Flammen, Rauch, Wasserwerfer und dröhnendes Hupen stürzen die Brüsseler Innenstadt nahe dem Hauptsitz der Europäischen Union in tosendes Chaos: Zahlreiche Landwirt:innen haben sich hier mit ihren mehr als 1500 Traktoren vor der mit Betonhindernissen und Stacheldraht gesicherten Regierungsbehörde versammelt. Sie wollen ihrem Ärger Luft machen – und protestieren lautstark gegen Umweltschutzmaßnahmen der EU, die für die Landwirt:innen mit zusätzlichen Kosten verbunden sind.
An diesem Montag versammeln sich hier in Brüssel die Agrarminister:innen der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat sich angekündigt. Das Top-Thema des Treffens: Die europaweit anhaltenden Proteste der Bauern.
Bauern setzen Reifen in Brand, schütten Gülle auf die Straße und richten Pyrotechnik gegen die Polizei. Neben dem lauten Hupen der Traktoren kommt es immer wieder auch zu Explosionen.
Die Wut der Landwirt:innen ist groß. So groß, dass einige von ihnen es schaffen, die Sperren der Polizei durchbrechen.
In einem Video eines X-Users, ehemals Twitter, wird deutlich, mit welcher Gewalt und Unerschrockenheit die Landwirt:innen teilweise gegen die Polizist:innen vorgehen: Statt ihre fahrenden Traktoren zu stoppen, wenn sich ihnen die Polizei in den Weg stellt, bleiben sie weiter auf Kurs – bis die Beamt:innen ihnen aus dem Weg springen. Laut der belgischen Nachrichtenagentur Belga bewarfen Bauern die Polizist:innen zudem mit Mist, bis diese sich zurückzogen.
Die Polizei musste zeitweise mit Wasserwerfern anrücken, um die Brandherde auf der Rue de la Loi zu löschen. Schwarze Rauchwolken hüllen das Europaviertel ein – und dürften auch im nahegelegenen Brüsseler Ratsgebäude nicht zu übersehen und zu überhören gewesen sein.
"Die Landwirte sind gekommen, um uns daran zu erinnern, wie wichtig diese Sitzung ist", erklärte Agrarminister David Clarinval, der im Rahmen der belgischen Ratspräsidentschaft den Vorsitz des Agrarministertreffens innehat, gegenüber "BRF Nachrichten".
Deswegen hätten sie bereits alle 27 Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, ihnen Vorschläge mit Hinblick auf mögliche Verbesserungen für die Landwirt:innen zuzuschicken. Ganze 500 Vorschläge wurden eingereicht, die bereits an die EU-Kommission übermittelt worden seien. Jetzt gehe es darum, die richtigen Weichen zu stellen, um Maßnahmen zu erarbeiten, die den Landwirt:innen tatsächlich helfen.
Die Pläne, über die nun beraten wird, sehen weniger Kontrollen für Landwirt:innen sowie Ausnahmen von bestimmten Vorgaben für kleinere Betriebe mit weniger als zehn Hektar Land vor.
Auch die Vorschrift, dass vier Prozent der Ackerflächen brachliegen müssen, um die Artenvielfalt zu schützen, steht derzeit zur Diskussion. Stattdessen könnte es darauf hinauslaufen, dass die Bauern Zwischenfrüchte wie Linsen oder Erbsen auf diesen Flächen anbauen dürfen. Deutschland betont aber, den Artenschutz trotz Zugeständnissen an die Landwirt:innen nicht auf der Strecke bleiben zu lassen.