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Oldenburg: Lorenz stirbt durch Polizeischüsse – Bündnis ruft zu Demo auf

23.04.2025, Niedersachsen, Oldenburg: Zahlreiche Blumen und Kerzen stehen in der Innenstadt an einer Hauswand in der Achternstra
Blumen, Kerzen und Bilder erinnern an die Tat in Oldenburg.Bild: dpa / Hauke-Christian Dittrich
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Lorenz A. stirbt durch Polizeischüsse in Oldenburg – Bündnis ruft zu Demo auf

An Ostern stirbt Lorenz A. durch Polizeischüsse in Oldenburg. Ein Bündnis fordert Gerechtigkeit, die Polizeigewerkschaft warnt vor Vorverurteilungen. Was ist passiert?
25.04.2025, 12:5825.04.2025, 12:58
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Mindestens viermal schießt ein Polizist auf Lorenz A. Mindestens drei Schüsse treffen ihn von hinten: in Hüfte, Oberkörper und Kopf. Im Krankenhaus erliegt der 21-Jährige den Verletzungen. Am Tatort in der Oldenburger Fußgängerzone erinnern nun unzählige Fotos, Blumen und Kerzen an den Getöteten.

Auch Tage später bleiben viele Fragen offen. Im Fokus ist jene, ob es sich dabei um Notwehr oder unverhältnismäßige Gewalt handelt. Ein Bündnis fordert eine ordentliche Aufarbeitung des Falls und hat dazu aufgerufen, sich an einer Kundgebung zu beteiligen. Die Debatte um Polizeigewalt bekommt mit Lorenz A. ein neues Gesicht.

Was sich am Ostersonntag in Oldenburg zugetragen hat, welche Konsequenzen bisher gezogen wurden und wie es jetzt weitergeht, haben wir hier zusammengefasst.

Lorenz A. stirbt durch Polizeischüsse: Was ist passiert?

Die Polizei schildert die Tat so: Am Ostersonntag wird Lorenz vor einem Club abgewiesen. Er soll Reizgas in die Richtung von zwei Mitarbeitenden des Sicherheitsdienstes gesprüht haben, wobei mehrere Menschen leicht verletzt worden seien. Er flieht, einige folgen ihm. Sie lassen von ihm ab, als sie der 21-Jährige mit einem Messer bedroht haben soll. Einsatzkräfte sprechen den Mann nach eigenen Angaben an, wieder rennt er davon.

Zwei Straßen weiter trifft er auf die Besetzung eines weiteren Streifenwagens. Die Polizei schildert dazu zunächst: "Dort ging er bedrohlich auf die Polizisten zu und sprühte dabei Reizstoff in ihre Richtung." Ein Beamter schießt daraufhin mindestens viermal – von hinten auf Hüfte, Oberkörper und Kopf. Ein Schuss soll Lorenz am Oberschenkel gestreift haben.

Die Polizei wertet derzeit Video- und Tonaufnahmen aus der Nacht aus, auf denen das Geschehen jedoch nur schemenhaft zu erkennen sein soll, wie der "Spiegel" unter Berufung auf mit dem Fall befassten Kreise berichtet. Eine Videoaufnahme zeigt demnach, wie sich Lorenz A. zunächst auf die Beamten zubewegt, aber dann wieder abwendet, bevor die Schüsse gefallen sind.

Den Ermittlungen zufolge könnte es sich so zugetragen haben, dass der Polizist mit Reizgas besprüht und möglicherweise zu Boden gegangen sein könnte und dabei die Schüsse abgegeben haben könnte. Auf der Videoaufnahme, die aus einem Geschäft stammt, ist der Beamte laut Bericht jedoch nicht zu sehen, als er schießt. Die Body-Cam des Polizisten soll während des Geschehens nicht eingeschaltet gewesen sein.

Was passiert mit dem Polizisten?

Die Behörden sagen bisher nur wenig zu dem Fall. "Wir brauchen immer noch die Zeugenvernehmungen", erklärt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. "Wir müssen erst wissen, was da genau passiert ist." Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags gegen den Polizisten, der Schütze wurde zunächst vom Dienst suspendiert. Beides sei in solchen Fällen üblich.

Der Anwalt von Lorenz' Mutter, Thomas Feltes, zeigt sich zuversichtlich, dass die Staatsanwaltschaft transparent und umfassend ermittelt. "In den vergangenen Jahren sind sehr viele Fälle eingestellt worden, aber nach meiner Wahrnehmung hat sich das geändert", sagt der Jurist der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zuletzt seien mehrere Fälle von Polizeigewalt vor Gericht verhandelt worden.

Feltes glaubt, dass in Deutschland tatsächlich ein "gewisses Umdenken" stattgefunden habe. Wenn es zu einer Anklage und einem Gerichtsverfahren kommen sollte, werde Lorenz' Mutter als Nebenklägerin auftreten.

Bestand für die Beamten oder andere Personen eine konkrete Gefahr?

Bei den Ermittlungen steht die entscheidende Frage im Raum, ob für die Beamten oder für andere wirklich eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben bestand. Denn nur dann dürfen sie von der Schusswaffe Gebrauch machen.

