In Deutschland steigt diese Woche das Thermometer wieder auf Werte um die 30 Grad und damit auch das Gewitterrisiko. Obwohl Blitzeinschläge in Deutschland aufgrund der Niederschlagsrückgänge im letzten Jahr laut Siemens Blitzatlas 2022 um gut die Hälfte zurückgegangen sind, wurden am Wochenende gleich mehrere Menschen in Baden-Württemberg von Blitzen getroffen – und dabei lebensgefährlich verletzt.
Beim Einschlag eines Blitzes im Landkreis Esslingen ist ein 35-jähriger Mann ums Leben gekommen. Zwei weitere Menschen, eine 43-jährige Frau und ein Elfjähriger sind ebenfalls schwer verletzt worden. Die drei Menschen hatten unter einem Baum Schutz vor einem Gewitter gesucht, als der Blitz in diesen einschlug.
Wie man sich drinnen und draußen richtig verhalten sollte, und was eher in den Bereich der Gewitter-Mythen gehört, das hat watson im Folgenden für dich zusammengetragen.
Hörst du ein Donnergrollen in der Ferne, ist das Gewitter nicht mehr weit weg – noch etwa 18 Kilometer. Dies ist ein guter Zeitpunkt, sich nach Schutz umzusehen oder diesen aufzusuchen. Denn das Gewitter kann sich schnell zu deinem Standort bewegen.
Ab einer Entfernung von etwa fünf Kilometern besteht für dich konkrete Gefahr. Das heißt, wenn etwa 15 Sekunden zwischen Blitz und Donner liegen.
Die zugrundeliegende Formel lautet: Sekunden zwischen Blitz und Donner ÷ 3 = Entfernung des Gewitters in Kilometern.
Ein Beispiel: Du zählst zwölf Sekunden zwischen Blitz und Donnerknall. Geteilt durch die Zahl drei ergibt das vier (als Formel: 12 ÷ 3 = 4). Das Gewitter ist nur noch vier Kilometer entfernt und damit gefährlich nahe – der nächste Blitz könnte dich treffen.
Wie man an den traurigen Vorfällen in Baden-Württemberg sieht, kann es fatal sein, sich bei Gewitter unter einen Baum zu retten. Denn wenn der Blitz in den Stamm einschlägt, kann der Blitz auf Personen oder auch Gegenstände in der Nähe überspringen, im Extremfall über mehrere Meter. Es könnten zudem Äste oder andere Teile des Baumes abgesprengt werden und dich treffen.
Besonders gefährdet für Blitzeinschläge sind alleinstehende Bäume, was aber im Umkehrschluss nicht bedeutet, dass man im Wald sicherer ist. Im Inneren eines Waldes mit gleichmäßig hohem Baumbestand ist die Gefahr eines Blitzeinschlags zwar geringer, dennoch raten die Fachleute vom Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) zu einem Abstand von mindestens zehn Metern zu allen Bäumen und Ästen.
Der alte Spruch "Eichen sollst du weichen, aber Buchen sollst du suchen!" stimmt im Übrigen nicht. Der Blitz schlägt in alle Baum- oder Holzarten ein. Ein Blitzeinschlag in Eichen könnte zwar tatsächlich besonders gefährlich sein, da deren Stamm einen vergleichsweise hohen Wassergehalt aufweist und Wasser Elektrizität gut leitet. Bewiesen ist diese Theorie aber nicht. Sicherer ist es, Bäume bei Gewitter im Allgemeinen zu meiden.
Umgekehrt verhält es sich mit Metallmasten, beispielsweise von Stromleitungen. Wer sich in ihrer Nähe aufhält, ist vor direktem Blitzeinschlag sicher. Ideal sind Masten ab drei Metern Höhe und mit einem Meter Abstand zu dir selbst.
Auch wenn man in der Nähe von Metallmasten vor Blitzen sicher ist, berühren sollte man diese während eines Gewitters nicht. Metall leitet Elektrizität besonders gut, daher Finger weg von Zäunen, Gittern oder Antennen, sonst drohen massive Verbrennungen.
