Schon wieder ist eine neue Studie zum globalen CO2-Ausstoß veröffentlicht worden. Und schon wieder macht sie alles andere als Mut, dass wir die Klimakrise noch in den Griff kriegen können – so lange die weltweiten Klimaschutzbemühungen auf demselben Level bleiben wie bisher.
Es handelt sich dabei um den neuesten Bericht des "Global Carbon Projects". Und der zeigt klar: Trotz abgemachter internationaler Klimaschutzgesetze der letzten Jahre bleiben die globalen CO2-Emissionen auf einem Rekordniveau. Die Welt verbrennt mehr fossile Brennstoffe als je zuvor. Der Bericht macht deutlich, wie wenig Zeit noch bleibt, um die schlimmsten Folgen der Klimaerwärmung abzuwenden. Und er legt offen, welche Länder sich dringend umstellen müssen.
Vorgestellt wurden die Forschungsergebnisse diese Woche auf der Weltklimakonferenz in Scharm El-Scheich, Ägypten. Hier haben sich Forschende, Politiker:innen und Unternehmen aus über 190 Staaten versammelt, um Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen, die die Klimakrise noch irgendwie abmildern sollen. Doch ist das überhaupt noch realistisch schaffbar?
Eigentlich hatten sich alle Länder 2015 beim Pariser Klimaabkommen darauf geeinigt, die Erwärmung auf gut unter zwei Grad zu beschränken – und seitdem viele Absichtserklärungen verabschiedet, um die Emissionen zu reduzieren. "Insgesamt reichen die bisherigen Absichtserklärungen nicht aus, um die Erderwärmung von 1,5 Grad nicht zu überschreiten", stellt Judith Hauck, eine der Leitautor:innen des "Global Carbon Projects" auf Nachfrage von watson klar. Das zeige nun der Global Carbon Budget-Report von 2022 schwarz auf weiß.
Denn laut dem Bericht belaufen sich die globalen Gesamtemissionen aus Landnutzung und Verbrennung fossiler Brennstoffe in diesem Jahr auf 40,6 Milliarden Tonnen. Was nur wenig niedriger als der bislang höchste Wert aus dem Jahr 2019 mit 40,9 Milliarden Tonnen ausgestoßenen Treibhausgasen ist.
Von dieser riesigen Menge bildet China mit 32 Prozent der global ausgestoßenen Treibhausgase die dreckige Spitze im internationalen Vergleich, gefolgt von den USA, die für vierzehn Prozent der globalen Emissionen verantwortlich waren. Mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte bleiben sie aber auch weiterhin das Land mit der insgesamt höchsten CO2-Last.
Den dritten Platz teilt sich die Europäische Union mit Indien, wobei beide Länder jeweils acht Prozent der globalen Emissionen verursacht haben. "Auch bei den Pro-Kopf-Emissionen liegen die US-Amerikaner vor Russen, Japanern, Chinesen und Bewohnern der EU", ergänzt Hauck auf Nachfrage von watson. Was kein Lob für uns in Deutschland bedeutet: Denn in Relation gesetzt, kommt Indien deutlich sauberer beim CO2-Vergleich davon: "Die Pro-Kopf-Emissionen in Indien liegen bei weniger als der Hälfte des Welt-Durchschnitts und bei einem Drittel der Pro-Kopf-Emissionen in der EU", ordnet Hauck für watson ein.
Unser CO2-Budget schrumpft damit immer mehr in sich zusammen und mit ihm die Chance darauf, die Klimafolgen in ihrer Heftigkeit abzuschwächen.
Dass Klimakatastrophen jeden Staat der Erde – in Form von Hitze- und Dürreperioden, extrem starken Stürmen oder einem beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels, wie bereits jetzt schon im Globalen Süden – betreffen werden, steht nicht mehr zur Debatte. Doch mit Überschreiten des 1,5-Grad-Limits würden diese Klimafolgen noch deutlich gravierender ausfallen. Dieses Szenario wird mit jeder Tonne ausgestoßenem Treibhausgas wahrscheinlicher, erklärt Hauck:
380 Milliarden Tonnen CO2. Mit einer Emissionsmenge wie aktuell gibt uns das maximal noch neun Jahre.
"Das Problem ist die Umsetzungslücke, also dass die angekündigten Emissionsreduktionen nicht genügend durch konkrete Taten und Gesetze umgesetzt werden", betont Hauck. Ihrer Einschätzung nach, hänge das damit zusammen, dass die angekündigten Ziele sich in der Regel auf Zeitpunkte beziehen, die weit in der Zukunft liegen.
So will Deutschland erst im Jahr 2045 bei Netto null Emissionen ankommen. "Dabei ist besonders die aktuelle Dekade entscheidend. Je länger die Emissionen auf diesem hohen Niveau bleiben, umso schwieriger wird es sein, die Klimaziele zu erreichen", gibt Hauck zu Bedenken.
Genau hier müsste also vor allem die Politik endlich durchgreifen, um das Ruder noch herumzureißen, betont die Klimaforscherin:
Doch trotz allem bleibt Hauck noch ein wenig hoffnungsvoll: Obwohl wir dringend fallende Emissionen bräuchten, würden die Emissionen 2022 auf einem sehr hohen Niveau stagnieren, das sei immerhin ein nennenswertes Signal. Auch würden in 24 Ländern die Emissionen etwas fallen, während ihre Wirtschaft weiterhin wachse und weiterhin nehmen Ozeane und Biosphären an Land mehr als 50 Prozent unserer CO2-Emissionen auf.
Auch mit Blick auf die Politik, sieht Hauck noch Möglichkeiten: "In Deutschland haben wir dieses Jahr gesehen, wie groß die Bereitschaft ist, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, sofern das Angebot attraktiv genug ist." Ihr Fazit: Die technischen Voraussetzungen wären demnach gegeben, sie müssten nur jetzt politisch gewollt und umgesetzt werden.