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Telefonische Krankschreibung: Regeln, Bedingungen und Probleme

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Krankschreibungen können ab sofort wieder telefonisch eingeholt werden.Bild: dpa-Zentralbild / Jens Büttner
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Telefonische Krankschreibung wieder möglich – doch nicht alle Ärzte sind überzeugt

07.12.2023, 16:5008.12.2023, 09:17
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Die telefonische Krankschreibung ist ab sofort wieder möglich – und kann nun dauerhaft genutzt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für das Gesundheitswesen verabschiedete am Donnerstag in Berlin eine entsprechende Regelung.

Anders als zu Corona-Zeiten ist die Krankschreibung per Telefon aber nur bis zu fünf Tage möglich – statt bis zu sieben Tage. Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB und die Ärzteschaft begrüßten die Wiedereinführung, scharfe Kritik kam von Arbeitgeber:innenseite.

Patienten müssen praxisbekannt sein

Die Regelung gilt laut Bundesausschuss ab Donnerstag. Voraussetzungen sind demnach, dass keine Videosprechstunde möglich ist und Patient:innen der jeweiligen Hausarztpraxis bereits bekannt sind. Auch dürfen die Betroffenen keine schweren Symptome haben.

älterer Mann liegt mit Grippe im Bett, München, Januar 2023 Deutschland, München, 08.01.2023, älterer Mann liegt mit Grippe im Bett, eine Tasse Salbei-Tee und Medikamente auf dem Nachttisch, Aspirin,  ...
Die meisten Erkrankten müssen sich künftig für eine erste Krankschreibung nicht mehr zum Hausarzt schleppen.Bild: IMAGO images/Wolfgang Maria Weber

Gegen die Sieben-Tage-Regelung sprach sich in der Ausschusssitzung der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aus. Ihr Vertreter argumentierte damit, dass die Möglichkeiten für Ärzt:innen Einschätzung der Krankheit am Telefon deutlich abgesenkt seien. Schließlich gehe es um die Ausstellung eines Dokuments, das einen verlässlichen Beweiswert gegenüber den Arbeitgeber:innen haben müsse.

Ärzte-Vertreter:innen plädierten dagegen für eine einheitliche Regelung bei telefonischen Krankschreibungen. Sie verwiesen darauf, dass diese bei der bestehenden Video-Krankschreibung bereits für sieben Tage möglich sei.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte die Wiedereinführung. "So entlasten wir die Arztpraxen und Patienten gleichermaßen", erklärte er. "Das ist gerade in Infektionszeiten wie jetzt besonders wichtig."

Die telefonische Krankschreibung wurde in der Corona-Pandemie eingeführt, um Hausarztpraxen zu entlasten. Die Regelung war aber im April zunächst ausgelaufen. Im Sommer beschloss der Bundestag dann ein Gesetz von Lauterbach, welches die Krankschreibung per Telefon dauerhaft möglich macht.

Angesichts der steigenden Zahl von Atemwegsinfektionen hatte die Ärzteschaft eine schnelle Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung gefordert. Der Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Markus Beier, bezeichnete diese nun als "echte Entlastung für die Hausarztpraxen und eine Erleichterung für die Patientinnen und Patienten".

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Arbeitgeber-Verband warnt vor Missbrauch neuer Regel

Die Hausarztpraxen seien derzeit wieder extrem voll. Die Krankschreibung per Telefon sei hier "ein wichtiges und bewährtes Instrument", ergänzte Beier, "das kurzfristig für Entlastung in dieser sehr angespannten Situation sorgen wird". Die Krankschreibung nur von der Praxis bekannten Patient:innen sei dabei eine zentrale Forderung seines Verbands gewesen. Diese persönliche Beziehung führe auch zu einem geringen Missbrauchsrisiko.

Dieses hatte insbesondere die Arbeitgeber:innenseite immer wieder angeführt. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, befürchtet mit der Wiedereinführung "einen negativen Einfluss auf den Betriebsfrieden". Eine Untersuchung in einer Praxis sei stets Grundlage für eine gesicherte Diagnose-Stellung gewesen, betonte er. Kampeter nannte die neuerliche telefonische Krankschreibung "eine Fehlleistung der Gesundheitspolitik".

Telefonische Krankschreibung: Hausärztin pocht auf Sorgfaltspflicht

Und längst nicht alle in der Ärzteschaft sind von der neuen Regel überzeugt. "Davon halte ich nichts, schon aus rechtlichen Gründen", sagt etwa Sigrid Schwark, die als Hausärztin in Bernau bei Berlin praktiziert und beim Verband der Hausärzt:innen Ansprechpartnerin für die Region Berlin-Brandenburg ist. Als Gründe für ihre ablehnende Haltung führt sie watson gegenüber unter anderem die Sorgfaltspflicht an.

Es gebe viele Patient:innen, "die solche 'Fernbehandlungen' für sich ausnutzen", berichtet die Hausärztin. Nicht umsonst sei der Krankenstand deutlich angestiegen. "Allenfalls kommt sie für mich als Folgebescheinigung infrage", sagt Schwark zur telefonischen Krankschreibung.

ARCHIV - 18.09.2013, Baden-W�rttemberg, Stuttgart: Ein Hausarzt misst in seiner Praxis einer Patientin den Blutdruck. (zu dpa: Verband schl�gt Alarm wegen der vielen ausscheidenden Haus�rzte�) Foto: B ...
Wer einer medizinischen Untersuchung entgehen kann, kann leichter blaumachen, so die Sorge. Bild: dpa / Bernd Weißbrod

Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund DGB, sprach hingegen von "einer echten Erleichterung" – gerade rechtzeitig zur vorweihnachtlichen Grippewelle. Den Befürchtungen mancher Arbeitgeber:innen, die Regelung begünstige das 'Blaumachen', stehe entgegen, dass Ärzt:innen ihre Patient:innen kennen würden und sicher einschätzen könnten.

Bereits vor dem neuen Beschluss hatte auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, betont: "Wir haben in der Corona-Pandemie die Erfahrung gemacht, dass Patienten und Ärzte sehr verantwortungsbewusst mit dieser Möglichkeit umgegangen sind." Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass sich das jetzt ändern würde, sagte er der "Rheinischen Post".

(mit Material von AFP)

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