Wer in diesem Jahr schon im Restaurant essen war, weiß: Es gleicht einem Wunder, wenn die Preise auf der Speisekarte nicht höher sind als vor ein paar Wochen. Der Grund dafür: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent. Die Folge: Die Preise sind in vielen Betrieben erheblich gestiegen – sehr zum Ärger vieler Gäste.
Aber wie teuer ist es geworden, mit Freund:innen eine Pizza essen zu gehen? Und was bedeutet die Erhöhung der Mehrwertsteuer wirklich für die Gastronom:innen? Watson hat nachgefragt – und ist einigen Spar-Tricks der Restaurants und Gäste auf die Spur gekommen.
Leida Oukai leitet eine von sieben Filialen der Hamburger Kette Mama Trattoria in Winterhude. Mit Erhöhung der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 haben sie eine neue Karte – und neue Preise bekommen.
"Die Preisanpassung betraf fast ausschließlich die Preise für Speisen", sagte Oukai zu watson. Hintergrund: Nur beim Essen galt bisher der reduzierte Mehrwertsteuersatz.
Die Gastronomin nennt im Gespräch mehrere konkrete Anpassungen. Zum Beispiel: "Der Preis für eine Spaghetti Carbonara, ein Bestseller, wurde um 1,10 Euro erhöht. Das sind rund acht Prozent." Sie sagt: "In Summe haben wir uns bemüht, die Preisanpassung so moderat wie möglich umzusetzen." Weshalb, um ein weiteres Beispiel zu nennen, eine Panna Cotta heute "nur" 20 Cent mehr kostet als 2023. Das sind rund 2,5 Prozent Erhöhung.
Im Gegensatz dazu hat sich der Preis für die Pizza Vitello deutlich stärker erhöht. 16,90 Euro kostete sie noch vor Jahreswechsel, das ist auf Fotos auf Google Maps nachzuvollziehen. "Faire Preise. Geschmacklich gut", schrieb beispielsweise Kundin Maedeleine B. vor vier Monaten und postete auch ein Foto der Speisekarte. Heute kostet die Pizza 18,70 Euro. Ob eine Pizza für knapp 20 Euro noch vertretbar ist, müssen nun die Gäste beurteilen.
Oukai überrascht mit der Aussage, dass ihre Gäste sich über die neuen Preise nicht (zu sehr) ärgern: "Wir haben von unseren Kunden keinerlei negatives Feedback zu den Preisanpassungen erhalten." Dennoch sei die Situation nicht einfach: "Die Mehrwertsteuererhöhung ist ganz klar eine Herausforderung für uns. Allerdings sind wir als Gastro-Unternehmer Kummer gewohnt: So ist der Mindestlohn in den letzten drei Jahren um über 30 Prozent gestiegen, die Energiekosten haben sich mehr als verdoppelt und die Preise für Nahrungsmittel sind ebenfalls deutlich teurer geworden."
Das alles mache ihr das Berufsleben nicht einfacher. "Natürlich überprüfen wir unsere Kostenstruktur sehr regelmäßig und versuchen zu optimieren, wo es geht", sagt sie. Doch klar sei auch: An der Qualität könne man ebenso wenig sparen wie an Portionsgrößen.
Auch der Eigentümer des Bistros Gorgonzola in Hamburg fürchtet merkliche finanzielle Einschnitte durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer. "Noch habe ich die Preise nicht erhöht, aber das kommt vermutlich nächste Woche", sagt er im Gespräch gegenüber watson. Seinen Namen will er an dieser Stelle nicht lesen.
Er sagt aber auch: "Die Preise steigen nicht nur durch die Mehrwertsteuer, sondern auch, weil die Getränke teurer geworden sind – eine kleine Colaflasche kostet mich im Einkauf jetzt 30 Cent mehr." Das gilt für Getränke im Allgemeinen und für Bier und Wein im Besonderen. Auch hier muss er die Mehrkosten wohl an die Gäste weitergeben.
Sein Ansatz: Je teurer ein Gericht schon jetzt ist, umso weniger wird der Preis steigen. Das bedeutet: Das Bio-Rinderfilet mit Champignon- oder Gorgonzolasauce, das schon jetzt 20,90 Euro kostet, wird prozentual weniger teurer, als ein günstigeres Gericht wie etwa die Pizza Margherita.
"Momentan kostet die Pizza Margherita noch 9,90 Euro, vermutlich werde ich sie auf 12,90 bis 13 Euro anheben. Das tut aber weniger weh, als würde ich ohnehin schon teure Gerichte noch teurer anbieten", sagt der Inhaber.
An der Qualität zu schrauben, weniger teure Zutaten zu verwenden oder Portionen zu verkleinern, kommt für den Hamburger Gastronomen nicht infrage. Er sagt:
Auch eine in Hamburg beliebte Pizzeria hat pünktlich zum 1. Januar eine neue Karte mit angepassten Preisen bekommen. "Allerdings haben wir nur auf wenigen Positionen angepasst", schreibt der Inhaber auf eine Anfrage von watson. Konkret bedeutet das: Mit Blick auf die gesamte Karte haben sie die Preise im Schnitt um rund drei Prozent erhöht.
Aber nicht alle Speisen sind davon betroffen. So kostet die Pizza Margherita nach wie vor zwölf Euro, dabei soll es in diesem Jahr auch bleiben.
Die Größe der Pizza zu verkleinern oder an Zutaten zu sparen, kommt auch für diesen Gastronomen nicht infrage: "Wir stehen für eine gleichbleibend hohe Qualität und dementsprechend auch die gleiche Größe", sagt er.
Und dieses Konzept scheint zu funktionieren. Der Inhaber sagt: "Die Gäste akzeptieren die neuen Preise und kommen in gleicher Anzahl zu uns wie vorher."
Aber was bedeutet die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Lieferservices? Profitieren sie eventuell von dem Preisanstieg in den Restaurants, weil die Menschen weniger auswärts essen gehen – und stattdessen lieber nach Hause bestellen? Immerhin gilt die erhöhte Mehrwertsteuer nur auf Essen, das auch im Restaurant gegessen wird.
Ingo Graetz, Gründer und Geschäftsführer der Smiley's Franchise, erklärte auf eine Anfrage von watson:
Allerdings vermutet Graetz, dass viele nicht wüssten, dass Lieferservices nicht von der Erhöhung der Mehrwertsteuer betroffen seien.
Und dennoch: Auch Smiley's ist von der Kostenproblematik betroffen, was an gestiegenen Energie- und Personalkosten liege, aber auch an höheren Kosten für Verpackungen durch Recyclinggebühren. Graetz ergänzt: "Ob unsere Stores ihr Preisniveau dauerhaft halten können, bleibt abzuwarten. Wir prüfen unsere Kostenstruktur regelmäßig."