Das Verschwinden von Madeleine Maddie McCann aus einer Ferienwohnung in Portugal bewegt die Weltöffentlichkeit noch immer. Die damals 3-Jährige ist nun schon seit 16 Jahren verschwunden. Während die Ermittelnden jahrelang im Dunkeln tappten, kam in den vergangenen Jahren Bewegung in den Fall.
Hauptverdächtiger ist nun der Deutsche Christian B.. Er steht im Verdacht, für das Verschwinden des Mädchens verantwortlich zu sein. Dass die Ermittelnden überhaupt auf ihn kamen, ist einem Hinweis von Helge B. zu verdanken. Ihm gegenüber hatte Christian B. angeblich bereits 2008 die Tat gestanden. Jahrelang hatte sich der Hinweisgeber zurückgehalten. Bis jetzt. Helge B. äußert sich erstmals öffentlich – und verrät erschreckende Details.
So sei das Leben von Helge B. durch seine Aussagen, die die Ermittelnden auf die Spur von Christian B. führte, ruiniert worden. "Ich habe nicht damit gerechnet, welche Dimensionen das alles annimmt", sagte der 52-Jährige im Gespräch mit der "Bild".
Er berichtet von dem ersten Zusammentreffen mit Christian B..
Als er den mutmaßlichen Mörder der kleinen Maddie McCann über seine Freunde Micha und Manni kennengelernt hatte, sei sein erster Eindruck positiv gewesen. Der Hinweisgeber war damals selbst noch kriminell, hörte von den Fähigkeiten von Christian B.: "Ich hatte gehört, dass er in Hotels einsteigt, ein guter Kletterer ist, über die Balkone reingeht. Wir haben uns dann öfter gesehen. Ich hatte nie das Gefühl, dass mit dem was nicht stimmt."
Bis Christian B. kurzzeitig in Haft war. Kurzentschlossen sei Helge B. gemeinsam mit Manni in die Wohnung des Inhaftierten, weil sie Diesel mitgehen lassen wollten. In der angeblich offen stehenden Wohnung fanden sie nach Angaben des späteren Hinweisgebers unter anderem eine Videokamera, Filme und eine Pistole. Sie nahmen die Gegenstände mit.
Später, als er einige Filme ansah, habe er scheußliche Entdeckungen gemacht. Auf Aufnahmen war etwa eine nach Einschätzung Helge B's 70- bis 80-Jährige Frau zu sehen, die gefesselt auf einem Bett gelegen habe und ausgepeitscht worden sei. Später habe der Peiniger sich zu ihr aufs Bett gesetzt und die Maske abgenommen: Es war Christian B.. Dann habe Helge B. noch eine weitere Aufnahme mit einem mutmaßlich minderjährigen Mädchen im Teenageralter darauf gefunden, das nackt an einen Balken gefesselt gewesen sei. Und Christian B.?
Hinter ihr, lachend.
"Da wusste ich, was er für ein Typ ist", erzählt der Mann gegenüber "Bild" weiter. Als der damals Kriminelle daraufhin mit seinem Anwalt darüber sprach, habe dieser ihm geraten, die Finger von der Sache zu lassen. Auch ein Polizist in Deutschland habe abgeraten. Daraufhin hatte er nach eigenen Angaben Angst, sich selbst zu belasten. Die Waffe und Kamera habe er verkauft. Er wisse nicht, wo die Videos heute sind, er habe sie damals in seinem Wohnwagen in Portugal zurückgelassen.
Auch von dem Moment, als Christian B. ihm angeblich die Tat gestanden hatte, berichtet der Mann. Wiedergetroffen habe er den mutmaßlichen Täter erst 2008, auf einem Festival. Christian B. habe sich zu ihnen gesellt. "Das war schwierig für mich – ich wusste ja, was der getan hat, dass der Typ brandgefährlich ist", sagt Helge B. über diesen Moment.
Dann habe Christian B. ihn gefragt, ob er nicht mehr nach Portugal gehe und da Business mache. Er habe mit "Nein" geantwortet, mit der Begründung, dass es dort zu viele Polizeikontrollen gebe, seit das Mädchen (Anm. d. Red.: Maddie McCann) dort verschwunden sei. Dann habe er angefügt, er verstehe sowieso nicht, wie die Kleine so spurlos verschwinden konnte. "Der Christian hatte zwei, drei Bier getrunken und hat daraufhin gesagt: Sie hat ja nicht geschrien."
Ein Moment, in dem Helge B. es, auch wegen der Video-Vorgeschichte, "sofort gecheckt" habe.
"Da wurde mir ganz elend. Die anderen haben das gar nicht so begriffen", erzählt er im Interview. Zudem ist er sich sicher: "Er hat aber auch gecheckt, dass ich das verstanden habe, und ist darauf nachts abgehauen." Um 3 oder 4 Uhr morgens sei Christian B. von einem voll besuchten Festival mit seinem Wohnmobil weg gefahren. "Ich hab den am nächsten Morgen gesucht, seine Nachbarn sagten: Der ist weg."
Er habe schon im Jahr 2008 Scotland Yard angerufen:
Erst Jahre später – im Jahr 2017 – sei sein Hinweis ernst genommen worden, wie Helge B. erzählt. Zu dieser Zeit habe er selbst im Gefängnis gesessen, als er von dem 10-jährigen Jahrestag seit Maddie McCanns Verschwinden gehört habe: "Da fiel mir wieder ein: Der Anruf hat anscheinend gar nix genutzt. Da habe ich Scotland Yard nochmal kontaktiert."
Offenbar mit mehr Erfolg. Zuerst habe er sich zu einem ersten Gespräch in einem Hotel in Athen mit zwei Beamten treffen dürfen. Später gab er seine Aussage in London zu Protokoll. Ein Jahr später habe er den heutigen Hauptverdächtigen im Fall Maddie vor Gericht gesehen. Seine Aussage war der entscheidende Hinweis, der die Ermittelnden auf Christian B. führte.
Wieso der mutmaßliche Täter Maddie entführt habe, dazu hat Helge B. eine Vermutung: "Meine Theorie ist, dass er einen Einbruch vorhatte. Dass der schiefgegangen ist und er die Kinder im Apartment gefunden hat. Und dass er Maddie dann mitgenommen hat. Das war wahrscheinlich gar nicht geplant." Aber: Er traue ihm auf jeden Fall zu, das Mädchen entführt zu haben. "Ob er sie am Ende umgebracht hat, weiß ich nicht."
Helge B. habe jetzt öffentlich ausgepackt, weil zu viele Lügen über ihn im Umlauf wären, gegen die er sich nicht wehren könne. Außerdem habe er keine Ruhe mehr vor Reporter:innen gehabt, die ihn aufgespürt hatten.
Was die verschwundene Maddie McCann betrifft, ist für ihn klar, dass sie bereits tot sei: "So traurig das sein mag – es wäre besser, wenn man ihre Leiche findet. Ich habe Sorgen, dass Christian B. damit durchkommt."