Fast zwei Tage lang suchten Einsatzkräfte nach einem gefährlichen Raubtier in Berlins Wäldern. Das Video einer angeblichen Löwin versetzte die Gemeinde Kleinmachnow in Angst und Schrecken, rief Hunderte Polizisten auf den Plan. Am Ende stellte sich heraus: Es war alles mehr Schwein als sein. Bei der Löwin handelt es sich schlichtweg um ein Wildschwein.
Alles über die Suchmaßnahmen und die Reaktionen nach der Löwen-Wende erfährst du in unserem News-Blog:
Mehr Schwein als sein: Die angebliche Löwin in Berlins Wäldern entpuppte sich als gewöhnliches Wildschwein. Das macht nicht nur die Menschen fassungslos, sondern auch den Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. "Bei diesem Einsatz handelt es sich zweifelsfrei um die teuerste Safari, die es in Deutschlands Wäldern je gegeben hat", sagt Heiko Teggatz zu "Bild". Laut seiner Schätzung kostete der Einsatz den Steuerzahler mehr als 100.000 Euro.
Zur Erinnerung: Es kamen mehrere Drohnen, Polizeihubschrauber und hunderte Einsatzkräfte zum Einsatz.
"Das ist ein Skandal. Die Zuständigkeit liegt beim Ordnungsamt, ausdrücklich nicht bei der Polizei. Die Polizei wird tätig aufgrund der Einschätzung des Ordnungsamtes", erklärt er. Der Polizei bleibe in so einem Fall nichts anderes übrig, als die Maßnahmen so zu treffen. Denn sie müssen davon ausgehen, dass es eine Bedrohung für die Bevölkerung darstelle.
Man hätte prüfen müssen, ob das Bildmaterial echt sei. "Die Kollegen hätten Besseres zu tun gehabt gestern, als eine Schein-Safari zu betreiben", sagt er weiter.
Um 13 Uhr trat der Bürgermeister von Kleinmachnow vor die Presse und erklärte: In der Nacht gab es in Kleinmachnow keine Hinweise auf den Verbleib der Löwin. "Heute Morgen hatten wir um 9 Uhr einen ernstzunehmenden Hinweis. Den haben wir mit Wärmebildkameras durchsucht, dabei haben wir nichts außer eine Wildschweinfamilie festgestellt", erklärt er weiter.
Es wurde eine Auswertung des Videos vorgenommen, ob es sich tatsächlich um eine Löwin handeln könnte. Zwei unabhängige Experten haben festgestellt, dass es sich eher um ein Wildschwein handelt. Der Bürgermeister zeigt die Auswertung der Bilder, warum die Experten zu diesem Entschluss kommen.
"Alle diese Auswertungen lassen den Entschluss zu, dass es keine akute Gefährdungslage für Kleinmachnow gibt. Alle Hinweise führten ins Leere. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine Löwin handelt, ist sehr gering", heißt es weiter. Die aktive Suche nach der angeblichen Löwin wird also eingestellt.
Warum die ganze Aufregung? Weil die Polizei am Anfang nicht ausschließen konnte, dass es sich um eine Löwin handelt. Deswegen wurden Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um die Menschen vor Ort zu schützen.
Nachdem der Sohn des Clan-Bosses Issa Remmo auf Instagram fragwürdige Äußerungen zum entlaufenen Löwen in Berlin geäußert hatte, wurde auch die Polizei darauf aufmerksam. Firas Remmo hatte noch am Donnerstagabend geschrieben, dass er die Löwin in ihr Gehege zurückführen würde, bevor "irgendein Trottel sie abknallt". Schnell wurde vermutet, dass Firas mehr über die Herkunft des Löwen weiß, als die Polizei selbst.
Die Berliner Polizei weiß von diesen Posts, wie sie auf "Bild"-Anfrage erklärt. Allerdings nehmen sie die Aussagen offenbar nicht so ernst. "Es wird sicher die ein oder andere Frage in seine Richtung gestellt werden. Aber es wird ja nichts Strafbares gesagt", so die Beamten.
Die Polizei hat bei ihrer Suche nach dem Löwen am Freitagmorgen offenbar einen privaten Tierhalter überprüft. Das teilte ein Sprecher der Polizeidirektion West mit. Diese Person habe das Tier aber noch da.
