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Corona-Lockdown und verlorene Jugend: Junge Frau zieht ehrliches Fazit

teenage girl wearing protective mask, looking at the city from the window during coronavirus qurantine in Barcelona. Nice sunset with the sun shining in the sky
Der Corona-Lockdown hat junge Menschen stark geprägt. Bild: iStockphoto / Maria Casinos
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Vier Jahre Lockdown: Hat Corona meine unbeschwerte Jugend zerstört?

16.03.2024, 11:48
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Die Welt steht still, die Straßen sind leer und im Supermarkt ist das Klopapier ausverkauft. Vier Jahre sind seit dem Start des ersten Lockdowns bereits vergangen. Schulen, Restaurants, Cafés und Clubs mussten schließen, sämtliche Veranstaltungen wurden abgesagt und das soziale Leben wurde auf null heruntergefahren. Gerade Jugendliche haben in dieser Zeit gelitten und einen prägenden Abschnitt ihres Lebens verpasst. Auch unsere Autorin gehört zu dieser Generation. Zum Lockdown-Jahrestag blickt sie zurück und fragt sich: Hat Corona wirklich meine unbeschwerte Jugend zerstört?

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Lockdown: "Schulfrei" entwickelte sich schnell zu einer Art Gefängnis

Als ich in meinem Abschlussjahr auf der Realschule war, bahnte sich das Virus im Februar 2020 langsam an und schlug wenig später hohe Wellen. Am 13. März – ein Freitag – kam schließlich die Nachricht: alle Schulen und Kitas werden ab Montag bis zum 20. April schließen.

"Geil, länger Ferien!", hieß es anfangs in der Whatsapp-Klassengruppe.

"Während des Lockdowns habe ich mir das Ukulele spielen beigebracht."

Doch dann wurde uns allmählich bewusst, was das eigentlich bedeutet. Kein Abschlussstreich, keine Mottowoche, kein Abschlussball. Eine enorme Welle an Unsicherheit überfiel mich und meine Mitschüler:innen: Wie werden die Vorbereitungen auf die Abschlussprüfungen im Homeschooling ablaufen? Werden sie überhaupt stattfinden? Denn schnell wurde klar, dass diese Pandemie länger als ein paar Wochen andauern wird.

Unterricht in Pandemie-Zeiten: Bildbeschreibung per Whatsapp

Nach der Schließung der Schulen schickten uns die Lehrer die Aufgaben per E-Mail – eine Plattform für Videokonferenzen war noch nicht eingerichtet worden. Im Laufe des Tages mussten wir ihnen unsere Lösungen zurückschicken. Der bizarrste Arbeitsauftrag: Wir mussten unserer Banknachbarin ein Foto schicken. Sie sollte das Bild dann in einer Sprachnachricht auf Englisch beschreiben und umgedreht. Dadurch war ich dann den halben Tag beschäftigt. Doch für die Zeit nach Schulschluss musste ich kreativ werden.

Während des Lockdowns habe ich mir das Ukulele-Spielen beigebracht. Da es ein einfaches Instrument ist, hat das einwandfrei mit Youtube-Tutorials funktioniert. Mit dem Zeichnen habe ich ebenfalls begonnen. Außerdem wollte ich mit dem Joggen anfangen, das war mir aber allein zu langweilig.

"Das erste Mal in meinem Leben habe ich mich auf den Unterricht gefreut."

Lockdown-Party: Freunde in der App treffen

Und das Wochenende? Normalerweise freue ich mich bereits am Montag darauf. Aber worauf sollte ich mich nun freuen? Durch die Kontaktbeschränkungen waren die Möglichkeiten stark begrenzt. Es war verboten, sich in "Real Life" zu verabreden. Also haben wir unsere Treffen online veranstaltet.

Mit der App "Houseparty" entstand immer eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Leuten. Jemand hat einen Raum gestartet und dann kamen immer mehr Freund:innen hinzu. Dadurch konnte ich mich am Wochenende austauschen und mit neuen Leuten Kontakte knüpfen. Wir feierten auch Geburtstage über die App. Ziemlich traurig, wenn ich jetzt darüber nachdenke.

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Auf "echte" Hauspartys musste während des Lockdowns leider verzichtet werden.Bild: iStockphoto / shironosov

Schulabschluss im Sommer – doch das Corona-Chaos kehrt zurück

Ende April durften die Abschlussklassen endlich wieder die Schule besuchen. Das erste Mal in meinem Leben habe ich mich auf den Unterricht gefreut. Nach langer Zeit wieder Freund:innen treffen und einen Funken Normalität spüren. Auch die Lehrer:innen freuten sich, wenigstens die Hälfte unseres Gesichtes wiederzusehen. Denn es galt die Maskenpflicht.

