Nachdem am Wochenende in einer für Griechenland beispiellosen Rettungsmission 30.000 Einheimische und Touristen aus den von Waldbränden betroffenen Gebiete evakuiert wurden, geht der Kampf gegen die Brände weiter. Seit dem Morgengrauen nahmen zwei Helikopter und zwei Löschflugzeuge die Arbeit wieder auf, um die mehr als 260 Feuerwehrleute vor Ort auf Rhodos zu unterstützen.
Auf der Insel Euböa, bei Karystos, und auf der Halbinsel Peloponnes nahe der kleinen Hafenstadt Egion wurden am Montag ebenfalls große Brände gemeldet. Noch ist nicht klar, ob die Brände von Menschenhand, möglicherweise sogar von Touristen, entfacht wurden. Sicher ist aber, dass große Hitze und Trockenheit Waldbrände begünstigen: Griechenland ächzt derzeit noch immer unter der "wahrscheinlich" längsten Hitzewelle seiner Geschichte, wie das nationale Wetterobservatorium mitteilte.
Die Temperaturen sollen kommenden Donnerstag erstmals seit fast zwei Wochen von 40 bis 45 Grad auf für die Jahreszeit normale Werte von etwa 35 fallen. Am Sonntag war im Süden der Halbinsel Peloponnes 46,4 Grad gemessen worden. Das sei die vierthöchste Temperatur, die je in Griechenland gemessen wurde, teilte das Meteorologische Amt mit. Die Abkühlung wird die Folge von starken Nordwinden sein. Der Zivilschutz warnte aber: Wegen dieser starken Winde könnten Waldbrände erneut außer Kontrolle geraten.
In den sozialen Medien sieht man zum Teil dramatische Szenen wie aus einem Katastrophenfilm. Menschen laufen auf der Flucht vor Rauch und Feuer an Stränden und Straßen entlang. Tourist:innen haben sich zum Schutz vor dem Rauch provisorisch ihre Halstücher vor Mund und Nase gebunden, im Hintergrund fliegen Löschhubschrauber und -flugzeuge durch schwefelgelbe Rauchschwaden.
Darüber sprach watson mit Lars, 27 Jahre alt, dem Macher des Videos oben. Der Norweger war mit seiner Freundin im Urlaub auf der griechischen Insel, als sich die Lage gestern Nachmittag auf Rhodos schlagartig zuspitzte. Watson erzählte er die ganze Geschichte.
"Meine Freundin und ich waren am Glystra Beach, als wir sahen, wie der Rauch näher kam. Wir dachten, das sei noch der Rauch eines anderen Waldbrandes, sehr viel weiter weg. Weil das am Abend vorher auch schon zu sehen war, dachten wir uns erst einmal noch nicht viel dabei. Wir urlaubten einfach weiter, gingen schwimmen und genossen den Strand.
Dann bemerkten wir plötzlich, wie Hotelmitarbeiter die Gasflaschen vom Beach-Restaurant neben uns, weit hinaus an den Strand trugen. Das kam uns dann doch ein wenig komisch vor. Weil wir besorgt waren, checkten wir Google Maps und schon tauchten die ersten Warnungen zu dem Feuer auf, dass sich schon ganz nah bei uns befinden sollte.
Wir brachen auf, zurück zum Ressort und schon auf dem Weg zum Gebäude war uns dann völlig klar, wie nahe das Feuer bereits war. Wir konnten es sehen, wir atmeten den Rauch ein und von überall steuerten Helikopter in unsere Richtung. Die Hotelmitarbeiter sagten uns, wir sollten uns besser am Strand aufhalten als im Gebäude. Das war eigentlich auch alles an Anweisung, was wir bekamen.
Wir warteten also eine Weile (am Hotelstrand), aber es fühlte sich an, als ob die Flammen immer näher kamen – zu nahe – und so begannen wir selbstständig den Strand hinunterzulaufen. Wir liefen etwa 13 Kilometer am Wasser entlang, bis zum Gennadi Beach. Unterwegs kamen wir an Polizisten vorbei, die uns rieten, einfach so weiterzugehen, wie wir es bereits taten. Doch irgendwann landeten wir in einem Pulk von Menschen am Strand. Hier sammelten sich alle.
Dort warteten wir viele Stunden und hofften, dass wir von einem der anrollenden Busse abgeholt würden. Da waren wirklich Tausende von Menschen und bei weitem nicht ausreichend Busse für alle. Gleichzeitig sahen wir das Feuer näher und näher kommen.
Dann erreichten auch erste Boote die Küste, allerdings nahmen sie keine Menschen an Bord. Ich glaube, wir warteten bis etwa 23 Uhr, bis erste Passagiere langsam aufsteigen durften. Auf die Boote oder in einen Bus zu kommen, war chaotisch.
Einer Frau wurde der Fuß gebrochen, als sie beim Versuch, auf das Boot zu steigen, von hinten zu heftig gedrückt wurde. Die Boote waren vor allem für Frauen und Kinder gedacht, aber einfach alle drängelten und quetschen sich nach vorne. Die Menschen mit Babys und Kleinkindern versuchten irgendwie durch die Massen nach vorne zu kommen. Es war schrecklich, das mitanzusehen.
Wir selbst bestiegen gegen 1.05 Uhr nachts ein Boot des Militärs, das uns wiederum zu einer Fähre nach Rhodos (Stadt) brachte. Gegen 6 Uhr morgens erreichten wir endlich den Hafen und gegen 7.30 Uhr waren wir in dem Emergency Center angekommen, dass der Reiseanbieter bereitstellte.
Es ist tragisch, mitanzusehen, wie viel von Rhodos durch den Waldbrand zerstört wurde und verloren ging. Als Besucher dieses Landes ist es natürlich ärgerlich, dass ein Urlaub platzt, aber wir können nach Hause zurückkehren, haben immer noch unsere Besitztümer und Wohnungen.
Mein tiefstes Beileid gilt daher den Anwohner:innen hier und ich kann nur hoffen, dass es ihnen gelingt, dieses Feuer so schnell wie möglich zu stoppen. Die Einheimischen haben uns Tourist:innen so schnell geholfen, dafür sind wir ihnen einfach nur wahnsinnig dankbar."