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Hitzeschutzplan für Deutschland: Diese Regeln gelten bereits in anderen Ländern

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Ab einer gewissen Temperatur wird es schwer, sich zu konzentrieren.Bild: iStockphoto / DragonImages
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Hitzeschutzplan für Deutschland: Diese Regeln gelten bereits in anderen Ländern

26.06.2023, 15:1927.06.2023, 09:09
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Es wird heißer auf dem Planeten Erde, in manchen Ländern im globalen Süden sogar unerträglich heiß. Aber selbst in gemäßigten Klimazonen wie Deutschland wird Hitze zunehmend zum Problem – nicht nur für die Natur, auch für die unmittelbare Gesundheit der Menschen. Daher fordern Sozialverbände nun von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schnelle Entscheidungen zum Hitzeschutzplan.

Der Gesundheitsminister kam am Montag erstmals mit Vertreter:innen von Pflege, Ärzteschaft, Kommunen, Ländern, Sozialverbänden sowie mit weiteren Expert:innen zusammen, um über die Ausarbeitung eines nationalen Hitzeschutzplans zu beraten. Der Plan soll unterschiedliche Schweregrade einer Hitzewelle festlegen und konkrete Maßnahmen je nach Temperatur staffeln. Der Plan soll laut Lauterbach schon in diesem Sommer greifen.

Was für Deutschland geplant ist

"Mit dem Klimawandel ist das Auftreten von Hitzewellen immer wahrscheinlicher geworden", heißt es in einem Papier des Bundesgesundheitsministeriums. "Diese beeinflussen unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft." Hitze führe nicht nur zu Todesfällen, "sondern beeinflusst auch das Krankheitsgeschehen".

Das Engagement der Politik, des Gesundheitswesens und der Zivilgesellschaft müsse daher "weiter verbessert werden". Als Ziele nennen das Bundesgesundheitsministerium unter anderem die Sensibilisierung der Bevölkerung für Schutzmaßnahmen, die Reduzierung und Vermeidung von Todesfällen, die Abmilderung von Krankheitsverläufen sowie das Auslösen von Schutzmaßnahmen durch gezielte Information.

Zur Warnung vor Hitzewellen solle das Warnsystem des Deutschen Wetterdienstes "von allen relevanten Akteuren routinemäßig genutzt" werden. Geprüft werde zudem, wie möglichst viele Menschen zielgenau durch digitale Lösungen wie Apps oder SMS gewarnt werden können. Die Länder sollten prüfen, ob Warnstufen des DWD verpflichtend mit bestimmten Akutmaßnahmen gekoppelt werden können, etwa in stationären Pflegeeinrichtungen.

Der Plan soll sich am Vorbild Frankreichs orientieren. Denn: In einigen europäischen Ländern existieren ähnliche Hitzeschutzpläne schon. Kann man sich da etwas abschauen? Wir fassen zusammen.

Frankreich

Die Maßnahmen und Zuständigkeiten in extremen Hitzewellen sind seit 2004 in einem nationalen Hitzeplan namens "Plan Canicule" erfasst. Dieser besteht aus vier Stufen, die – je nach Dramatik der Wetterlage – auch Eingriffe in das Leben der Bevölkerung erlauben.

Stufe Grün: In den Monaten Juni bis August sind die französischen Behörden in allgemeiner Alarmbereitschaft und informieren zum Thema Hitze in Form von Kampagnen.

Stufe Gelb: Altersheime, Kliniken und Kindergärten werden in Alarmbereitschaft versetzt. Erste Vorbereitungen auf die Stufe Orange.

Stufe Orange: Wenn es über 34 Grad heiß wird und die Nächte nicht mehr abkühlen (20-Grad-Grenze) werden klimatisierte Räume in öffentlichen Gebäuden für die Bevölkerung zugänglich gemacht (sogenannte Kältesäle). Menschen, die sich im Hitzeregister eingetragen haben (meist vorerkrankte Senioren), werden regelmäßig telefonisch kontaktiert, um zu überwachen, ob es ihnen noch gut geht. Öffentliche Versammlungen können durch die entsprechenden Präfekturen (Departements) verboten werden.

Stufe Rot: Die Ministerien richten bei Temperaturen über 40 Grad eine Krisenzelle ein. Medizinisches Personal wird verstärkt. Kliniken und Senioreneinrichtungen dürfen ihr Personal auch aus dem Urlaub zurückbeordern, sofern es nötig ist. Kindergärten und Krippen können geschlossen werden.

