Für viele Deutsche spielt die ökologische Qualität der Lebensmittel beim alltäglichen Einkauf eine zunehmend bedeutende Rolle. In einer Umfrage des Bundeslandwirtschaftsministeriums gaben zuletzt 33 Prozent der Befragten an, im vergangenen Jahr häufig Bio-Lebensmittel eingekauft zu haben.
Hauptgrund für dieses Kaufverhalten ist demnach die Wertschätzung artgerechter Tierhaltung, eine große Rolle spielen aber auch Gesundheit und Klimaschutz. Genau diese beiden Punkte könnten durch eine neue EU-Regelung in deutschen Supermärkten demnächst allerdings weiter in den Hintergrund rücken.
Verschiedene Lebensmittelkonzerne – darunter die Firmen dm, Alnatura und Frosta – wollen mit einer gemeinsamen Erklärung an den Vorsitzenden der EVP-Partei im EU-Parlament ein Zeichen gegen eine entsprechende Regel setzen. "Wir sind in großer Sorge", schreiben die Konzerne in dem offenen Brief an Manfred Weber.
Durch einen Vorschlag der EU-Kommission müsste künftig nur noch ein kleiner Teil gentechnisch veränderter Nutzpflanzen offiziell auf den Verpackungen gekennzeichnet werden. Auch gewisse Risikoprüfungen könnten demnach entfallen. Bereits seit dem Sommer 2023 äußern verschiedene Naturschutzverbände Bedenken gegenüber dem Vorstoß.
Konkret bezieht sich die geplante Regelung auf die sogenannten Neuen Gentechniken (NGT), zu denen beispielsweise die bekannte Crispr/Cas-Genschere zählt. Ab sofort sollen diese nur noch kennzeichnungspflichtig sein, wenn die dadurch entstandenen Sorten nicht auch auf natürliche Weise entstehen könnten.
"Der vorliegende Gesetzesentwurf zu NGT entscheidet darüber, ob es in der EU zukünftig noch eine Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ohne Gentechnik geben wird", appelliert Alnatura-Chef Götz Rehn in der "Lebensmittel-Zeitung". Die Konzerne befürchten durch die Neuregelung auch erhebliche Preissteigerungen für die Verbraucher:innen.
Von dem offenen Brief erhoffen sich die Unterzeichner:innen eine Ablehnung des Vorschlags bei entsprechenden Verhandlungen Anfang Februar im EU-Parlament. Dabei gehe es laut Rehn nicht um eine generelle Ablehnung gegenüber gentechnischen Verfahren, sondern um eine Beibehaltung der Transparenz in der Lebensmittelproduktion.
Als Grund für die Anpassung nennt die EU-Kommission wiederum die gezielte Entwicklung widerstandsfähiger Pflanzensorten. Künftig könnten durch die neue Regelung demnach schneller Nutzpflanzen gezüchtet werden, die resistent gegen Schädlinge sind oder besser auf den zunehmenden Wassermangel reagieren können.
Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hatte bereits im vergangenen Sommer vor den mit der Regelung einhergehenden gelockerten Kennzeichnungspflichten gewarnt und sich mit Tausenden Unterschriften gegen den Vorstoß gestellt. Hintergrund sind auch allgemeine Bedenken bezüglich des Erhalts der ökologischen Landwirtschaft in Europa.