Weichenstörungen, fehlendes Personal, Unwetter – die Liste an Gründen für die notorische Unpünktlichkeit der Züge der Deutschen Bahn ist endlos lang und strapaziert damit unser aller Nerven.
Schlimm genug, dass all die Verspätungen und Zugausfälle bislang anscheinend rein gar nicht mit in die Höhe der Boni-Zahlungen der DB-Vorstände gespielt haben. Und das ist schon recht erstaunlich. Denn grundsätzlich gilt: Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Bonuszahlung gibt es nicht. Aber je länger man im Unternehmen ist, umso höher fällt in der Regel auch der Bonus aus. Allerdings: Meistens steht der Bonus im Zusammenhang mit den Leistungen.
Doch welche Leistungen der Vorstände der Deutschen Bahn werden damit eigentlich belohnt? Immerhin kann man bei den meisten Bahnfahrten damit rechnen, dass es zu Verspätungen kommt. Oder zu Ausfällen. Oder auf jeden Fall zu irgendwelchen Problemen.
Dass das allerdings nicht die Art von Leistung ist, die mit Blick auf die Auszahlung von Boni gemeint ist, ist nun offenbar auch dem Aufsichtsgremium des Staatskonzerns aufgefallen. Mit ernstzunehmenden Folgen für die bei der Deutschen Bahn beschäftigten Top-Manager:innen.
Demnach hat der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn eine neue Gehaltsstruktur für die acht Vorstände erarbeitet. Diese sieht deutliche Kürzungen, allem voran bei den kurzfristigen Boni vor. Damit reagiert das Kontrollgremium auf heftig geäußerte Kritik zur Bezahlung des Spitzenpersonals. So hatten die Bahnvorstände trotz immer schlechter werdender Pünktlichkeitswerte üppige Boni ausgezahlt bekommen.
Bahn-Chef Richard Lutz sollte für das Jahr 2022 gut 1,2 Millionen Euro erhalten. Ausgezahlt wurde die hohe Bonuszahlung bislang nur deshalb nicht, weil die staatliche Unterstützung für die Strompreise während der Energiekrise daran gekoppelt ist, keine Gratifikationen an die Führungsriege zu zahlen. Das berichtete der "Spiegel".
Wie genau die Auszahlung von Boni ausfallen wird, soll in der kommenden Woche im Aufsichtsrat beraten werden. Geplant ist etwa, dass sich der Bestandteil aus festem und variablem Gehalt durch Boni verändern soll: Statt bislang nur 36 Prozent, soll das Grundgehalt über die gesamte Beschäftigungszeit der Manager:innen künftig 50 Prozent ausmachen. In der ersten Vertragslaufzeit, die drei Jahre andauert, beträgt das Grundgehalt 700.000 Euro. Eine maximale Anhebung auf 1,4 Millionen Euro soll den Job zudem attraktiver für hochqualifizierte Managementkräfte machen, wie der "Spiegel" weiter berichtet.
Die stärkste Änderung aber soll es bei den Boni geben: Statt bislang 38 Prozent, sollen die Gratifikationen, die beim Erreichen kurzfristiger Ziele ausgezahlt werden, höchstens noch 15 Prozent des Gehalts ausmachen. Beim Erreichen langfristiger Ziele soll es entsprechend 35 Prozent geben.
Außerdem soll auch dem Thema Nachhaltigkeit bei den kurzfristigen Zielen eine größere Bedeutung zugeschrieben werden: Bislang konnten die Vorstände, wenn sie die Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht haben, diese einfach mit dem Erreichen anderer Ziele kompensieren. Das soll in diesem Umfang künftig nicht mehr möglich sein.
Mit der neuen Struktur soll verhindert werden, dass die Vorstände auch dann hohe Boni erhalten, weil sie andere Ziele erreicht, die Pünktlichkeitsziele aber verfehlt haben. Konkret bedeutet das: Sollten die Vorstände drei Ziele erreichen und drei verfehlen, würde es bei Boni von 500.000 Euro "nur" zu einer Auszahlung von 250.000 Euro kommen.
Die neue Boni-Regelung soll künftig bei neuen Vorständen angewendet werden. Mit den aktuellen Vorständen würden nach "Spiegel"-Informationen derzeit Verhandlungen zur Anpassung ihrer Verträge stattfinden.
Ob die neue Struktur die Vorstände tatsächlich dazu motiviert, sich stärker ins Zeug zu legen, um die Pünktlichkeitsziele der Deutschen Bahn einzuhalten, bleibt abzuwarten. Allerdings kann man vermutlich auch weiterhin mit der Zuverlässigkeit von Verspätungen und Zugausfällen planen.
Denn in den kommenden Monaten steht die Bahn vor großen Einschnitten: Bis 2030 sollen 40 hochbelastete Bahnstrecken generalsaniert werden. Bis das geschafft ist, müssen Reisende mit monatelangen Sperrungen, weiten Umleitungen und somit vermutlich auch Verspätungen rechnen.