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Studieren in den Niederlanden: Deutsche Studenten sollen abgeschreckt werden

Happy Muslim student and her friend reading their exam results while walking through university hallway.
Die Masse ausländischer Studierender trifft in den Niederlanden teils auf Unmut und Besorgnis.Bild: Getty Images/iStockphoto / Drazen Zigic
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Studieren in den Niederlanden: Deutsche Studenten sollen abgeschreckt werden

07.07.2023, 08:33
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Die Niederlande sind für ausländische Studierende offenbar überaus attraktiv. Auch junge Menschen aus Deutschland interessieren sich häufig für Studiengänge im Nachbarland. Die Möglichkeit, in einem internationalen Umfeld zu studieren und von modernen Studiengängen auf Englisch zu profitieren, lockt viele Menschen an.

Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder: Immer mehr internationale Studierende hat es in den vergangenen Jahren an die Universitäten in den Niederlanden gezogen. Im Herbst 2021 betrug ihr Anteil bereits 40 Prozent, wobei etwa ein Fünftel aller ausländischen Studierenden aus Deutschland kommt. Nicht zuletzt hat wohl auch der hierzulande gängige Numerus Clausus einen Einfluss darauf.

Back view of man presenting to students at a lecture theatre
Zahlreiche Deutsche studieren in den Niederlanden.Bild: Getty images / iStockphoto / monkeybusinessimages

Doch die Masse ausländischer Studierender trifft in den Niederlanden auch auf Unmut und Besorgnis. Mit Folgen: Ein neues Gesetz, das im Nachbarland bis zum Herbst erarbeitet werden soll, könnte Studierende aus dem Ausland abschrecken. Eine Debatte ist entbrannt. Sie ist so vielschichtig wie die kulturelle Vielfalt an den Unis selbst.

Volle Hörsäle, wenig Wohnraum und die englische Sprache an Unis

Die vielen ausländischen Studierenden sind offenbar ein Problem, das man in den Niederlanden nicht mehr einfach so hinnehmen will: Kritiker:innen zufolge leiden die Hochschulen des Landes unter dem Ansturm ausländischer Studierender. Auch die Qualität der Ausbildung leide darunter.

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Die Rede ist von überfüllten Vorlesungssälen, überforderten Dozenten und dem Mangel an Wohnraum, wie etwa der "Spiegel" und mehrere niederländische Medien berichten.

Herausforderungen, mit denen sowohl die Hochschulen als auch die Studierenden konfrontiert sind. Zudem werden demnach die Kosten für das Bildungssystem durch die Finanzierung aus Steuergeldern belastet.

Die Debatte um die Internationalisierung der Hochschulen hatte in den vergangenen Monaten an Fahrt gewonnen, nachdem der niederländische Bildungsminister Robbert Dijkgraaf Maßnahmen zur Regulierung der Internationalisierung angekündigt hatte. Die Kapazitäten der Hochschulen seien an vielen Orten bereits erschöpft, findet Dijkgraaf. Ein neues Gesetz, das bis zum Herbst erarbeitet werden soll, soll die Situation regulieren.

Die genauen Auswirkungen dieses Gesetzes sind jedoch umstritten, sowohl zwischen den politischen Parteien als auch innerhalb der Hochschulen.

Damit sollen ausländische Studierende abgeschreckt werden

Derzeit arbeitet Dijkgraaf an verschiedenen Lösungsansätzen, um die genannten Probleme zu reduzieren. Sein Plan ist es, sich mit den Universitäten in den Niederlanden zusammenzusetzen, um eine geeignete Lösung zu finden. Obwohl bereits ein Vorschlag vorliegt, besteht weiterhin Bedarf an Verbesserungen.

Bisher werden viele Studiengänge sowohl im Bachelor als auch im Master in englischer Sprache angeboten, was dazu führt, dass viele internationale Studierende angezogen werden. Es wird jedoch angestrebt, das zu ändern und die Bedeutung der niederländischen Sprache an den Universitäten wieder zu stärken.