Österreich

In unserem deutschsprachigen Nachbarland wurde schon 2017 ein gesamtstaatlicher Hitzeschutzplan erstellt. Das Ziel ist es hier vor allem, die Bevölkerung umfassend zu beraten, wie sie sich an extremen Hitzetagen schützen können.

Steht eine besondere Hitzebelastung bevor, gibt die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) eine automatische Hitzewarnung an die betroffenen Regionen heraus. Diese informieren dann ansässige soziale Einrichtungen, wie Altersheime, Krankenhäuser oder Kindergärten, in denen besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen zusammenkommen.

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Auch die Apotheken (jeweilige Landesgeschäftsstelle der Apothekerkammer) werden bei Hitze informiert, welche gesundheitlichen Probleme in den kommenden Tagen vermehrt aufkommen könnten, insbesondere in Verbindung mit einer Medikamenteneinnahme. Es geht in Österreich also in erster Linie um vorausschauende Aufklärung und Prophylaxe an sensiblen Stellen. Die Details des Plans sind auf der Website des Ministeriums zu finden.

Übrigens: Hitzewarnungen werden nicht allein aufgrund der Außentemperatur herausgegeben, erklärt der ZAMG. Auch Parameter wie die Luftfeuchtigkeit, Strahlung und Wind spielen in der gesundheitlichen Risikobewertung eine Rolle.

Großbritannien

Auch in Großbritannien existiert ein Vier-Stufen-Modell, das in Hitzewellen schnelle Handlungsfähigkeit garantieren soll. In der aktiven Phase des "Heatwave-Plans", die automatisch von Juni an bis Mitte September gilt, werden die Tages- und Nachttemperaturen vom nationalen meteorologischen Dienst des Vereinigten Königreichs (MET) besonders beobachtet ("Heat-Health-Watch").

Der sogenannte "Heat-Health Alert" der MET wird im Sommer regelmäßig an Medienvertreter:innen, sowie alle wichtigen Institutionen des Gesundheitswesens ausgespielt und zeigt an, ob die Lage entspannt (Level 1, grün) oder dramatisch ist (Level 4, rot). Die Medienhäuser sind in der Verantwortung, die Bevölkerung über entsprechende Schutzmaßnahmen aufzuklären. Das medizinische Personal bereitet sich auf die Hitze vor (Wasservorräte aufstocken, kühlere Räume identifizieren, gefährdete Einwohner:innen dorthin umbetten etc.).

Zuletzt wird Level 4 ausgerufen, schlicht auch "Emergency" genannt. Ein Ministerium wird dann vom Kongress damit beauftragt, sich der Notlage anzunehmen, um schnelle Beschlüsse zu fassen, die auch die Infrastruktur und das Transportwesen betreffen können. Großbritannien hält sich dabei offen, welche Maßnahmen in Zuge dessen nötig werden. Eine simple Version des Plans findest du hier.

Spanien

Der "Nationale Plan für Präventivmaßnahmen bei Hitze" in Spanien tritt grundsätzlich zum 1. Juni eines jeden Jahres in Kraft. Je nach Wetterentwicklung werden dann Maßnahmen ergriffen, welche besonders die vulnerable Bevölkerung schützen sollen. Im Fokus stehen Kinder, ältere Menschen, sowie ärmere Personen, die aufgrund enger Wohnverhältnisse und weniger klimatisierten Räumen besonders starker Hitze ausgesetzt sind.

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Anhand der Messungen des Aemet Wetterdienstes wird das Hitzerisiko in Spanien in drei unterschiedliche Risiko-Stufen unterteilt; die Maßnahmen werden auf regionaler Ebene umgesetzt und sind nicht national festgeschrieben.

In der Vergangenheit bestanden diese zum Beispiel aus der Öffnung klimatisierter Räume, wie Bibliotheken und Museen, für die Allgemeinheit. Auch wurden die Schulzeiten angepasst, um Lernen in der Mittagshitze zu vermeiden, mehr Busse und U-Bahnen eingesetzt, um Menschengedränge zu verhindern. Dieses Jahr soll zum ersten Mal bei Risikostufe Rot (über 40 Grad) das Arbeiten im Freien untersagt sein, dies hatte die Regierung im Mai festgelegt.

(mit Material der afp/dpa)

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