In den Sommermonaten ein ruhiges Plätzchen für den Urlaub oder einen Ausflug zu finden, ist gar nicht so einfach. Wer Lust auf ein Mikroabenteuer in Deutschland hat, bei dem die einzigen Anwesenden die Geister der Vergangenheit sind, sollte einen Lost Place besuchen. Das können beispielsweise alte Burgruinen oder ehemalige Bauwerke sein.
Doch wer einen der sogenannten Lost Places aufsucht, sollte ihn respektvoll behandeln. Nichts darf zurückgelassen (Müll!) und nichts mitgenommen werden, einige Orte sind zudem nicht ganz ungefährlich, also sollten Abenteuerlustige gut über die Gegebenheiten (zum Beispiel Einsturzgefahr, Schimmelbelastung) informiert sein und nie alleine ausschwärmen. Und: Egal, wie verlassen ein Gelände aussieht, es kann durchaus Eigentümer:innen haben. Wer sich auf eigene Faust Zugang ins Innere verschafft, begeht Hausfriedensbruch!
Die große Frage für Abenteuerlustige lautet aber: Wo finde ich Lost Places? "Der verrückteste Reiseführer Deutschlands 2" von Moritz Wollert verrät euch vergessene Orte. Wir haben einige spannende Vorschläge herausgesucht.
Diese Schlossruine ist architektonisch und historisch beeindruckend: So ist das Schloss das einzige Gebäude in Norddeutschland, dessen Fassade komplett aus Sandstein, Granit und echtem Marmor besteht. Bei Sonnenschein leuchtete und glitzerte das weiße Schloss früher im Licht. Dwasieden gehörte Adolph von Hansemann, dem schwerreichen Inhaber der größten Privatbank im deutschen Kaiserreich.
Im Schloss empfing Hansemann hochrangige Gäste, sogar Kaiser Wilhelm II. war in Dwasieden zu Gast. Ab 1930 nutzte die Stadt Sassnitz das Gebäude für Schulungszwecke der Kriegsmarine, doch die Rote Armee sprengte die Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg größtenteils. Besichtigungen muss man vorher auf der Homepage des Schlosses buchen.
Etwas für Mutige ist das Gut Lindenhof bei Kiel. Mitten im Wald steht ein kleines Hexenhäuschen. In Wahrheit ist es eine Kapelle und eines der letzten Überbleibsel des 1750 gebauten Herrensitzes Mönkeberger Hof, der später in Gut Lindenhof umbenannt wurde. Sogar der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg besuchte das Gut Lindenhof, in der lange Zeit Adelige wohnten.
Der Großteil des Anwesens wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört, heute gehört die Ruine, von der nur noch die Kapelle und das Gutshaus übrig sind, der Gemeinde. Bei schönem Wetter ist eine Wanderung durch den Wald möglich.
Eigentlich ist dieser Wald, der direkt an der Ostsee liegt, nur ein ganz normaler Wald. Doch die geraden, eng stehenden Bäume, die bei schlechtem Wetter im Wind aneinander peitschen, haben durchaus etwas Gruseliges an sich. Wegen dieser Bäume, die stolz auf einer Steilklippe thronen und "Windflüchter" genannt werden, heißt diese Küstenregion "Gespensterwald Nienhagen".
Tagsüber kann man schöne Wanderungen unternehmen und sich abends wie im Gruselfilm fühlen. Mitten im Wald wartet außerdem noch eine weitere Sehenswürdigkeit auf die Wandernden. Ein Gebäudekomplex der Nationalen Volksarmee, der früher als Gästehaus für prominente Staatsgäste genutzt wurde. Obwohl das Gebäude ein "Lost Place ist", findet man auf dem Gelände noch Zeugnisse aus der DDR-Zeit. Zum Beispiel eiserne Steigbügel an den Bäumen, die wohl zur Überwachung von Gästen benutzt wurden.
Die Beelitz-Heilstätten sind heute eine der bekanntesten Lost Places in Deutschland. Selbst als Ruine strahlt die herrschaftliche Innenarchitektur noch die Grandezza vergangener Tage aus. Erbaut wurde der Ort 1898 als Lungenklinik zur Bekämpfung der Tuberkulose.