Speaker giving presentation in lecture hall at university. Participants listening to lecture and making notes.
Viele Hörsäle an niederländischen Unis sind nach Auffassung von Kritiker:innen überfüllt.Bild: Getty images / iStockphoto / kasto80

Laut Dijkgraaf soll Niederländisch die vorherrschende Sprache an den Universitäten in den Niederlanden bleiben. Das würde für deutsche Studierende bedeuten: Sie müssten Niederländisch lernen. Auch mehr und schwierigere Aufnahmetests sind demnach Thema.

Einer, der dafür ist, ist etwa der parteilose niederländische Abgeordnete im Parlament, Pieter Omtzigt. Er findet: "Natürlich kann man Kurse auf Englisch halten, in denen dann nur Deutsche sitzen. Aber dafür wurde das niederländische Hochschulsystem nicht gemacht". Die Situation sei außer Kontrolle. Seine Sorge ist, dass die Ausbildung niederländischer Studierender unter der Situation leide.

In den vergangenen Jahren häuften sich laut örtlichen Medienberichten die kritischen Stimmen, die sich ähnlich zum Thema äußerten.

Kritik an den Plänen für niederländische Unis

Einige Hochschulen, wie die "Universiteit Twente", betrachten die Pläne des Bildungsministers aber auch kritisch. Sie argumentieren laut "Spiegel" damit, dass sie bereits stark international ausgerichtet sind. Sie profitieren nach eigenen Angaben von der Vielfalt.

Hier spielt offenbar die Ausrichtung sowie der Standort der jeweiligen Universitäten eine Rolle. Gerade in technischen Studiengängen, in denen später oft in internationalen Teams gearbeitet wird, sei die englische Unterrichtssprache laut Universiteit Twente von Vorteil.

Die Uni hebt zudem die regionale Besonderheit hervor: Im östlichen Grenzgebiet gebe es genügend Platz für Studierende. Anders als im Westen des Landes, in Städten wie Amsterdam oder Utrecht. Dort führe der Mangel an Wohnraum zu Problemen.

Happy multiracial friends having fun together walking on city street - Group of young people hanging out in town on a sunny day - University students talking and laugh out loud in college campus
International ausgerichtete Unis sehen in ausländischen Studierenden einen Vorteil.Bild: Getty Images / iStockphoto / Kar-Tr

Die Diskussion um die Regulierung der Internationalisierung und die Begrenzung der Zahl ausländischer Studierender in den Niederlanden ist also komplex. Es geht um die Abwägung zwischen der Attraktivität des Bildungsstandorts, der Qualität der Ausbildung und die Bedürfnisse der niederländischen Studierenden sowie der Gesellschaft.

Niederlande könnten die Tür für ausländische Studis weiter schließen

Seit Jahren war klar, dass die Probleme bestehen. Trotzdem gab es keine Veränderungen, aus unterschiedlichsten Gründen. Einer davon ist die finanzielle Situation, aber auch der Wettbewerb um junge Talente spielt eine Rolle.

Ein wichtiger Faktor ist das Recht auf Freizügigkeit, einer der wichtigsten Werte der Europäischen Union. Er besagt, dass allen EU-Bürger:innen innerhalb der Union die gleichen Möglichkeiten offenstehen sollten. Die Niederlande haben jedoch internationalen Studierenden im Vergleich zu anderen Ländern über Jahre hinweg weniger Möglichkeiten geboten. Jetzt wird zumindest teilweise versucht, diese geöffnete Tür wieder zu schließen.

Bis zum Herbst soll das neue Gesetz – Stand jetzt – verabschiedet werden. Für Tausende deutsche Studierenden bedeutet das eine ungewisse Zukunft. Womöglich müssen sie sich bald nach anderen Studienorten umsehen.

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