Der Blitz schlägt meist in den jeweils höchsten Punkt ein. Auf einer freien Fläche wie Feld oder Wiese ohne höheren Bewuchs stellt der Mensch möglicherweise die höchste Erhebung dar. Darum solltest du bei Gewitter flache und freie Flächen möglichst verlassen, oder dir eine Kuhle oder Bodensenke suchen, um nicht selbst die höchste Stelle darzustellen.
Gefährlich im Freien ist nicht nur der Blitz, der einen direkt trifft, sondern auch der Einschlag in den Boden – auch hier wird der Strom weitergeleitet. Bis etwa 30 Meter rund um den Einschlagspunkt eines Blitzes ist es gefährlich, in felsigen Gebieten auch noch in größeren Abständen.
Mehrere Personen, die zusammen im Gewitter unterwegs sind, sollten zudem besser Abstand voneinander halten, damit der Blitz nicht überspringen kann.
Wer bei Gewitter draußen ist, sollte sich nie flach auf den Boden legen, sondern immer in die Hocke gehen und die Beine möglichst dicht zusammenstellen. Denn es besteht stets Gefahr durch die sogenannte "Schrittspannung". Das ist elektrische Spannung, die nach einem Einschlag in der Nähe zwischen zwei eng zusammenstehenden Punkten mit unterschiedlich hoher Ladungskonzentration, also deinen Füßen, entstehen kann.
Schlägt der Blitz in den Boden oder Gegenstände ein, breitet sich die Spannung rund um die Einschlagstelle kreisförmig und mit starkem Spannungsabfall aus. Da kann auch eine Schrittlänge bereits einen hohen Spannungsunterschied bedeuten. Gleichstrom, wie bei einem Blitzeinschlag, fließt immer in Richtung der niedrigeren Ladungskonzentration – in diesem Fall durch deinen Körper von einem Fuß zum anderen.
... sondern lieber weghüpfen. Was kurios klingt, hat einen physikalischen Hintergrund, der ebenfalls mit der bereits erwähnten Schrittspannung zu tun hat: Stehen deine Füße, weil du gerade einen Schritt machst oder läufst, auseinander, dann besteht zwischen ihnen ein Spannungsunterschied und der Strom kann durch den Körper fließen. Experten raten daher, sich mit geschlossenen Beinen hüpfend aus einem Gewitter zu entfernen (wenn es denn unbedingt sein muss).
Aus dem oben erwähnten Grund ist auch der Aufenthalt im Wasser bei Gewitter so gefährlich: Um die Einschlagstelle eines Blitzes herum herrscht kreisförmig ein starker Spannungsabfall, und ein im Wasser langgestreckter Körper weist so hohe Spannungsunterschiede auf, dass der Strom hindurchfließt. Dies kann zu schweren Verletzungen wie Verbrennungen oder gar zum Herzstillstand führen.
Den besten Schutz vor Gewittern bieten Gebäude mit Blitzableitern oder Autos, da diese aufgrund ihres Metallrahmens einen sogenannten Faraday'schen Käfig darstellen. Bei einem Blitzeinschlag fließt die Elektrizität über den metallenen Rahmen ab. Diesen sollte man aber natürlich nicht berühren.
Überdachungen mit metallenen Konstruktionen wie Wartehäuschen oder überstehende Dächer von Gebäuden können Schutz bieten. In offenen Unterständen solltest du dich in der Mitte der offenen Seite, möglichst weit entfernt von den Wänden, aufhalten.
In Hütten oder Scheunen aus Holz besteht Lebensgefahr – in diesem Fall besser draußen das Gewitter abwarten! In Steinhütten ohne Blitzableiter sollte man laut VDE in der Mitte des Gebäudes mit geschlossenen Füßen in die Hocke gehen.
In Gebäuden mit Blitzschutzsystemen, wie es in Neubauten der Fall ist, besteht für Mensch, Tier und Technik laut VDE prinzipiell keine Gefahr.
In Gebäuden ohne Blitzschutzsystem oder Überspannungsschutz, wie es bei Altbauten der Fall sein kann, können aber auch weiter entfernte Blitzschläge hohe Spannungen in Leitungen verursachen. Ziehe daher bei aufkommendem Gewitter alle Stecker der Stromversorgung, Antennen-, Internet-, Telefonleitung und so weiter.
Es sollten zudem in Gebäuden ohne Blitzschutz diese Verhaltensregeln eingehalten werden: