Wie können die Folgen der Coronakrise abgefedert werden? Das soll ab Freitag in einem Sondergipfel der EU diskutiert werden. Klimaaktivistinnen und andere Prominente rufen die EU nun vorab auch zu klaren Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe auf. Die EU dürfe nicht länger so tun, als könne man die Klima- und Umweltkrise lösen, ohne sie als eigentliche Krise zu behandeln, erklärten Thunberg, ihre deutsche Fridays-for-Future-Mitstreiterin Luisa Neubauer und die beiden Belgierinnen Anuna de Wever und Adélaïde Charliér in einem Brief an die EU-Führung und die Staats- und Regierungschefs des Staatenbundes.
Von Freitag an geht es auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel um den Haushalt der Union und die geplanten Milliardenausgaben, die die Folgen der Corona-Krise abfedern sollen. Klimaschützer halten es für entscheidend, das Geld in eine "grüne" Wirtschaft zu investieren.
Die EU-Staaten hätten sich mit ihren Unterschriften unter dem Pariser Weltklimaabkommen dazu bekannt, eine Führungsrolle beim Klimakampf einnehmen zu wollen, hieß es in dem Schreiben, das neben Klimaforschern wie Johan Rockström und Stefan Rahmstorf auch prominente Unterstützer wie der Hollywood-Star Leonardo DiCaprio und die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai unterzeichnet hatten. "Die EU hat dazu die wirtschaftlichen und politischen Möglichkeiten, weshalb es unsere moralische Pflicht ist. Jetzt müssen Sie Ihre Versprechen tatsächlich einhalten."
Dazu bedarf es nach Ansicht der Klimaschützer einer klaren Abkehr vom bisherigen Wirtschaftssystem: Dieses nach der Corona-Krise wiederaufzubauen, obwohl es die Klimakrise grundsätzlich befeuere, und damit dann Klimamaßnahmen zu finanzieren, das sei genauso absurd, wie es klinge. "Unser derzeitiges System ist nicht 'kaputt' – das System tut genau das, was es soll. Es kann nicht länger 'repariert' werden. Wir brauchen ein neues System."
Wenn beim Corona-Wiederaufbau die Klimakrise ebenso wie die Erkenntnisse der Wissenschaft weiterhin ignoriert würden, stelle dies einen Betrug an allen künftigen Generationen dar – und das, obwohl das Investitionsprogramm als "Next Generation EU" bezeichnet werde.
Um noch eine Chance zu haben, die Klima- und Umweltkatastrophe abzuwenden, müssen laut Thunberg und Co. dringend einige erste, entscheidende Schritte getätigt werden. Dazu zähle, Investitionen in und Subventionen für fossile Brennstoffe sofort zu stoppen.
Zudem müssten die EU-Mitgliedstaaten sich dafür einsetzen, dass schwere Umweltzerstörung als Verbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof geahndet werden könne. Und sie müssten ab sofort jährliche CO2-Budgets festlegen, um die Zweidrittelchance auf eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs unter 1,5 Grad Celsius zu wahren.
Die Unterzeichner des Briefs fordern außerdem, dass Klimamaßnahmen entwickelt werden, die Arbeiter und die Schwächsten der Gesellschaft schützen und alle Formen der ökonomischen, rassistischen und geschlechtsspezifischen Ungleichheit verringern. Letztlich müsse die Klima- und Umweltkrise endlich als Notfall betrachtet werden.
Einfach werde die Umsetzung von all dem nicht, räumten die Aktivistinnen ein. Dabei werde die Zeit immer knapper. "Um die globale Erhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sind die kommenden Monate und Jahre entscheidend", schrieben sie. "Die Uhr tickt. Ihr Bestes zu tun ist nicht länger gut genug. Sie müssen jetzt das scheinbar Unmögliche tun."
(ftk/dpa)