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Miete sparen durch smarte Einrichtung: Wohnraum-Designerin gibt Tipps

Smiling woman with paint roller in front of wall at home model released, Symbolfoto property released, VIVF00162
Mit der richtigen Farbe in der Wohnung lässt sich auch die Architektur verändern. Bild: www.imago-images.de / imago images
Interview

Miete sparen durch smarte Einrichtung: Wohnraum-Designerin gibt Tipps

15.02.2023, 16:28
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Es gibt zu wenig Wohnungen und die, die es gibt, sind auch noch zu teuer. Das sind Probleme, die uns wohl noch lange erhalten bleiben. Der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) warnte erst kürzlich vor einer voraussichtlich zehn Jahre anhaltenden Krise auf dem Wohnungsmarkt.

Harald Schaum, Vizevorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, sagte der Zeitung "Bild": "Wohnen wird zum Armutsrisiko. Schon heute müssen knapp elf Prozent der Haushalte in Deutschland mehr als 40 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben."

"Es gibt den Mythos: Dunkle Farben und kleine Räume macht man nicht. Das ist aber Quatsch."

Was also tun? Sima Niroumand hatte vor einigen Jahren selbst das Problem, eine zu kleine Wohnung für den Nachwuchs in ihrem Bauch zu haben. Ein Umzug kam aber nicht infrage.

Statt sich also eine überteuerte, größere Wohnung zu suchen, baute die gelernte Kommunikationsdesignerin aus der Not heraus einfach ihren Wohnraum um. Daraus entstand das Start-up Habitiny, das Menschen hilft, das Optimum aus kleinen Wohnungen herauszuholen.

Im Gespräch mit watson verrät die 42-jährige Tricks für mehr Platz in kleinen Wohnungen.

Sima Niroumand hat lange in der Marken- und Produktentwicklung gearbeitet.
Sima Niroumand hat lange in der Marken- und Produktentwicklung gearbeitet.foto: habitiny/privat

watson: Sima, was bedeutet eigentlich Habitiny?

Sima Niroumand: Das setzt sich zusammen aus Habitat, der Wohnraum und das Englische "habit", eine Gewohnheit. Und das alles ist enthalten in der Verkleinerung, tiny". Daraus wird als Kunstwort "Habitiny", also Wohnverhalten im kleinen Raum.

Kamen durch Corona weniger Anfragen oder sogar mehr, weil die Leute häufiger zu Hause waren?

Corona war tatsächlich der Boost für Habitiny. Ab dem Moment, in dem klar war, dass alle mit dem Lockdown noch ein bisschen länger zu Hause bleiben und sie Homeoffice und Home-Schooling noch länger beschäftigen wird, gingen die Anfragen durch die Decke.

Wie hast du darauf reagiert?

Da war ich auch erst mal erschlagen. Durch Corona war die Akzeptanz für digitale Formate im Privatsektor auf einmal da, weil alle zu Hause waren und trotzdem vernünftig arbeiten wollten. Da kamen wir ins Spiel, um den Familien das Homeoffice und das sowieso fehlende zweite oder dritte Kinderzimmer einrichten zu können.

Welches Wohnthema beschäftigt Familien derzeit?

Das Thema Homeoffice hat sich mittlerweile ein bisschen zurückentwickelt. Wenn ich so an die Gespräche von vor zwei Jahren denke, da waren die meisten kurz vorm Heulen, weil im Lockdown alle zu Hause waren und man nicht wusste, in welchen Raum man gehen kann, um in Ruhe ein Telefonat zu führen. Das Problem ist jetzt überwiegend das fehlende Kinderzimmer. Es ist oft so, dass die Paare in eine Dreizimmerwohnung gezogen sind. Dann kam das erste Kind und man dachte, das geht schon irgendwie. Dann kam das zweite Kind und parallel ist der Immobilienmarkt komplett explodiert. Die Durchschnittsfamilie in deutschen Ballungszentren findet gar keine Alternativen mehr, innerhalb der Metropole einen größeren Wohnraum zu bekommen. Und da kommen wir ins Spiel.

"Stauraum finden wir überall."

Ihr rechnet auf eurer Website vor, dass es günstiger ist, in den Umbau der kleinen Wohnung zu investieren, als in eine teurere und größere Wohnung zu ziehen. Billig ist so etwas trotzdem nicht. Habt ihr auch low budget Varianten?

