten, Anlaufstellen und Einrichtungen, die sich mit diesen Problemen auskennen und Schutz bieten.

"A Melhor Mae do Mundo" hat den Effekt, den Wachsmuth sich für die Filme des Frauenwelten-Filmfestivals wünscht: "Das war heftig", denke ich am Ende vom Film. Er löst eine Ambivalenz zwischen Mut und Hoffnungslosigkeit aus. Mut, weil es doch immer irgendeinen Weg raus gibt. Und Hoffnungslosigkeit, weil die Geschichte von Gal die von unzähligen Frauen ist. Weil Gewalt gegen Frauen aktuell eher zu- als abnimmt, weil Gelder für Frauenhäuser gekürzt werden, weil Täter immer noch kaum mit Konsequenzen rechnen müssen.

Solange Frauen weltweit um ihre Rechte kämpfen müssen, braucht es eine Bühne für sie und ihre Geschichten. Veranstaltungen wie das Filmfest Frauenwelten können daran erinnern, dass es wichtig ist, sich einzusetzen. Wichtig ist nur, nicht nach dem Abspann einfach so weiterzumachen, wie bisher.

Urlaub in Italien: Preise für Skipass sorgen für Empörung
Skiurlaub in Italien wird in diesem Winter zum Luxusgut: Tagespässe für bis zu 86 Euro, Saisonkarten über 1800 Euro – und die Preise steigen weiter. Was ist da los auf den Pisten?
Der Winterurlaub in Italien war lange eine bezahlbare Alternative zu den teuren Pisten in der Schweiz oder Österreich – doch das könnte bald Geschichte sein. Laut einem Bericht der italienischen Verbraucherorganisation Assoutenti steigen die Preise für Skipässe in diesem Winter um bis zu 40 Prozent im Vergleich zu 2021.
Zur Story