Am Mittwochabend startet das alljährliche islamische Opferfest (Eid al-Adha), das höchste Fest des Islam. Dabei erinnern Muslim:innen auf der ganzen Welt vom 28. Juni bis zum Abend des 2. Juli an Abraham (islam.: Ibrahim). Er gilt als gemeinsamer Stammvater von muslimischen, jüdischen und christlichen Gläubigen. Dabei geht es um Werte wie Hilfsbereitschaft und Freundschaft. In vielen Familien wird in diesem Rahmen traditionell ein Tier geschlachtet. Und: Das Fest ist auch der Höhepunkt der jährlichen Pilgerfahrt nach Mekka.
Warum genau wird gefeiert? Wie läuft das Fest ab? Und warum gibt es auch Kritik? Watson hat die wichtigsten Fragen und Antworten zum höchsten Fest des Islam zusammengetragen.
Die Geschichte hinter dem Opferfest war und ist prägend für drei Weltreligionen: den Islam, das Christentum und das Judentum. Es ist eine Geschichte, die von Abraham handelt. Gott will dessen Treue testen, weshalb Abraham seinen Sohn Ismail opfern soll. Doch Gott hindert den Mann im letzten Moment an dem Vorhaben, indem er ein Schaf sendet. Abraham opfert Gott daraufhin das Tier. Die Geschichte ist nicht nur im Koran, sondern auch in der Bibel und in der Tora überliefert.
Für den Propheten Mohammed war sie so zentral, dass er die Gläubigen dazu aufforderte, das Fest alljährlich zu wiederholen. Bis heute begehen Millionen Menschen weltweit 70 Tage nach Ramadan, genauer nach dem Fastenbrechen, das höchste Fest des Islam. Im arabischen Raum heißt es Eid ul-Adha oder Eid al-Adha, in der Türkei Kurban Bayrami.
Das islamische Opferfest dauert vier Tage und bildet den Höhepunkt der Haddsch, der Wallfahrt nach Mekka. Somit ist es der Höhepunkt des Pilgermonats. Dazu werden weltweit Tiere geschlachtet, einem strengen Ritus folgend. Die Nächstenliebe steht bei der Verwertung der Tiere hier laut Religion im Vordergrund. So stehen vor allem wohlhabende Gläubige in der Verantwortung. Sie sollen dem Ritus zufolge ein Drittel des Opfertieres an Bedürftige, ein Drittel an Nachbarn und ein weiteres Drittel an Familienangehörige geben. Außerdem beten Gläubige zum Opferfest gemeinsam in der Moschee.
Anschließend wird gefeiert: Gemeinsam mit Verwandten und Bekannten beim gemeinsamen Essen und Trinken. Auch Geschenke gibt es beim höchsten Fest des Islam.
Zur Begrüßung wünscht man sich gegenseitig ein gesegnetes Opferfest, mit den Worten "Kurban Bayramin kutlu olsun". Zu Eid al-Adha wünscht man auf Arabisch "Īd mubārak". Das bedeutet übersetzt "gesegnetes Fest". Nach dem gemeinsamen Essen wünscht man den Gastgebenden traditionell, dass Allah das Tieropfer akzeptiert ("Allah kabul etsin").
Das Schlachttier ist meistens ein Schaf, grundsätzlich können dabei aber auch andere Tiere geschlachtet werden, etwa Ziegen, Rinder oder Kamele. Dafür gibt es strenge Regeln und Auflagen. So darf demnach etwa nur der älteste Mann in der Familie schlachten. In Deutschland wird dies jedoch meist Expert:innen überlassen, die aufgrund ihrer Religionsausübung dazu auch juristisch berechtigt sind.
Bei dem Ritual werden dem Tier die Augen verbunden. Dann wird es so positioniert, dass sein Kopf in Richtung Mekka zeigt. Nach der Durchtrennung der Hauptschlagader des Tieres wird es dann an den Hinterbeinen aufgehängt, sodass es ausbluten kann. Eine Betäubung für das Tier gibt es nicht.
Das Ritual ist umstritten. Besonders junge Gläubige kritisieren zunehmend den Ablauf des Opferfestes. Kern der Kritik: Die unnötige finanzielle Belastung der Familien durch den Kauf der Opfertiere, die steigenden Preise der Tiere sowie die unnötigen Tötungen. Sie äußern etwa die Überzeugung, dass es nicht im Sinne des Islam sei, Tiere zu quälen und zu töten. Auch die Praxis des Schächtens wird zunehmend kritisiert und hinterfragt.
Ein Wandel ist seit Jahren im Gange.
So wird in Deutschland die Einhaltung der Rituale in vielen Familien nicht mehr so eng gesehen. Auch in muslimisch geprägten Ländern stellen zunehmend junge Gläubige den Ablauf infrage. "Nach den Feiertagen werfen viele die blutigen Felle und andere Reste der Tiere einfach auf die Straße. Dieses alljährliche Massaker traumatisiert mich seit meiner Kindheit", zitierte etwa die "Süddeutsche Zeitung" eine Medizinstudentin aus Tunis, Anfang 20. Zwar freue sie sich darauf, die gesamte Familie zu treffen. Die unnötige Schlachtung vor den Augen der Kinder nerve sie aber, ebenso wie der Krach zwischen den Generationen über die unterschiedlichen Lebensmodelle.