Wann immer es um die Letzte Generation und ihre oft umstrittenen Klebe-Proteste oder Farbattacken geht, scheinen Wut und Gewalt nicht weit. Zahlreiche Videos auf dem Portal X, ehemals Twitter, zeigen, wie Autofahrer auf die Aktivist:innen losgehen, sie anschreien, bespucken, schlagen oder treten.
Selbst bei der Polizei scheint der Geduldsfaden immer dünner zu werden. Die Organisation jedenfalls wirft der Polizei in Berlin, wo sie seit dem 18. September vermehrt protestiert, vor, wiederholt Schmerzgriffe gegen Aktivist:innen eingesetzt zu haben. Mittlerweile hat die Gruppe gar den Bürger- und Polizeibeauftragten des Landes Berlin, Alexander Oerke, um Hilfe gebeten.
Auf X schrieb die Letzte Generation dazu: "Heute haben wir 95 dokumentierte Fälle von Schmerzgriffen durch die Polizei Berlin aus der Zeit vom 18. September bis 06. Oktober an Alexander Oerke übergeben."
Es macht den Eindruck, als würde die Gewalt zunehmen. Mit jedem Stau, mit jeder Blockade, mit jeder Farbattacke.
Lea-Maria Rhein, Aktivistin bei der Letzten Generation, erfährt jedoch etwas völlig anderes: Zuspruch und Solidarität. Natürlich erlebe sie auch weiterhin Gewalt auf den Straßen, immer häufiger aber auch das genaue Gegenteil. Allerdings werde auf X und in den Medien eher über die Gewaltausbrüche berichtet. Gegenüber watson sagt sie:
Und dieser Zuspruch komme auch von Wissenschaftler:innen und Verfassungsrechtler:innen, wie Lea betont.
Auch, dass der Expertenrat der Bundesregierung für Klimafragen Ende August erklärte, dass das Klimaschutzprogramm der Regierung unzureichend sei, mache ihr Mut – und verdeutliche: Es ist richtig, was sie tun. Gegenüber watson ergänzt sie:
Diese Debatte will die Bewegung nutzen – und weiter protestieren. Mithilfe von Straßenblockaden, mithilfe von Massenprotesten und mithilfe von "kreativeren Protesten", wie etwa den Farbattacken auf die Unis, wie Lea erzählt.
Als positives Beispiel dafür, wie wirksam Massenproteste sein können, nennt sie die mehrwöchige Blockade der Gruppe Extinction Rebellion in Den Haag. Über 27 Tage setzten sich die Klimaaktivist:innen jeden Tag wieder um 12 Uhr mittags auf eine sechsspurige Straße nahe dem niederländischen Parlament. Dort sangen und klatschten sie – mal mit Hunderten, mal mit Tausenden – und brachten den Verkehr zum Erliegen.
Extinction Rebellion wollten in den Niederlanden mit den Aktionen dafür sorgen, dass sämtliche staatliche Subventionen für fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas gestrichen werden. Die Gruppe wirft der Regierung vor, ein Versprechen zum Abbau von Steuervergünstigungen und anderen Subventionsformen für die Luft- und Schifffahrt sowie die Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern und die Ölförderung nicht einzuhalten.
Offenbar mit Erfolg: Nach über 9000 Festnahmen hat das niederländische Parlament der Regierung nun die Aufgabe erteilt, einen Plan zur Abschaffung der fossilen Subventionen zu erarbeiten.