YouTuber gibt es wie Sand am Meer. Die meisten von ihnen bringen einfach nur brav ihren unterhaltsamen Content heraus und schaffen mit ihrem Kanal eine positive Plattform für Gleichgesinnte und Fans. Einige wenige interessiert das nicht. Aktuell scheint es davon jedoch exponentiell viele zu geben. Die Prügelei am Alexanderplatz in Berlin schaffte es in die Schlagzeilen, PewDiePie wird des Antisemitismus beschuldigt und Logan Paul hat schon wieder den nächsten Shitstorm ausgelöst.
Doch auch in der Vergangenheit hat die Video-Plattform einige faule Früchte getragen. Wir schauen uns die größten Skandale noch einmal genauer an. Was war beispielsweise damals los, als ein Content-Creator tragischer Weise durch einen Schuss in die Brust starb, obwohl er mit seiner Freundin "bloß" ein virales Video drehen wollte? Tun YouTuber wirklich alles für einen Klick? Die Antwort ist ernüchternd.
"We found a dead body in the Japanese Suicide Forest..." So begann Logan Paul das Jahr 2018 auf seinem YouTube-Kanal. Der Shitstorm kam schnell und berechtigt, denn in dem mittlerweile gelöschten Video machte er sich über den in Japan berüchtigten Wald und dessen Opfer lustig. Dabei filmte er sogar den Leichnam eines Mannes, der sich offenbar erhängt hatte. Nach etwa 6 Millionen Klicks war der Spuk vorbei und das Video wurde offline genommen. Eine halbherzige Entschuldigung kam zwar, generierte aber nicht im Ansatz so viel mediale Aufmerksamkeit wie das Original.
Im März 2019 kam dann schon der nächste Shitstorm, denn der Amerikaner wollte sich einer Challenge stellen, die er selbst erfunden hatte: "Male-only-March". Nach einem veganen Januar ohne Alkohol und dem "Fatal Febuary" mit umso mehr von beidem wollte der während des dritten Monats des Jahres schwul leben. Wie auch immer das gemeint war ...
Und noch ein Skandal hat Paul gerade an der Backe: Sein neuester Film "FLAT EARTH: To The Edge And Back" ist am 20. März erschienen. Aufhänger ist die Theorie, die Erde sei eine Scheibe. Besonders in den USA wächst die Community, die das tatsächlich glaubt, aktuell rasant an. "Flat Earth Christians" nennt sich ein religiöser Teil dieser Anhänger. Am Ende des als Dokumentation vermarkteten Videos stellt sich aber heraus, dass Pauls Film eher eine Parodie ist und er nicht wirklich diesen Quatsch glaubt. Und doch stellt sich die Frage: Macht er das alles nur für die Klicks?
Lori Loughlins Tochter Olivia Jade kannten bis vor wenigen Wochen nur ihre Fans. Wegen des USC-Universitäts-Betrugs-Skandals, in den neben der "Full House"-Darstellerin noch weitere Hollywood-Stars beschuldigt wurden, ihre Kinder in die Uni eingekauft zu haben, ist Jades Popularität zwar gestiegen, jedoch nicht unbedingt im positiven Sinne. Mittlerweile hat die YouTuberin jene Uni verlassen, in die ihre Eltern sie hineingekauft haben sollen.
Ihren Kanal gibt es weiterhin, nur die Sponsoren sind futsch und ihre Fans (oder Kritiker) können weder unter den bestehenden Videos, noch unter den Fotos auf dem Instagram-Kanal der Amerikanerin Kommentare hinterlassen, was im Zuge der kurzweiligen Verhaftung ihrer Mutter verständlich erscheint. Ob sie weiterhin Inhalte produzieren wird, wird die Zukunft zeigen. Das Verfahren gegen die Angeklagten soll Ende März weitergehen.
Eigentlich dreht Shane Dawson Parodien zu Musikvideos oder kollaboriert mit anderen YouTube-Stars für kurze Sketches – der ganz normale Content-Wahnsinn also. Doch gerade befindet er sich in Erklärungsnot, denn wegen eines Skandals verliert der Amerikaner seit einigen Tagen ziemlich viele Abonnenten. "Ich habe meine Katze nicht gefickt." Mit diesen Worten versucht Comedian Shane Dawson einen aktuell auf ihn einprasselnden Shitstorm zu beenden.
Seinen Ursprung hat diese kuriose Geschichte im Jahr 2015. In einer seiner Podcast-Folgen erlaubte sich Dawson damals, wie er selbst sagt, einen Scherz als er über angebliche Sexpraktiken mit seinem Haustier sprach. Alles nur Spaß, beteuert er heute. "Die Geschichte ist fake und war nichts weiter, als eine dumme Sketch-Idee, die ich (ZUM GLÜCK) nie umgesetzt habe", beteuert er heute. Selbst PewDiePie (zu dem gleich mehr) machte ein Video zum Katzen-Skandal.
Nicht wirklich ein Skandal, sondern eher eine Verschwörungstheorie ist dieser sehr bizarre Fall um die Vloggerin Marina aus England. Nachdem ihre Fans Veränderung im Verhalten der Beauty-Influencerin bemerkten und sogar gesehen haben wollen, wie sie "helft mir" in die Kamera gesagt haben soll, gingen viele von einer Entführung der damals 19-Jährigen aus. Die Hysterie wuchs über die nächsten Monate an, nachdem ihre Community den Hashtag #SafeMarinaJoyce in Umlauf gebracht hatte.
