Mit Satellitenaufnahmen aus dem All und Beobachtungen vor Ort verschafften sich die Wissenschaftler einen Überblick über die Ausbreitung der Schneealge in der Antarktis.bild: Sarah Vincent/ University of Cambridge
Klima & Umwelt
22.05.2020, 14:0528.09.2020, 12:53
Schnee ist weiß – ganz gleich, ob er auf den Wipfeln von norwegischen Tannen liegt, auf den Gletschern der Anden oder den Bergketten des Himalaya. Wenn der eigentlich blütenweiße Schnee plötzlich Grün leuchtet, ist das also ein ziemlich sicheres Zeichen, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist.
So auch in der Antarktis: Dort haben die gigantischen weißen Schneefelder immer wieder grüne Tupfer – die sich zunehmend ausbreiten und größer werden. Im Fachmagazin "Nature Communications" berichten Wissenschaftler jetzt, dass sie mittels Satellitendaten und Erkundungen vor Ort eine Karte erstellten, auf der der grüne Schnee verzeichnet ist.
Dass sich der Schnee überhaupt grün färbt, ist Schneealgen zu verdanken. Die sind eigentlich mikroskopisch klein und wachsen auf oder unter dem Schnee. In großer Zahl können sie allerdings auch riesige Schneefelder grün färben – die sogar aus dem All sichtbar sind.
Wo Pinguine brüten, sind die Algen oft nicht weit – der Kot der Tiere dient den Pflanzen als Dünger.Bild: Zoonar.com/Raimund Linke / Raimund Linke
Schon jetzt, schreiben die Forscher in einer Mitteilung, wurden 1679 einzelne Teppiche von grünen Algenblüten auf der Schneeoberfläche entdeckt. Zusammen bedecken diese eine Fläche von 1,9 Quadratkilometern. Der Klimawandel dürfte in den kommenden Jahren dafür sorgen, dass sich die Algen weiter ausbreiten. Denn auf nassem Schnee wachsen die Mikroorganismen besonders gut.
Algen speichern Kohlenstoff
"Das ist ein entscheidender Fortschritt in unserem Verständnis vom Landleben in der Antarktis und wie es sich in den kommenden Jahren im Zuge der Erwärmung verändern wird", schreibt Matt Davey von der University of Cambridge in der Mitteilung.
Noch sind die Schneealgen hauptsächlich auf flachen Inseln und an der Küste zu finden, insbesondere dort, wo viele Seevögel und Pinguine leben – deren Kot dient den Algen als Dünger. Wenn sich die Antarktis weiter erwärmt, werden sich die Pflanzen vermutlich in höhergelegene, kühlere Gebiete ausbreiten, schreiben die Wissenschaftler.
Auch wenn die Ausbreitung der Schneealge ein weiterer untrüglicher Beweis dafür ist, dass der Klimawandel fortschreitet, hat sie auch einen Vorteil: Sie speichert Kohlenstoff. In der sommerlichen Wachstumssaison werden den Wissenschaftlern zufolge etwa 479 Tonnen Kohlenstoffdioxid eingelagert. Das entspreche in etwa der Menge, die bei 875.000 Autofahrten in Großbritannien wieder frei werden. "Schneealgen sind ein Schlüsselbestandteil, wenn es um die Kapazität des Kontinents geht, über Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu ziehen", so Davey.
(ftk)
In den Vorhersagen zu Klimakrise und den Veränderungen durch extremeres Wetter wird so gut wie immer zuerst der Blick auf den globalen Süden gerichtet. Zu Recht, denn dort sind die Auswirkungen der Klimaerwärmung schon länger deutlich zu spüren.