Wohl alle Sterneköch:innen träumen davon, eines Tages einen Michelin-Stern für sein Restaurant einsammeln zu können. Die Auszeichnung des französischen Reifenherstellers hat seit ihrer Erfindung erheblich an Popularität hinzugewonnen und gilt bis heute als die Prämierung schlechthin für das gastronomische Lebenswerk.
Mit besonders vielen dieser Ehrungen kann sich neben Japan und Frankreich vor allem Italien schmücken, das Mutterland von Pizza, Pasta und kulinarischer Tradition. Eines der mehr als 300 Michelin-Restaurants in Italien geht nun allerdings eine Tradition an, dessen Bruch für die meisten Landsleute gewissermaßen ein Sakrileg darstellt.
Die Pizzeria Sorbillo wurde bereits 1935 gegründet, in Neapel hat sie seitdem einen Stammplatz auf der Straße Via dei Tribunali, die gerne auch als "Via della Pizza Napoletana" bezeichnet wird. Mittlerweile hat das Familienunternehmen bis nach New York expandiert, der Name ist bei Tourist:innen und Promis aus aller Welt bekannt.
Die moderneren Unternehmensideen bei Sorbillo stammen von Gino, dem jüngsten Erben der traditionellen Pizzabäcker-Familie. Die neueste seiner Ideen umfasst nun die Erweiterung der Speisekarte um die sogenannte "Pizza con Ananas".
Während Pizza mit Ananas wohl schon allgemein gespaltene Gefühle auslöst, gilt sie in Italien als kulinarisches No-Go. Zahlreiche Memes vergleichen die Pizza Hawaii zynisch mit einer italienischen Foltermethode, eine italienische Pizzeria in München bietet sie seit Kurzem ironisch für einen Stückpreis von 100 Euro an, frei nach dem Motto: "Kannste schon haben, kostet aber extra".
Doch Gino Sorbillo bietet in seinen Restaurants eben keine standardisierte Pizza Hawaii an. Seine Variante bleibt traditionell mit dickem Teigrand, belegt wird sie mit gerösteter Ananas, Mozzarella und Fleisch von der Schweinekeule.
"Leute, rastet nicht aus. Ich hänge an der Tradition", erklärt Gino in einem Video auf Social Media, das ihn beim Geschmackstest seiner neuen Kreation zeigt. Sein Urteil: "ragazzi, bueno!"
Doch auf Social Media sind nicht alle so begeistert wie der Restaurantchef selbst. "Sie sollten Ihren Ofen für immer abschalten! Eine Beleidigung der neapolitanischen Pizza", kommentiert etwa ein Nutzer auf Tiktok. "Jetzt hast du es dir verspielt", urteilt ein weiterer Italiener unter dem Video.
Zwar finden sich auch einige versöhnliche Statements in den Kommentaren, in denen sich Kund:innen etwas offener gegenüber Veränderungen zeigen. "Ich bin nicht verrückt danach, aber gut ist sie", fasst ein Nutzer zusammen, der die Pizza Hawaii demnach zunächst in den USA probiert hat.
Noch vor wenigen Jahren verwehrte sich auch Gino Sorbillo selbst gegenüber moderneren Pizzakreationen. Er war es schließlich, der für die Aufnahme der "Kunst des neapolitanischen Pizzabäckers" ins UNESCO-Welterbe sorgte. Doch auch Sorbillo dürfte erkannt haben, dass für die Popularität eines Restaurants heute eben mehr zählt als ein Michelin-Stern.