Urlaub: Jamaika kämpft nach Hurrikan "Melissa" gegen Zeit – Tourismus vor Herausforderungen
Die wirtschaftlichen Schäden des Wirbelsturms "Melissa" könnten die Karibik noch über Jahre belasten, sagte ein UN-Vertreter am Sonntag. Die geschätzten wirtschaftlichen Verluste in Jamaika könnten dem Bruttoinlandsprodukt des Karibikstaats gleichkommen, konkretisierte das UN-Büro für Katastrophenvorsorge. Laut Weltbank lag Jamaikas BIP im vergangenen Jahr bei umgerechnet rund 17 Milliarden Euro.
Vor rund einer Woche erreichte "Melissa" mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde die Karibik und richtete schwere Verwüstungen und Überschwemmungen an. Mindestens 28 Menschen sind dabei allein in Jamaika ums Leben gekommen. Die Folgen des Hurrikans werden also viele Jamaikaner:innen beschäftigen.
Hurrikan "Melissa": Ausmaß der Schäden noch immer nicht klar
Vielerorts haben die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten bereits begonnen. Doch besonders eine Branche steht gerade unter Zeitdruck, denn in wenigen Wochen beginnt die Hauptsaison im Tourismus. Gerade aus den USA kommen ab Mitte Dezember in der Regel sehr viele Menschen, die dem kalten Winter entfliehen wollen.
Doch wenn die beschädigten oder zerstörten Hotels und Ferienunterkünfte bis dahin nicht wieder bezugsbereit sind, werden sich viele Urlauber:innen womöglich für andere Reiseziele entscheiden. Und das wäre für viele Jamaiker:innen, die finanziell vom Tourismus abhängig sind, fatal.
"Wir führen noch unsere Bewertungen durch, aber der größte Teil des Schadens befand sich im Nordwesten und Südwesten", sagt Christopher Jarrett dem "Independent" zufolge. Er leitet die Jamaica Hotel and Tourist Association. Viele Mitglieder aus dem Westen könne der Verband weiterhin nicht erreichen, da die Stromversorgung und die Kommunikationsnetze noch nicht überall wiederhergestellt worden seien.
"Jedes einzelne betroffene Mitglied tut alles, um wieder in Gang zu kommen", versicherte Jarret.
Die beliebteste Urlaubsregion rund um die Stadt Negril sei von größeren Schäden verschont geblieben. Auch die internationalen Flughäfen in Jamaika sind wieder geöffnet, kommerzielle Flieger können wieder regulär landen. Es zeigt sich also ein gemischtes Bild.
Kleinere Hotelbetreiber werden wohl größere Schwierigkeiten haben
Edmund Bartlett, der Tourismusminister Jamaikas, verbreitet dem Bericht zufolge Optimismus: Er erwarte, dass der Betrieb im Tourismussektor bis zum Beginn der Urlaubshauptsaison Mitte Dezember wieder normal laufen werde. Von größeren wirtschaftlichen Einbußen gehe er nicht aus.
Doch der Leiter des Hotel- und Tourismusverbands Jarret wirft ein, dass sich wohl die größeren Hotelketten schneller erholen werden als Betreiber:innen kleinerer, familiengeführter Unterkünfte.
Um schnell wieder Tourist:innen in die Region zu locken, greifen einige Hotels zu einer verzweifelten Maßnahme. "Im Moment gewähren wir Rabatte zwischen 25 Prozent und 50 Prozent, und einige Hotels bieten auch kostenlose Aufenthalte an", erklärt Jarret. Doch das wird wohl keine Lösung sein, die sich über Wochen umsetzen lässt.
Patricia Mighten, eine Hotelmitarbeiterin, verdeutlicht die schwierige Situation:
Doch nicht nur Betreiber:innen und Mitarbeitende von Hotels befinden sich aktuell in einer kritischen Lage. Auch Menschen, die etwa Souvenirs verkaufen, sind von den ausbleibenden Tourist:innen betroffen.
"Wenn tagelang keine Touristen kommen, um etwas zu kaufen, bedeutet das keine Verkäufe und kein Geld", erklärt Desrine Smith dem "Independent". Sie arbeitet als Kunsthandwerkerin und verkauft ihre Waren an Urlauber:innen. "Wir leben von unseren täglichen Einnahmen, und jetzt ist alles ungewiss", zeigt sie sich erschüttert. "Der Hurrikan hat uns finanziell schwer getroffen."
(mit Material von afp)
