Politisch bewegt sich aktuell viel in Deutschland. Jedes Wochenende gehen in Hunderten Städten Menschen auf die Straße, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Auch am ersten Februarwochenende werden etwa in Berlin bei einer Demo mit dem Titel "Wir sind die Brandmauer" mindestens 100.000 Teilnehmende erwartet.
Verschiedene Unternehmen nutzen derzeit ebenfalls die Gunst der Stunde, um ein politisches Statement zu setzen. Dass das für die Verantwortlichen nicht immer glücklich ausgeht, zeigt nun ein Vorfall aus Sachsen.
Peter Simmel ist der Inhaber von insgesamt 20 Edeka-Filialen, davon eine in Gera in Thüringen, der Rest befindet sich in Sachsen. Für alle Niederlassungen wurde im Januar wie gewohnt ein gemeinsamer Prospekt gedruckt, über den aktuellen Angeboten erschien allerdings ein roter Kreis mit der Aufschrift "Für Demokratie – gegen Nazis".
Mittlerweile ist dieser besondere Prospekt nicht mehr verfügbar, auf der Website der Simmel-Märkte findet sich lediglich eine überarbeitete Version ohne das Label. Zusätzlich reagiert der Unternehmer mit einer überraschenden Stellungnahme.
"Einige haben sich durch die Formulierung angegriffen gefühlt, dafür entschuldige ich mich bei Ihnen", schreibt Peter Simmel auf seiner Website und auf Facebook. Demnach hätten viele Menschen sich an dem Begriff "Nazis" gestört. Sie hätten sich angesprochen gefühlt, obwohl sie lediglich unzufrieden mit der aktuellen Regierung seien.
"Nach meinem Verständnis sind Nazis Rechtsradikale, welche unsere Demokratie abschaffen wollen, die Hitlerzeit verherrlichen und in ein solch menschenverachtendes System zurückwollen", unterstreicht Simmel in seinem Statement. In den Kommentaren auf der Facebook-Seite seiner Märkte schimmern andere Verständnisse des Begriffs durch, teils werden Begriffe aus dem Umfeld von Verschwörungstheoretiker:innen genutzt.
Simmel versucht nun, sich mit seinen Kund:innen gut zustellen und zeigt Verständnis für jene, die in der Vergangenheit "vorschnell in die Nazi-Schublade" gesteckt wurden. Insgesamt entschuldigt er sich in dem Text gleich viermal.
Seine Kritik münzt er entsprechend um und setzt den Fokus nun auf die Sorgen der Menschen aus dem Land, die oft nicht beachtet würden. Demnach denke die Bundesregierung seiner Ansicht nach zu wenig an die Menschen, die das Land am Laufen hielten.
Zufrieden sei auch Simmel mit der Regierungsarbeit nicht, er halte die Demokratie aber dennoch für die beste Staatsform.
Die Vorfälle sorgen nicht nur im rechtsradikalen Milieu für heftige Diskussionen auf Social Media, auch verschiedene Politiker:innen bewegt die gescheiterte Aktion in Sachsen. Marco Wanderwitz, ehemaliger Ostbeauftragter der Bundesregierung und CDU-Mitglied, sprach von einer "sächsischen Realität", die als traurig zu bewerten sei.
Unklar ist bisher, was genau zu der Reaktion von Peter Simmel geführt hat. Verschiedene Medienanfragen blieben zunächst unbeantwortet, einige vermuten deutlich heftigere Szenen hinter dem in dem Statement geschilderten "Austausch mit den Kunden".
Auch wenn am Wochenende erneut Tausende Menschen auf den Straßen gegen Rechtsextremismus eintreten werden, dürfte die Alternative für Deutschland (AfD) entsprechend weiter hohe Zustimmungswerte behalten. Trotz eines Rückgangs kommt sie in Umfragen aktuell auf gut 19 Prozent der Stimmen.