Der Sommer 2020 nach den Prüfungen verlief beinahe schwerelos. Die Regeln wurden gelockert und wir konnten unseren verdienten Abschluss feiern. Wir haben das Beste aus der Zeit gemacht und meinen 16. Geburtstag durfte ich ebenfalls nachholen. Auch mental ging es mir besser. Ich kam endlich wieder aus meinem Loch heraus.

Im Herbst startete dann ein neues Kapitel: die Zeit an der Fachoberschule. Die ersten paar Wochen lief alles normal ab – Unterricht in Präsenz. Doch dann ging das ganze Chaos wieder von vorne los: Lockdown, Kontaktbeschränkung, Schulschließung und Homeschooling. Eine Sache immerhin war neu: Die Schule hatten es doch tatsächlich gemeistert, ordentliche Plattformen für den Onlineunterricht einzurichten. Hat auch nur ein halbes Jahr gedauert.

"Gerne hätte ich das 'Young and Sweet, only 17'-Alter intensiver gelebt."

Kurz vor 8 Uhr fiel ich also aus dem Bett, startete den Laptop, betrat das Meeting und bestätigte meine Anwesenheit mit einem kurzen "Morgen". Von nun blickte ich nur auf Kacheln mit Initialen, an Stelle in die Gesichter meiner Mitschüler:innen. Wenn die Lehrer:innen jemanden aus dem Nichts aufriefen, erhielten sie meistens nur ein "Bei mir hat sich das WLAN aufgehängt" oder es kam gar keine Antwort. Die Enttäuschung stand ihnen dann ins Gesicht geschrieben.

Begrenzte Freiheit – erster Urlaub mit Freunden

Im Sommer 2021 fuhr ich mit meinen Freund:innen in den Urlaub. Bella Italia. Dort haben wir eine schöne und ganz gewöhnliche Zeit verbracht. Nur im Hotel mussten wir Masken tragen. Wenn ich jetzt durch meine Galerie stöbere, fällt mir ein Muster auf: in den Wintermonaten ab 2020 habe ich kaum Fotos von Erlebnissen, jedoch umso mehr in den Sommermonaten. Sobald es warm wurde, war das Virus wie weggeweht. Und im Herbst klopfte es wieder an die Tür.

Die Maskenpflicht in der Schule blieb uns bis Frühjahr 2022. Es war völlig ungewohnt, dass ich die kompletten Gesichter wieder sehen konnte und mich ganz frei durch das Schulgebäude bewegen durfte. Bis zum Abitur fand der Unterricht in Präsenz statt – ein purer Luxus.

Anfang Juni waren wir dann endlich fertig: Für die Abi-Prüfungen erhielten wir eine halbe Stunde länger Zeit. Um ehrlich zu sein, hätte ich es ohne die Verlängerung niemals geschafft. Danach ging es wieder zur altbekannten Abiturfeier an den Weiher. Normalität. Keine Masken. Erleichterung. Pure Freude. Für meinen 18. Geburtstag konnte ich eine große Party schmeißen. So wie ich es wollte. Ohne Einschränkungen.

Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, durch die Pandemie einen wichtigen Teil meiner Jugend verpasst zu haben. Gerne hätte ich das "Young and Sweet, only 17"-Alter intensiver gelebt, auf Partys gefeiert, wertvolle Zeit mit Freund:innen verbracht und typische Jugendsünden begangen. Stattdessen saß ich stundenlang vor dem Laptop und habe auf schwarze Kacheln gestarrt.

Andererseits schätze ich seit dem Lockdown die Freiheit mehr. Ich genieße die Zeit mit meinen Freund:innen und reise gerne. Vielleicht hätte ich mich ohne den Lockdown in eine andere Richtung entwickelt, möglicherweise auch nicht. Auf jeden Fall hoffe ich, dass ich eine Pandemie in diesem Ausmaß nicht nochmal erleben muss.

Hotelbranche schraubt Standards wegen Personalmangel herunter

Urlaub bedeutet absolute Entspannung. Wer die Tage in einem Hotel verbringt, legt oft Wert auf gewisse Standards. Nach einem Tag am Strand oder einem Ausflug freut man sich am Abend auf ein schönes Abendessen und ein gemütliches Bett.

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