Überflutete Straßen und Schienen, ausgedörrte Felder ohne Ernte, sterbender Wald und Hitzetote vor allem in den Städten: Um Deutschland vor solchen Folgen des Klimawandels zu schützen, will die Bundesregierung die Anpassung an den Klimawandel gezielter vorantreiben und dabei auch soziale Einrichtungen stärker in den Blick nehmen. Das Kabinett beschloss einen Fortschrittsbericht zur sogenannten Anpassungsstrategie, die schon seit 2008 besteht, und setzte damit neue Schwerpunkte.
So gibt es nun erstmals ein Förderprogramm, das etwa Krankenhäusern und Pflegeheimen hilft, sich besser gegen Hitzewellen und andere Klima-Folgen zu wappnen. Ein verbessertes Monitoring von Klimaschäden soll eine effektivere Grundlage für die Finanzierung der Maßnahmen schaffen. "Damit uns der Umgang mit den Folgen des Klimawandels in Zukunft besser gelingt, brauchen wir gute Planung und Vorsorge mit Weitsicht", mahnte Bundesumweltministerin Svenja Schulze von der SPD.
Fridays for Future kritisiert, dass es sich bei der Strategie lediglich um Symptombehandlung handele. "Deutschland gegen die Folgen der Klimakrise vorzubereiten, ist sicherlich nicht schlecht oder verkehrt", sagte Asuka Kähler von FFF Frankfurt am Main gegenüber watson. Aber:
Denn Klimawandel oder auch Klimakrise, das sind längst nicht nur schmelzende Eisschollen am Nordpol oder Wirbelstürme in fernen Ländern. Um rund 1,5 Grad ist es in Deutschland schon wärmer geworden seit 1881, alleine in den vergangenen fünf Jahren um 0,3 Grad – das sind offizielle Zahlen der Bundesregierung.
"In Deutschland kommt der Klimawandel als Hitzewelle, als Dürre, als Waldbrand, als Starkregen oder eben als Überflutung an", sagte Schulze. Klimaschutz und Vorsorge bedeuteten Schutz der Lebensgrundlagen, der Freiheit und des Wohlstands – und seien allemal günstiger als die drohenden enormen Schäden. "Wir reagieren üblicherweise, wenn uns die Krisen auf die Füße fallen", sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner. Vorsorge sei nicht nur billiger, sondern könne auch zu einer höheren Lebensqualität führen.
Die 188 Maßnahmen, die über alle Ministerien hinweg Deutschland "klimafest" machen sollen, summieren sich nach Angaben des Ministeriums auf etwa 1,5 Milliarden Euro – allerdings gehören dazu auch zum Beispiel Forschungs- oder Städtebau-Programme, die nur teilweise dem Bereich Klima-Anpassung zuzurechnen seien und auch andere Ziele hätten. Die Abgrenzung sei daher schwer.
Die FDP im Bundestag forderte einen "Effizienz-Check für jedes Klimaschutz-Projekt", um keine Steuergelder zu verschwenden. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), in dem etwa die Wasserversorger organisiert sind, forderte ein "Sonderprogramm Klimavorsorge", um die Anpassung weiter voranzutreiben.
Wie Deutschland konkret klimafest werden soll? Dazu hier einige Beispiele:
Ein neues Förderprogramm soll Pflegeheimen, Krankenhäusern, Kitas und anderen helfen, ihre Bewohner, Patienten und Betreuten besser zu schützen – etwa Schattenplätze zu schaffen, Trinkbrunnen aufzustellen, Dächer und Fassaden für mehr Kühlung zu begrünen oder sich fachlich beraten zu lassen.
Trockenheit macht Wälder anfällig für Stürme und Schädlinge – vor allem intensiv genutzte Forste mit Monokulturen. Unter anderem ein Waldklimafonds soll die Anpassung der Wälder an den Klimawandel fördern und helfen, naturnahe, struktur- und artenreiche Wälder zu schaffen und zu erhalten.
In mehreren Kommunen wurde in den vergangenen Jahren schon das Wasser knapp. Das habe man sich früher nicht vorstellen können, sagte Schulze. Ein "Nationaler Wasserdialog" soll klären, wie mit der wertvollen Ressource künftig umgegangen wird. Denn nicht nur Trinkwasser und Wasser für Haushalte sind wichtig, auch Landwirtschaft und Wirtschaft brauchen Wasser.
Im Häusermeer könnte es bis zu zehn Grad wärmer sein als im Umland, erklärte Umweltbundesamts-Präsident Messner. Deswegen soll es mehr Pflanzen wie Straßenbäume und Parks zur Kühlung geben, aber auch Baumaterial, das Wasser versickern lässt sowie Seen und Kleingewässer im urbanen Raum. Damit wären Städte auch besser gerüstet, wenn es häufiger schütten sollte wie aus Kübeln.
Messer machte aber auch klar, dass Anpassung ihre Grenzen hat – und den Kampf gegen die Erderhitzung nicht ersetzen kann. "Ohne ambitionierten Klimaschutz ist alles nichts", mahnte er. Bisher sei die Welt auf dem Weg zu 3,5 Grad mehr, statt den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, wie das Pariser Klimaabkommen vorsieht. "Dann können wir wirklich nur noch das Schlimmste vermeiden." Klimaschutz und Anpassung seien daher zwei Seiten der gleichen Medaille.
(ftk/dpa)