Urlaub: Jeder fünfte Strand in Italien droht bis 2050 zu verschwinden
An Stränden mangelt es Italien sicherlich nicht – vom sonnenverwöhnten Süden bis zur felsigen Adriaküste reiht sich ein Küstenjuwel ans nächste. Im Norden locken der feine Sand von Bibione und Jesolo, während an der Amalfiküste pastellfarbene Dörfer über türkisblauem Wasser thronen.
Und auch auf den Inseln Sizilien oder Sardinien kommen Strandliebhaber:innen auf ihre Kosten. Teilweise sind die Küstenabschnitte so beliebt, dass lokale Behörden sogar Besucherlimits einführen. Das soll nicht nur für ein angenehmeres Stranderlebnis sorgen, sondern hilft auch dabei, die Belastung der Natur zu reduzieren.
Solche Maßnahmen sind durchaus effektiv, doch sie reichen womöglich nicht aus, um eine folgenschwere Entwicklung aufzuhalten, die bereits in vollem Gang ist.
Strände gehen verloren: Nicht nur die Klimakrise ist schuld
Die Società Geografica Italiana (SGI) warnt aktuell nämlich davor, dass es um die italienischen Küsten gerade alles andere als gut steht. Im Jahresbericht "Versunkene Landschaften" halten die Wissenschaftler:innen fest, dass bis 2050 rund 20 Prozent der Strände verloren gehen könnten; bis Ende dieses Jahrhunderts drohen sogar 40 Prozent der Strände zu verschwinden.
Allein für die Tourismusbranche wäre das fatal. Doch die Einheimischen würde die Entwicklung deutlich härter treffen: Laut dem Bericht wären rund 800.000 Italiener:innen von einer Umsiedlung betroffen. Darüber berichtet unter anderem "la Repubblica".
Die Gründe für die Entwicklung sind laut der SGI unterschiedlich. Eine Rolle spielt natürlich die Klimakrise: Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht weltweit Strände und flache Küstengebiete, das ist in Italien nicht anders.
Einerseits besteht eine Gefahr durch Überschwemmungen, andererseits ist aber auch die zunehmende Erosion ein Risikofaktor. Gerade bei Stürmen oder Extremwetter-Phänomenen werden teils größere Sandmengen abgetragen. Mancherorts muss deshalb schon jetzt neuer Sand aufgeschüttet werden, damit die Touris weiter mit Meerblick in der Sonne brutzeln können.
Strandsterben in Italien: Manche Regionen sind besonders gefährdet
Und da wären wir schon beim nächsten Problem: dem Massentourismus. Die Autor:innen des Berichts verweisen nämlich darauf, dass sich touristische Angebote vor allem auf die Küstengebiete konzentrieren. Vegetation, die als natürliche Barriere gegen Wind und Wellen dient, wird teils zerstört.
Außerdem werden durch den Neubau von Hotels, Straßen und Ferienanlagen Flächen versiegelt. Dadurch wird der natürliche Kreislauf aus Erosion und Neubildung von Sand unterbrochen. Denn Strände "leben" eigentlich davon, dass Wind und Wasser ständig Material abtragen und an anderer Stelle wieder ablagern.
Dadurch, dass das Meer immer weiter in Flussmündungen eindringt, kommt es darüber hinaus zu einer zunehmenden Versalzung landwirtschaftlicher Flächen. Davon ist beispielsweise das Po-Delta betroffen.
Auch die Lagune von Venedig wird wohl unter der Entwicklung leiden. Mit Blick auf die unter Tourist:innen beliebten Strände muss man sich laut den Wissenschaftler:innen der SGI an der oberen Adria Sorgen machen. Auch mehrere Abschnitte der tyrrhenischen Küste zwischen der Toskana und Kampanien seien gefährdet.
"Eine klare Umkehr dieses Trends ist notwendig. Flache Küstenabschnitte – Strände und ihr unmittelbares Hinterland – sind in ganz Italien bebaut oder künstlich gestaltet", zitiert "la Repubblica" den SGI-Präsidenten Claudio Cerreti. "Dadurch wird verhindert, dass sich die natürlichen Prozesse an einen stabilen Meeresspiegelanstieg (oder auch an Sturmfluten oder einen Tsunami) anpassen."
Eine Maßnahme, die den Trend zumindest verlangsamen könnte, wäre die Renaturierung der Küstenabschnitte. Für Tourist:innen würde das vermutlich bedeuten, dass es nicht mehr überall Hotels in nächster Strandnähe gibt. Wenn man dafür aber weiter das Privileg genießen kann, überhaupt an einen Strand fahren zu können, ist das wohl nur ein kleines Übel.


