As Folge des Krieges von Russland gegen die Ukraine wird die Internationale Energieagentur (IEA) Rohölreserven freigeben, um Angebotsengpässe an den Märkten der Industriestaaten abzumildern. Insgesamt werden die 31 IEA-Mitgliedsländer dafür 60 Millionen Barrel Rohöl freigeben, wie es in einer am Dienstag in Paris veröffentlichten Mitteilung heißt.
Die Minister der IEA-Mitglieder zeigten sich bei einem außerordentlichen Treffen besorgt über die Auswirkungen der "ungeheuerlichen Aktionen" Russlands auf die Energiesicherheit. Man unterstütze die Sanktionen der internationale Gemeinschaft gegen Russland. Die IEA-Mitglieder verfügen den Angaben nach über Notfallreserven in Höhe von 1.5 Milliarden Barrel. Freigegeben werden also nur vier Prozent. Die Ölpreise reagierten zunächst kaum auf die Entscheidung. Es ist erst das vierte Mal, dass Reserven koordiniert freigegeben werden – zuletzt im Jahr 1991, während des Krieges im Irak.
Vizekanzler Robert Habeck verwies am Rande eines Besuchs in Washington darauf, dass die nationale Ölreserve in Deutschland geschaffen worden sei, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen "und dass sie nicht dazu geschaffen wurde, Preissignale auszusenden." Dennoch hätten hohe Preise auch eine negative Wirkung auf die Wirtschaft, daher sei die Frage nach Gegenmaßnahmen begründet. Dabei könnten aber nur "kleine Bestandteile" der nationalen Ölreserve zum Einsatz kommen, sagte Habeck weiter. "Ich sehe vor allem, dass diese Reserve dazu da ist, dass wir in Deutschland sicherstellen, dass - sollte eine Lieferkette reißen – wir genug Öl im Land haben."
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, teilte mit, im Rahmen der IEA-Vereinbarung werde US-Präsident Joe Biden das Energieministerium ermächtigen, 30 Millionen Barrel aus der strategischen Erdölreserve der USA freizugeben. Man sei bereit, alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um Störungen bei der weltweiten Energieversorgung infolge des vom russischen Präsidenten Wladimir Putin angeordneten Angriffs auf die Ukraine zu begrenzen.
Der Preis für Erdgas hat in Europa angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und der Wirtschaftssanktionen gegen Moskau ein neues Rekordhoch erreicht. Am Mittwoch wurde am wichtigen niederländischen Handelspunkt TTF eine Megawattstunde für 194,715 Euro gehandelt. Zuvor war wegen zunehmender Befürchtungen vor den negativen Folgen auf die Energieversorgung bereits der Ölpreis in die Höhe geschnellt.
Der Ukraine-Krieg heizt damit die Debatten über eine energiepolitische Neuausrichtung an. Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Gaspreis in den vergangenen Monaten deutlich zugelegt, was auch in Deutschland die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher und die Inflationsrate in die Höhe getrieben hatte. Ende 2021 lag der Preis beispielsweise bei rund 148 Euro je Megawattstunde. Zum Vergleich: Im langjährigen Mittel bewegte er sich laut Vergleichsportalen zwischen zehn und 25 Euro.
(mcm dpa-afxp)