Große Fleischkonzerne stehen im Verdacht, Separatorenfleisch in ihre Wurst-Produkte zu mischen. Neue Tests und gemeinsame Recherchen vom "Spiegel" und vom "NDR" ergaben, dass das billige Restprodukt offenbar in Proben enthalten war. Obwohl auf der Verpackung gekennzeichnet werden muss, wenn Separatorenfleisch verarbeitet wurde, erfolgte so ein Hinweis in diesen Fällen nicht.
Separatorenfleisch wird aus Fleischresten produziert. Tierkörper oder grob zerkleinerte Knochen, an denen noch Fleischreste sind, werden durch Siebe gepresst. Dadurch werden Knochensplitter und Knorpelteile größtenteils herausgefiltert. Die weichen Teile – Muskelgewebe, Fett und Bindegewebe – bleiben übrig. Was dabei herauskommt, ist eine breiartige Masse, günstiger als anderes Fleisch.
"Das ist so eine Mischung zwischen Hundekacke und Silikon vom Fenster, klebt nur nicht ganz so schlimm an den Fingern", erzählt Franz Voll, ehemaliger Metzgermeister in dem "Spiegel"-Bericht. "(...) Es ist völlig zerrissen. Das Zeug ist einfach ekelhaft und in jedem Fall minderwertig."
Franz Voll und Wissenschaftler der Hochschule Bremerhaven haben überlegt, wie man Separatorenfleisch in Produkten nachweisen kann.
Die Idee für eine neue Methode entwickelte sich. Bisher war der Nachweis von Separatorenfleisch kaum möglich.
Im Zuge ihrer Recherchen haben die Medienhäuser dann Laboruntersuchen durch den Hochschulprofessor Stefan Wittke veranlasst. Untersucht wurden dann 30 echte Geflügelwurst- und Geflügelfleischproben aus dem Supermarkt.
Am Ende wurden neun Proben positiv getestet. Unter den positiv getesteten Proben waren auch vier Bio-Wurstwaren. Unter den 20 Wurstproben aus der Gesamtmenge der Proben wurde fast jede zweite positiv getestet. Bei den untersuchten Stückfleischproben wie etwa Filet oder Braten fand sich hingegen kein Indiz für Separatorenfleisch.
Grundsätzlich ist die Verwendung von Separatorenfleisch in Deutschland nicht verboten, es muss aber immer zwingend auf die Verwertung hingewiesen werden. Das besagt die EU-Lebensmittel-Informationsverordnung. Machen Unternehmen das nicht, drohen rechtliche Konsequenzen.
Ausgewiesen wurde das Separatorenfleisch in diesem Fall jedoch nicht ein einziges Mal.
Fünf der neun positiv getesteten Produkte stammen von einem Betrieb der Tönnies-Unternehmensgruppe. Außerdem waren zwei Wurstsorten von Franz Wiltmann und je ein Produkt von Wiesenhof und der Mecklenburger Landpute dabei. Verkauft wurden sie unter Markennamen wie Gutfried, Edeka Bio, Rewe Bio oder Rewe Beste Wahl.
Kein einziges der Unternehmen wollte dem "Spiegel" zu den Vorwürfen ein Interview geben.
Auf schriftliche Anfrage der Medienhäuser dementierten die Unternehmen lediglich allesamt die Verwendung von Separatorenfleisch:
Die Sprecher von drei Konzernen, die zur Unternehmensgruppe Tönnies gehören, stritten die Verwendung von Separatorenfleisch ab und zweifelten die Aussagekraft der neuen Untersuchungsmethode an.
Eine Sprecherin von Wiltmann sagte: "Wir setzen in unserer Produktion an keiner Stelle 'Separatorenfleisch' ein. Wir lehnen dessen Einsatz aus qualitativen Gründen entschieden ab."
Eine Sprecherin der Mecklenburger Landpute GmbH erklärte ebenfalls, dass man kein Separatorenfleisch einsetze.
Von Wiesenhof werden die Vorwürfe ebenfalls abgestritten. Gleichzeitig legten sie eine eidesstattliche Versicherung vor und erklärten, dass sie regelmäßig Untersuchungen durchführen würden. Zudem erklärten sie, dass das Testverfahren der Hochschule Bremerhaven bislang nicht mehr als ein neuer wissenschaftlicher Ansatz sei.
Bei der Verbraucherschutzorganisation "Foodwatch" ist man entsetzt. "Die Ware wäre mit der falschen Deklaration nicht verkehrsfähig und dürfte so nicht zum Verkauf angeboten werden", sagt Matthias Wolfschmidt von "Foodwatch" gegenüber dem "NDR".
Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, handele es sich um Verbrauchertäuschung.
(and)