Joyce selbst schwieg vorerst zu dem Thema und veröffentlichte erst ein Jahr später ein Statement, in dem sie erklärte, ihre mentale Verfassung hätte sie zuvor daran gehindert, sich früher zu den Vorwürfen zu äußern. Aufgrund ihrer Depression sei sie nicht "im richtigen Mindset" gewesen, die Vorwürfe zu thematisieren. In einem "Dear Haters"-Video aus dem November 2018 erfahren ihre Fans endlich mehr Details. So sagte die mittlerweile 22-Jährige darin, dass sie "tatsächlich in Gefahr" gewesen sei, es ihr heute aber "viel besser" ginge – unter anderem dank Mediation und dem Support ihrer Familie. Joyce macht immer noch Videos. Vergleicht man heutigen Content mit dem aus 2016 wird deutlich, dass es ihr tatsächlich besser zu gehen scheint und trotzdem schreiben Fans regelmäßig besorgte Kommentare unter ihre Uploads.
Sommer 2017: Monalisa Perez und ihr damaliger Freund Pedro Ruiz vloggen ohne richtigen Erfolg auf der Video-Plattform. Dem jungen Mann kommt eine Idee, wie die Eltern zweier Kinder ihre Community vergrößern könnten. Seine Freundin soll auf ihn schießen. Mit einer echten Pistole. Passieren würde Ruiz dabei nichts, denn eine dicke Enzyklopädie soll die Kugel abwehren. So lautet zumindest der Plan, den sie auf Twitter ankündigen. "Ich und Pedro werden das wohl gefährlichste Video ever drehen. Das war SEINE Idee, nicht MEINE!", schreibt Perez. Tragischer Weise geht der Schuss durch das Buch hindurch und tötet den jungen Mann.
Nachdem die Amerikanerin sich im Dezember 2017 des Totschlags im minder schweren Fall schuldig bekannt hatte und eine halbjährige Haftstrafe abgesessen hatte, dreht sie heute wieder Videos auf einem neuen Kanal.
Sam Pepper hat es tatsächlich geschafft, mehr Skandale loszutreten als Logan Paul. 2014 lud er ein Video hoch, in dem er Frauen auf offener Straße mit einer dritten Hand aus Plastik sexuell nötigte. Haha, sehr witzig. Zwar stellte sich später heraus, dass seine Opfer eingeweiht waren und das Video gestellt war, doch erst als der Shitstorm astronomische Ausmaße annahm, klärte er die Sache auf.
Nur ein Jahr später fake-kidnappte der heute 28-Jährige seinen YouTube-Kumpel Sam Golbach, fuhr mit ihn im Kofferraum seines Autos auf ein Dach und zwang ihn dazu, dabei zuzusehen, wie er eine Waffe auf einen gemeinsamen Freund richtete. Goldbach brach in Tränen aus und wirkte merklich verstört, lange nachdem er über den "Spaß" aufgeklärt wurde. Über Humor lässt sich ja bekanntlich streiten aber irgendwo muss Schluss sein! Spätestens hier. Nach einem kläglichen Versuch, mit Hilfe einer GoFundMe-Kampagne 1,5 Millionen Dollar einzunehmen mit dem Versprechen, dann keinen Content mehr zu produzieren, macht Pepper heute tägliche Livestreams für seine rund 300.000 Abonnenten.
Neue Abonnenten braucht Felix Kjellberg aka PewDiePie aka der erfolgreichste YouTuber aller Zeiten nun wirklich nicht. Die aktuell 90 Millionen reichen ihm sicherlich vorerst. Gestratet hatte sein Kanal als Gamer-Channel, heute rappt der 29-Jährige manchmal und produziert Content zu allem, was sonst noch trendet. Aktuell ist er in den Schlagzeilen, weil der Attentäter von Christchurch ihn in seinem Manifesto erwähnt hatte und es ist nicht das erste Mal, dass der Schwede der Fremden, Frauenfreindlichkeit, Homophobie und des Antisemitismus beschuldigt wird.
Im Jahr 2017 postete er nämlich selbst ein Video, in dem zwei von ihm engagierte und bezahlte Schauspielerinnen im Hintergrund ein Schild auf dem "Death to all Jews" ("Tod allen Juden") hochhielten. Ende vergangenen Jahres nannte er eine NBC-Moderatorin eine "Memme und Idiotin", weil sie die fehlende Anwesenheit weiblicher Videoproduzentinnen auf der aktuellen Forbes-Liste der erfolgreichsten YouTubern angesprochen hatte. Außerdem soll er seinen Abonnenten des öfteren antisemitische und sogar neonazi-propagierende Kanäle empfohlen haben. Zuletzt hatte sogar der Attentäter von Christchurch dazu aufgerufen, den Kanal des Schwedens zu folgen. Dieser äußerste sich dazu wie folgt: "Es macht mich krank, dass mein Name von jemandem wie ihm, ausgesprochen wird."
Ein Beispiel zum Schluss, das der Beginn aller YouTube-Kontroversen. Im Jahr 2006, als die Nischen-Plattform YouTube gerade seinen ersten Geburtstag feierte, postete Bree als LonelyGirl15 den ersten viralen Vlog, in dem sie über den alltäglichen Wahnsinn eines Teenagers sprach. Das Problem? Bree heißt in Wirklichkeit Jessica Rose und wurde als 19-Jährige direkt nach der Schauspielschule von drei Produzenten eingestellt, um sich als einsames Mädchen auszugeben.
Voilà, der erste YouTube-Streich war geboren und eine Debatte darüber, was im Netz wirklich echt ist und wie naiv Zuschauer sind, entfachte, dessen Ende bis heute nicht in Sicht ist. 2016 veröffentlichte der stets aktive Kanal ein neues Video mit der mittlerweile erwachsenden Frau, das sich schwer zusammenfassen lässt, aber seht am besten selbst.