Um welches Tier es sich letztendlich handelte, wollte die Polizei nicht sagen. Auch Informationen darüber, wer der private Tierhalter sei, wollen die Beamten nicht preisgeben.
Klar ist: In Brandenburg leben insgesamt 23 Löwen, davon die meisten in Zoos, Tierparks und in drei Zirkusunternehmen – und einer in einer privaten Haltung. Ob die Polizei diese Person überprüft hat, ist nicht bekannt.
Um 13 Uhr ist eine Pressekonferenz geplant, um über den aktuellen Stand der Ermittlungen zu informieren. Das teilte eine Stadtsprecherin auf Anfrage von watson mit.
Wo befindet sich das entlaufene Raubtier? Die Polizei sucht derzeit intensiv weiter. Doch das Tier könnte bereits ganz woanders sein als am südlichen Rand Berlins und angrenzenden brandenburgischen Gebieten. Das zumindest glaub der Zoologe Markus Köchling vom Safaripark Stukenbrock. Die Löwin fühle sich in der Dämmerung sicher, weshalb sie dann eher wandere: "Wenn weniger auf den Straßen los ist, wird sie vielleicht anfangen zu laufen", sagt er gegenüber der "Bild".
Demnach könnte die Löwin bereits eine größere Distanz zurückgelegt haben. Wenn man von einer Geschwindigkeit von drei bis sieben Kilometern pro Stunde ausgehe, dann kann "es passieren, dass sie innerhalb von wenigen Stunden 10 bis 15 Kilometer zurücklegt und in ein anderes Stadtgebiet läuft."
Trotz der Meldung der Polizei, selbst das Tier gesichtet und als mögliche Löwin erkannt zu haben, ist ein Wildtierexperte skeptisch. Derk Ehlert könne auf dem angeblichen Löwen-Video, das von Zeugen aufgenommen wurde, nur zwei Wildschweine erkennen.
Der Berliner Wildtierexperte sagte am Freitag im RBB-Inforadio: "Ich glaube aber natürlich den Zeugen, den Kollegen von der Polizei in Berlin, die ein derartiges Tier auch real gesehen haben." Was ihn skeptisch macht, ist die Spurenlage. Ein Löwe könne nicht einfach weg sein. "Es ist schon sehr auffällig, dass an der Stelle, wo das Tier gesehen und gefilmt wurde, nicht mal ein Trittsiegel zu sehen ist."
Am Freitagmorgen verstärken 120 frische Einsatzkräfte die Suche nach dem Raubtier. Auch professionelle Tierspurensuchen sind im Einsatz. Noch immer ist die Frage offen, woher die Löwin stammt. Weder Zoos, Tierparks noch Zirkusbetreiber vermissen das Tier. Private Halter seien laut dem Bürgermeister von Kleinmachnow in dem Örtchen nicht bekannt – zumindest offiziell.
Auch gab es in der Nacht keine weiteren Zeugen oder Spuren, die darauf hindeuten könnten, dass die Löwin in dem Gebiet umherstreift.
Mitten in der Nacht werden Anwohner aus dem Schlaf gerissen. Seltsame Geräusche sind zu hören, ein angebliches Löwengebrüll? In den sozialen Medien kursieren Videos, auf denen das Gebrüll zu hören ist. Doch diese Geräusche entpuppen sich laut Polizei als ein schlechter Scherz, den sich irgendjemand geleistet hat.
Firas Remmo, einer der Söhne des Clan-Bosses Issa Remmo, meldet sich zur Löwen-Suche auf Instagram zu Wort und will das Tier auf eigene Faust finden, "bevor sie irgendein Trottel abknallt". Sein Faible für Raubkatzen ist bekannt. Auf Instagram gibt es Fotos und Videos, auf denen er mit einem Tiger an der Leine posiert.
Schnell wird spekuliert, ob die entlaufene Löwin aus seinem Besitz stammt. Er selbst reagiert zwar nicht auf die Gerüchte, doch greift einen Bericht aus der Bild dazu auf und startet eine Umfrage. "Wer ist alles dafür, dass Nala überlebt? (Rechtschreibung von der Redaktion korrigiert)", schreibt er auf Instagram.