Allein innerhalb der Europäischen Union wurden im Jahr 2021 etwa 153,5 Millionen Tonnen an Lebensmitteln weggeschmissen. Gleichzeitig müssen weltweit bis zu 828 Millionen Menschen hungern. Ob in Lagern, Supermärkten oder Haushalten – Lebensmittelverschwendung ist vor diesem Hintergrund ein großes Problem.
Auch deshalb arbeitet die EU derzeit an einer Reformierung der sogenannten Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Auf der Tagesordnung stehen Dokumente zu Datums-, Nährwert-, Herkunfts- und Alkoholangaben sowie zu Nährwertprofilen.
Ursprünglich sollte die LMIV bereits im vergangenen Jahr geändert werden. Nun kommt Bewegung in die Sache. "Wir gehen davon aus, dass in Kürze Vorschläge von der EU-Kommission vorgelegt werden", sagte Christoph Meyer vom Bundesernährungsministerium (BMEL) auf dem 36. Lebensmittelrechtstag vergangene Woche in Wiesbaden. Ein Thema mit besonderem Gewicht: das Mindesthaltbarkeitsdatum.
"Die Kommission hat kürzlich vorgeschlagen, das MHD um den Pflichtzusatz 'Oft länger gut' zu ergänzen", erklärte Meyer bei der Veranstaltung. Bei den Teilnehmer:innen der Konferenz sorgte das für ein "irritiert-belustigtes Raunen", wie die "Lebensmittel Zeitung" berichtete.
Für Meyer sei der Vorschlag aus Brüssel allerdings ein Fortschritt: "Wir unterstützen den Zusatz und haben uns zudem dafür ausgesprochen, die Liste der Lebensmittel zu erweitern, für die kein MHD nötig ist." Eine verpflichtende Ergänzung zum Mindesthaltbarkeitsdatum soll ein Schritt in die richtige Richtung sein.
Auch im Hinblick auf die Herkunftskennzeichnung sind Änderungen in Sicht. Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir (Die Grünen), hatte bereits häufiger darauf aufmerksam gemacht, notfalls nationale Regelungen zu forcieren. Für den Fall, dass die EU-Kommission mit ihrer Entscheidung länger auf sich warten lässt.
Für unverpacktes Fleisch an Frischetheken hatte das Ministerium zuletzt einen Entwurf zur Herkunftskennzeichnung vorgelegt. Nun führt die Kommission eine Folgenabschätzung unter anderem für Milch und Fleisch durch und könnte zeitnah einen eigenen Entwurf verfassen.
Das Ministerium hofft außerdem weiterhin auf eine Ausweitung der Nährwertkennzeichnung Nutri-Score auf EU-Ebene. Die in Deutschland bereits etablierte Angabe soll demnach EU-weit vorgeschrieben werden. In Italien sieht man das offenbar anders: Dort werden aktuell gar Bußgelder für Unternehmen verhängt, die das Label verwenden. Man habe die Kommission deswegen gebeten, den Vorgang zu untersuchen, bislang allerdings keine Antwort erhalten.
Die Pläne des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft stoßen nicht überall auf Wohlwollen. So plädiert beispielsweise Peter Loosen, der Geschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland, gegenüber der "LZ": Der geplante Pflichtzusatz "Oft länger gut" zum MHD müsse freiwillig bleiben und digital erfolgen. "Eine solche Pflicht über alle Kategorien hinweg macht keinen Sinn, weil die Verbraucher eben nicht bei allen Lebensmitteln riechen, schmecken oder probieren, ob etwas noch 'gut' ist, so etwa bei TK-Produkten oder Konserven", bemängelt Loosen.