"Wir gehen davon aus, dass in dieser konkreten Situation kein Messer zum Einsatz kam."
Staatsanwaltschaft

Hier soll möglicherweise ein Messer bei Lorenz A. vor der Schussabgabe ins Spiel gekommen sein. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft erklärt, dazu keine Ermittlungsergebnisse zu haben. "Wir gehen davon aus, dass in dieser konkreten Situation kein Messer zum Einsatz kam", sagt sie.

Auch auf den Videoaufnahmen ist laut "Spiegel" in der Situation kein Messer zu erkennen. Laut Informationen des Magazins sollen Ermittler:innen erst hinterher ein Klappmesser in der Hosentasche des Getöteten gefunden haben.

Hatte die Tat einen rassistischen Hintergrund?

Die Schüsse könnten, da Lorenz Schwarz ist, einen rassistischen Hintergrund haben – das befürchtet das Bündnis "Gerechtigkeit für Lorenz". "Die Tötung von Lorenz ist kein Einzelfall – sie steht in einer langen Reihe tödlicher Polizeieinsätze, bei denen marginalisierte Menschen betroffen sind", heißt es in einer Pressemitteilung des Bündnisses, die watson vorliegt.

Besonders für Schwarze Menschen sei das Vertrauen in die Polizei massiv erschüttert, und zwar seit Jahren. "Dieser Fall trifft nicht nur die Familie – er trifft eine ganze Community, eine ganze Stadt." Das Bündnis fordert daher eine "lückenlose Aufklärung": "keine Vertuschung, keine Bagatellisierung und kein Schweigen". Man wolle wissen, was in der Nacht passiert ist. Dazu fordert das Bündnis eine unabhängige Untersuchung.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen warnt unterdessen vor einer Vorverurteilung der Polizei. "Da werden inzwischen Rassismusvorwürfe laut, weil der Verstorbene eine Person of Colour gewesen ist. Und es kommt eine Stimmung auf, in der Polizisten als schießwütige Raufbolde bezeichnet werden", sagte der GdP-Landesvorsitzende Kevin Komolka im Interview mit dem NDR.

Die Diskussion um möglichen Rassismus halte er für "viel zu früh", sagte Komolka. "Wir müssen von einer hochdynamischen Lage ausgehen, in der es um die Frage geht, kann ein Kollege in einem Bruchteil dieser Situation unterscheiden: Handelt es sich um eine Person of Colour? Oder handelt es sich um einen jungen Deutschen? Oder um einen Zugewanderten?"

Könnten Taser solche Fälle verhindern?

Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert unterdessen erneut Taser für den Streifendienst. Damit könnten solche Einsätze wie in Oldenburg anders ausgehen. "Der Taser, also eine Elektroschockpistole, kann natürlich auch tödlich wirken und löst nicht jede Situation", sagte Patrick Seegers, DPolG-Vorsitzender in Niedersachsen im Interview mit dem NDR. "Er wäre aber eine Möglichkeit, viele Situationen zumindest ohne schwerste Verletzungen oder einen tödlichen Ausgang zu lösen."

Das niedersächsische Innenministerium lehnt den Vorschlag ab. Der Einsatz der umstrittenen Geräte stehe auch nach den tödlichen Schüssen in Oldenburg nicht zur Debatte, sagte ein Behördensprecher.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei landesweit mehr als 1,5 Millionen Einsätze, in fünf Fällen hätten Beamte ihre Pistole gegen Menschen eingesetzt. "Wir sind uns ja alle einig, dass wir auch nicht wollen, dass die Polizei leichtfertig mit der Dienstwaffe umgeht, aber für Niedersachsen kann ich das auch sagen, dass sie das nicht tut", erklärt das niedersächsische Innenministerium laut dpa.

"Gerechtigkeit für Lorenz": Wann findet die Demo statt?

Derweil bereitet das Bündnis "Gerechtigkeit für Lorenz" eine Demonstration und Kundgebung für Freitagabend (25. April) vor, die um 18 Uhr am Pferdemarkt in Oldenburg beginnen soll. Laut Stadt werden rund 1000 Menschen erwartet.

Familie und Angehörige von Lorenz A. wünschen sich eine "kraftvolle, zugleich würdevolle Demonstration des Gedenkens", heißt es in der Pressemitteilung. Man bitte darum, "in einem ruhigen und achtsamen Modus zu erscheinen" und um eine "gewaltfreie" Demo. "Eine weitere Eskalation der Gewalt" würden Familie und Mutter "emotional nicht verkraften". Die Demo sei "offen für alle Menschen und getragen vom Gedenken an Lorenz".

Welche Promis haben sich solidarisiert?

Auf den Fall haben bereits zahlreiche Prominente reagiert, darunter Sängerin und Moderatorin Senna Gammour und Moderatorin Ruth Moschner, die den Demo-Aufruf in ihrer Instagram-Story geteilt haben.

Die Rapperin Badmómzjay zeigt sich in ihrer Story erschüttert über den Fall. Dort schreibt sie unter anderem: "Polizeigewalt ist schon lange kein Einzelfall mehr. Vor allem keine rassistisch motivierte. Immer wieder werden Menschen durch unverhältnismäßige Einsätze verletzt, traumatisiert – oder, wie im Fall von Lorenz, sogar getötet."

(Mit Material von dpa)

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