Das ist tatsächlich in diesem Jahr auf der Agenda bei uns. Wir entwickeln gerade Produkte für eine Zielgruppe, die handwerklich einigermaßen fit ist. Für diese werden wir in Zukunft viel stärker die Wissensprodukte ausbauen, wie ein Workbook zur Stauraum-Planung oder eine DIY-Anleitung zum Thema Farben. Auch in Sachen Grundrissplanung, die wir in unserer Wohnraumberatung machen, werden wir in Zukunft eine Master Class machen. Ein Wissen zur Selbsthilfe für kleineres Geld sozusagen.

Wenn man eure Instagram-Seite anschaut, setzt ihr viel auf Multifunktionalität und in die Höhe bauen. Was sind denn deine Tipps?

In die Höhe gehen ist auch in einer durchschnittlichen Neubauwohnung von 2,40 Meter hohen Decken schon möglich. Oft geht es auch darum, einen neuen Raum zu finden. Wenn man einen Raum zerteilen muss, ist es wichtig, dass auch die Versorgung durch Sauerstoff und Tageslicht gegeben ist. Das ist teilweise wirklich kompliziert. Dann ist es wichtig, den Grundriss und die Bauweise anzuschauen, also wo sind tragende Wände und wo nur Gipskartonwände.

"Wir können uns einfach keine riesigen Zimmer mehr leisten in einer Metropole."

Manchmal kann man Räume auch umlegen, also die Küche woanders platzieren und als Kinderzimmer nutzen. Stauraum finden wir überall. Ein Kleiderschrank könnte ja auch unter der Treppe sein, es muss nicht immer ein Möbelstück sein. Ein Bett braucht man allerdings immer und deshalb fangen wir beim Umbau immer mit dem Bett an. Das ist auch das größte Möbelstück.

Die Idee mit dem Alkoven, eine Nische mit Bett, im Zimmer ist auch sehr praktisch.

Wir nutzen das Schlafzimmer hauptsächlich zum Schlafen und vielleicht zum Umziehen. Aber es braucht tatsächlich viel Raum. Früher hat man mit mehreren Generationen in einem Haus gelebt, da gab es einen großen Gemeinschaftsraum, aber ansonsten nur kleine Mini-Alkoven als Rückzugsraum. Im Prinzip geht es auch wieder da hin, denn wir können uns in einer Metropole einfach keine riesigen Zimmer mehr leisten. Wichtig ist einfach, einen Rückzugsort zu haben und wenn er noch so klein ist. Deshalb finde ich für Eltern immer Alkoven ganz schön, das ist immer noch tausendmal besser als eine Faltcouch, wo man jeden Morgen wieder alles herrichten muss und gegebenenfalls noch nicht mal einen Rückzugsort hat, wenn einer fernsehen will und der andere schlafen.

Die von euch gestalteten Wohnungen wirken hinterher oft sehr fröhlichen und sind in starken Farben gestaltet. Kommt das farbliche Design auch von dir?

Das ist Teil einer Identity und das bin auch hauptsächlich ich. Diese Woche hatten wir in unserem Team einen Designer hier, dem ich gesagt habe, dass bei uns keine Wand weiß herausgeht an den Kunden. Wenn eine Wand dezent sein soll, ist sie auf jeden Fall nicht weiß, sondern beige oder eierschalenfarbig. Weiß und schwarz vermeiden wir. Wir sind total poppig und bunt, weil ich das ein Stück weit auch lebe und die Zielgruppe sind Familien mit Kindern. Da finde ich das eigentlich passend. Und ich liebe Farben. (lacht)

Hat die farbliche Gestaltung auch einen praktischen Grund?

Zum einen empfinde ich Weiß als super harte Farbe und auch als die unruhigste. Und Kinder patschen eben ganz gerne Wände und Oberflächen an. Man sieht den Schmutz am schnellsten bei Weiß und am wenigsten bei anderen Farben. Es gibt zwar den Mythos: Dunkle Farben und kleine Räume macht man nicht. Das ist aber Quatsch. Gerade, wenn man für Decken eine richtig dunkle, tiefe Farbe wählt, öffnet das eher den Raum nach oben hin. Man hat das Gefühl wie unter einem Nachthimmel, dass es sehr tief ist und da weitergeht. Man kann Farbe also schon unterschiedlich einsetzen und damit auch die Architektur verändern.

Was sagen ständige Pärchen-Posts über die Beziehung aus?

Ein Pärchenkuss im Profil, ein Video vom Candlelight-Dinner dort, ein Valentinstagsgeschenk, das im Livestream überreicht wird – wenn es darum geht, ihre Liebe öffentlich zu inszenieren, sind Paare zuweilen schamlos.

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