Einige Jahre später wurde der Bau zu einem der weltweit größten Sanatorien mit 1200 Betten. Die ehemalige Klinik kann auf eine Reihe illustrer Patienten zurückblicken: Adolf Hitler lag 1916 hier nach einer Kriegsverletzung im Ersten Weltkrieg.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude als sowjetisches Krankenhaus genutzt, in dem auch Wladimir Putin als KGB-Offizier zur Kur weilte. Erich Honecker versteckte sich nach der Entmachtung in der Anlage. Nach einer Führung oder Foto-Tour durch die Anlage lohnt sich außerdem noch ein Ausflug zum Baumkronenpfad, um das Gelände von oben zu bestaunen.
Die Bunkerstadt Wünsdorf liegt im Süden Berlins. Ihre Spitznamen sind "Klein-Moskau" oder "verbotene Stadt", denn für Bürger:innen war das Areal verboten. Über Jahrzehnte fuhr von hier täglich ein Direktzug ins gut 1800 Kilometer entfernte Moskau.
Die Kasernenanlage ist eine eigene kleine Stadt und wurde lange Zeit von Preußen und der Wehrmacht für die Ausbildung von Offizieren genutzt. Bis zu 60.000 russische Soldaten waren während der Sowjetzeit hier stationiert. In Wünsdorf kann man auf 200 Hektar tolle Führungen oder Foto-Touren buchen, denn im Areal gibt es ein altes Schwimmbad, sowjetische Reliefs und das prächtige "Haus der Offiziere" zu bestaunen.
Nicht nur Michael Jackson oder Pablo Escobar erbauten in ihrem Wahn eigene Zoos, auch in Tübingen gibt es die Ruine eines ehemaligen Privatzoos zu bestaunen.
Eugen Mannheim kaufte sich hier 1906 im Wald am Spitzberg oberhalb des Neckartals ein Privatgrundstück und errichtete seinen eigenen Zoo. Sein Traum währte nicht lang: Wegen des Ersten Weltkriegs wurde der Zoo 1919 wieder geschlossen. Auch heute noch sind dort Überreste von Käfigen und Gehegen zu besichtigen.
In der ehemaligen Glasschleife sehen die Räumlichkeiten, die Maschinen und die Werkzeuge so aus, als wäre die Zeit stehengeblieben. Auf jeder Oberfläche liegt Eisenoxid wie roter Schnee und die Atmosphäre ist mystisch. Die Glasschleife schloss 1954 im Zuge der Industrialisierung durch eine Modernisierung. Zugang bekommst du nur mit einer Führung oder einer Foto-Tour.
Wer seine Kinder zu einer Wanderung überreden will, sollte in dieses Naturschutzgebiet bei Aachen fahren. Im Brander Wald erwarten die Naturliebhaber:innen nämlich nicht nur Tümpel, Heidelandschaft, seltene Pflanzen und vielfältige Baumarten, sondern auch: Panzer. Da die Bundeswehr diese vier Panzer noch als Übungsziele der Bundeswehr nutzt, kann man sie nur am Wochenende oder unter der Woche ab 17 Uhr ansehen.
"Hessisches Atlantis" wird die Region rund um den Edersee gerne in Anlehnung an die sagenumwobene Mythenstadt unter dem Meer genannt. Denn hier kannst du bei Niedrigwasser auf dem Grund eines Sees wandern, Dörfer bestaunen und sogar über eine monatelang überflutete Brücke gehen.
Vor über 100 Jahren wurde die Edertalsperre gebaut, um die Schifffahrt auf der Weser und dem Mittellandkanal in den Sommermonaten sicherzustellen. Dafür mussten jedoch die Dörfer Asel, Berich und Bringhausen umgesiedelt werden.
Wandern mal anders: Im Erzgebirge kannst du in einer ehemaligen Rennrodelbahn entlangspazieren. Bis zum Niedergang der DDR wurde dort Wintersport betrieben, nun holt sie sich die Natur zurück. Entlang der 1087 Meter langen, überwucherten Strecke kann man schön spazieren. Jedoch sollte man aufpassen, da viele Mountainbiker die Rodelstrecke als rasante Abfahrt benutzen. In diesem Fall bietet auch der unmittelbare Wanderweg eine idyllische Alternative, bei der man konstant neben einem individuellen Lost Place herwandern kann.