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Fragen der Liebe

Ob Beziehung oder Single: Wie viel Sex ist "normal"?

Close-up of young romantic couple is kissing and enjoying the company of each other at home.
Sind wir noch im Durchschnitt? Einige Menschen haben Sorge, zu selten sexuell aktiv zu sein.Bild: iStockphoto / Vasyl Dolmatov
Fragen der Liebe

In einer Beziehung oder als Single: Wie viel Sex ist "normal"?

12.03.2023, 08:3912.03.2023, 15:23
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Wie oft habt ihr eigentlich Sex? Das ist eine der typischen Dauerbrenner-Fragen, die nicht nur in TV-Serien, sondern auch im Freundeskreis und auf Google gerne gestellt wird. Nicht zuletzt will wohl jeder anhand der Antwort ermessen: Bin ich normal? Sollten wir vielleicht öfter ...?

Wie hoch die durchschnittliche Sex-Frequenz in Deutschland laut Umfragen liegt und warum das vermutlich trotzdem nicht ganz der Wahrheit in unseren Schlafzimmern entspricht, darüber sprachen wir mit Julia Henchen.

Julia Henchen Sextherapeutin
Therapeutin und Autorin Julia Henchen. Bild: privat / Kim Hoss

Sie ist Sexualtherapeutin in Baden-Württemberg und Autorin des Buches "Lustfaktor". Im Gespräch mit watson berichtet sie, was sie bei ihrer Arbeit mit Paaren beobachtet.

"Kaum irgendwo wird so viel verglichen, wie beim Sex. Wer treibt es wo und wie oft? All das scheint uns brennend zu interessieren", stellt sie ebenfalls fest. Warum dem so ist, dazu hat Henchen eine Vermutung:

"In unseren Köpfen scheint fest verankert zu sein, dass jemand, der viel Sex hat, auch attraktiv ist, gesund und glücklich. Dabei sagt die reine Anzahl erst einmal überhaupt nichts über die Qualität des Sex aus oder über die Gesundheit."

Auf die Statistik zu schauen ist aber auch aus einem anderen Grund nicht hilfreich, erklärt Henchen – denn sie ist ungenau. "Die zahlreichen Studien, die es dazu gibt, geben unterschiedliche 'Normwerte' an. Zumeist handelt es sich dabei um Umfragen und das Ergebnis ist grob: Der Deutsche hat zwei- bis dreimal die Woche Sex", sagt die Therapeutin.

Die Sex-Statistik trügt

Diese Selbstangaben seien aber mit Vorsicht zu genießen. Denn aus oben erwähnten Gründen verkaufen sich viele Menschen gerne als sexuell aktiver als sie es eigentlich sind. Zumindest bietet sich Julia Henchen im Alltag ein anderes Bild als die berühmten dreimal Sex die Woche: "Aus der Praxis kann ich sagen, dass das überhaupt nicht stimmt. Es ist in Langzeitbeziehungen viel seltener."

"Es gibt Paare, die haben nur jedes halbe Jahr Sex und sind total glücklich."
Julia Henchen

Die sich im Umlauf befindenden Zahlen spiegelten ein Zerrbild wider, auch weil "bei der Erfassung dieser Werte viele Parameter entscheidend sind", sagt sie, die aber nicht ausreichend aufgeschlüsselt werden.

Man müsste "sich schon sehr genau anschauen, wer da befragt würde", so Henchen. "Ein Paar zu Beginn ihrer Beziehung? Oder nach zehn Jahren Ehe und zwei kleinen Kindern? Sprechen wir über einen Single in der Großstadt oder auf dem Land? Was ist mit Fernbeziehungen? All diese Lebens-Faktoren haben einen großen Einfluss."

Was als befriedigende Menge betrachtet wird, ist höchst individuell, zudem sagt die reine Quantität noch nichts darüber aus, ob der Sex auch als schön empfunden wird. "Es gibt Paare, die haben nur jedes halbe Jahr Sex und sind total glücklich und es gibt Menschen, die haben dreimal die Woche Sex und kommen zu mir, weil sie damit nicht zufrieden sind", berichtet Henchen.

Sex-Frequenz in der Beziehung: Vergleich mit anderen nicht ratsam

Sexualtherapeutin Henchen rät dazu, sich im Zweifel nicht mit anderen, sondern wenn überhaupt, mit sich selbst zu vergleichen: "Wie viel Sex 'normal' ist, misst man wohl am besten an der Paargeschichte. War ein Paar zum Beispiel früher super aktiv im Bett und schlagartig wollen sie sich nicht mehr anfassen, dann ist vielleicht tatsächlich etwas los, was man sich anschauen kann."

In solchen Fällen kann ein Rückgang der Sexfrequenz ein Hinweis darauf sein, dass die Beziehung ein Defizit hat. "Grundsätzlich muss aber jeder für sich selbst erspüren, was sich für ihn, in diesem Moment und mit diesem Partner, richtig anfühlt", sagt Henchen abschließend und tröstet alle, die weiterhin glauben, am unteren Ende der Sex-Skala zu liegen:

"Wer meint, im Freundeskreis das Schlusslicht zu sein, den kann ich beruhigen – die meisten Menschen 'schönen' sogar im direkten Umfeld die Häufigkeit ihrer sexuellen Kontakte …."
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