Deutsche und Versicherungen, das gehört zusammen wie die Butter und das Brot. Erzählt man im Ausland von der Vielzahl unserer Möglichkeiten, sich gegen jeden etwaigen Notfall abzusichern, fallen die meisten fast vom Glauben ab.
Selbst diejenigen aber, die in Deutschland nicht zu den Jägern und Sammlern der Versicherungsabschlüsse gehören, haben aufgrund der Versicherungspflicht in der Regel zumindest eine gesetzliche Krankenversicherung. Welchen Anbieter man hierfür wählt, hängt oft von Gewohnheiten in der Familie, dem eigenen Berufsfeld oder dem monatlichen Beitragspreis und den verfügbaren Leistungen ab. Mit einer bestimmten Masche versuchen die Krankenkassen aber auch selbst, mehr Kund:innen für sich zu begeistern.
Nachdem mehrere Krankenkassen auf ihrer Website mit einem Gütesiegel geworben hatten, schaltete sich sogar die Wettbewerbszentrale ein. Demnach sollen die verwendeten Siegel die Verbraucher:innen verstärkt in die Irre führen und mit Labels ganz bewusst Mängel verschweigen.
Konkret geht es um den Krankenkassenvergleich des Portals "Focus Money", in dem jährlich etwa 60 der rund 100 Krankenkassen in Deutschland auf verschiedenste Kriterien untersucht werden. Die mittlerweile bundesweit bekannten Siegel des Verlags werden von den Krankenkassen selbst gerne als Aushängeschild benutzt, um sich etwa als "Top-Krankenkasse" darzustellen.
Im Zuge einer Recherche des "SWR" stellte sich allerdings heraus, dass mit den entsprechenden Labels von "Focus Money" häufig die eigentlichen Ergebnisse des Rankings verschleiert werden.
So zeigt die Bundesinnungskasse Gesundheit (BIG) auf ihrer Website gleich mehrere Siegel unter dem Titel "Du kannst uns vertrauen". Eines darunter ist von Focus Money und lautet "Top Krankenkasse" – obwohl die BIG gerade einmal auf Platz 19 von 64 rangiert.
Auf Nachfrage argumentiert die Krankenkasse, dass die Labels "keinesfalls 'Top of the Tops' darstellen" sollen. Die Wettbewerbszentrale mahnte das Unternehmen wegen irreführender Werbung ab. Das Unternehmen gab an, der Fülle an verfügbaren Labels selbst eher kritisch gegenüberzustehen, aber sich dem Ganzen aus Wettbewerbsgründen nicht entziehen zu können.
Bereits im Februar war ein Urteil gegen den für "Focus Money" zuständigen Burda-Verlag ergangen, das sich ebenfalls auf Irreführung in den Rankings bezog. Damals ging es um eine Ärzteliste in "Focus Gesundheit", bei der sogenannte "Top Ärzte" gekürt werden. Verbraucher:innen würden entsprechend von einer neutralen Prüfung ausgehen, obwohl subjektive Wahrnehmungen und Empfehlungen anderer Ärzt:innen eingeflossen waren. Der Verlag musste knapp 2000 Euro Strafe zahlen.
Geld spielt bei dem kritisierten Ranking des "Focus" allgemein eine große Rolle. Wollen Ärzt:innen oder im aktuellen Fall Krankenkassen das entsprechende Siegel für ihre eigene Werbung nutzen, zahlen sie eine entsprechende Gebühr an den Burda-Verlag.
Die Verantwortlichen verteidigen die Zahlung mit hohen Kosten für die Durchführung der Tests für das Ranking. Die Krankenkassen wiederum argumentieren, dass der Wettbewerb vom Staat gewollt sei und man mit den Siegeln auf spezifische Service-Angebote aufmerksam machen wolle.
Kritisiert wird daran vor allem, dass Verbraucher:innen anhand der Bewertungskriterien nicht erkennen können, welche Daten ins Ranking mit eingeflossen sind. Laut "Focus" werden unter anderem die Bereiche "digitale Leistungen", "Finanzen" und "Transparenz" mithilfe eines Punktesystems bewertet. Die Bewertung erfolgt teils gemeinsam mit Expert:innen des Deutschen Finanz-Service Institut (DFSI).
Zwar gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Kassen, doch die Bewertungsgrundlage bleibt unklar. Wer also tatsächlich die beste Krankenkasse für sich finden will, muss wohl die gute deutsche Tradition beibehalten und selbst alle Leistungen vergleichen.