
Choking: Ist das noch sexuelle Lust oder schon Gewalt?Bild: imago images / xafrica_imagesx
Liebe & Sex
Choking beim Sex wird unter jungen Menschen zunehmend als "normal" empfunden. Doch was viele nicht wissen: Die gesundheitlichen Folgen können dramatisch sein – von Gedächtnisverlust bis hin zu Hirnschäden.
08.07.2025, 07:3208.07.2025, 07:32
Als Lucy heute auf ihr Dating-Leben in den 20ern zurückblickt, wird ihr mulmig. Dinge, die sie damals als "wild" oder "cool" verbuchte, wirken aus heutiger Sicht beunruhigend: Männer, die sie während des Sex ohne Vorwarnung schlugen oder würgten. Nachrichten mit "Rollenspiel"-Fantasien, bei denen das Wort "Vergewaltigung" fiel.
Was damals einfach zur sexuellen Experimentierfreude gehörte, fühlt sich für Lucy heute – ein Jahr in einer stabilen Beziehung – nicht mehr harmlos an. Und sie ist nicht allein: Immer mehr junge Frauen berichten von sexuellen Erfahrungen, bei denen Würgen (auch "Choking" genannt) wie selbstverständlich dazugehörte – ohne Einverständnis, ohne vorherige Absprache.
Was Choking beim Sex mit dem Körper macht
Was viele nicht wissen oder bewusst ignorieren: Die Halsschlagader zu blockieren braucht weniger Druck als das Öffnen einer Cola-Dose. Schon wenige Sekunden ohne Sauerstoff können zu Bewusstlosigkeit führen und schlimmere Folgen haben. Studien zeigen, dass Würgen beim Sex das Schlaganfall-Risiko bei Frauen unter 40 drastisch erhöht.
Noch krasser: In einer aktuellen US-Studie wurden laut "Guardian" junge Frauen untersucht, die in einem Monat viermal oder öfter beim Sex gewürgt wurden. Ihr Blut wies einen erhöhten Wert des Proteins S100B auf – ein Marker für Hirnschäden. Auch langfristige Folgen wie Depressionen, Angststörungen, Konzentrationsprobleme, Gedächtnisverlust oder sogar Fehlgeburten sind möglich.
"Ich wollte keine Spaßbremse sein" – Gruppendruck unter Frauen
Lucy spricht im "Guardian" offen darüber, warum sie damals mitgemacht hat. In ihrem Freundeskreis wollte niemand "langweilig" oder "verklemmt" wirken. In Pornos, die sie als Teenager sah, wurde das Würgen nie hinterfragt – keine Darstellerin wehrte sich, keiner sprach über Risiken. "Ich dachte, das gehört so. Heute merke ich, wie sehr ich da performt habe und wie gefährlich das war."
Die Normalisierung von Gewalt beim Sex trifft besonders junge Menschen. In Großbritannien zeigte eine Umfrage: Über ein Drittel der 16- bis 34-Jährigen wurde schon einmal beim Sex gewürgt. In einer US-Studie waren es sogar 64 Prozent der Studentinnen. Ältere Generationen sind hingegen kaum betroffen und oft völlig ahnungslos, was auf Plattformen wie Tiktok oder in Mainstream-Pornos passiert.
Sexuelle Gewalt im Tarnmantel der Lust
Expert:innen sind alarmiert. Gesundheitspsychologin Jane Meyrick erklärt: "Es gibt keine sichere Art, jemandem beim Sex die Luft oder das Blut abzuschneiden – es bleibt riskant." Die populäre Vorstellung, dass es beim Choking nur um Nervenkitzel geht, blendet eine wichtige Frage aus: Warum machen das fast immer Männer an Frauen und nicht umgekehrt?
Die Antwort liegt für viele Fachleute in der Pornografie, die Gewalt als "Lustverstärker" inszeniert. Das Problem: Diese Bilder werden von jungen Menschen immer früher konsumiert und als Vorbild für das eigene Sexualverhalten übernommen. Einige junge Männer sagen inzwischen selbst, dass sie das gar nicht wollen – aber glauben, es wird von ihnen erwartet.
Was sich ändern muss und warum Aufklärung allein nicht reicht
Obwohl in Großbritannien und anderen Ländern mittlerweile Gesetze gegen "nicht-tödliches Würgen" existieren, hinkt das gesellschaftliche Bewusstsein hinterher. Selbst Schulaufklärungsprogramme vermitteln teilweise "sichere" Tipps für Choking – als wäre es wie Kondome benutzen.
"Die Gesundheit von jungen Frauen wird aufs Spiel gesetzt, nur damit niemand prüde wirkt", kritisiert Meyrick. Ein Kulturwandel ist dringend nötig – nicht nur in der Justiz, sondern auch im Schlafzimmer. Und zwar bevor aus vermeintlichem Sexspiel ein medizinischer Notfall wird.
Früher in der Schule gehörte ein belegtes Pausenbrot zum Alltag. Doch der Konsum im Erwachsenenalter scheint nicht mehr allzu hoch zu sein.
Neben Fußball und Bier gibt es in Deutschland ein drittes materielles Kulturgut, auf das sich auch beinahe alle einigen können: Brot. Auch wenn so manche:r im Ausland von alternativen Backkünsten überrascht wird, freuen sich viele nach jeder Auslandsreise erstmal auf eine gute deutsche Stulle.