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Bayern: Flick hat im Machtkampf mit Salihamidzic einen großen Trumpf im Ärmel

Hansi Flick (r.) und Hasan Salihamidzic waren zuletzt nicht immer einer Meinung.
Hansi Flick (r.) und Hasan Salihamidzic waren zuletzt nicht immer einer Meinung. Bild: imago images / MIS
Analyse

Warum Flick im Machtkampf mit Salihamidzic einen großen Trumpf im Ärmel hat

14.01.2020, 09:22
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Die Generalprobe ging mächtig schief: Mit 2:5 verlor Bayern München im fränkisch-bayerischen Derby beim 1. FC Nürnberg. Obwohl es nur ein Testspiel war, schmerzte die Niederlage gegen den Drittletzten der zweiten Liga. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und Neu-Vorstand Oliver Kahn verließen laut Medienberichten das Max-Morlock-Stadion vorzeitig. Eine Diskussion zwischen Trainer Hansi Flick und Sportdirektor Hasan Salihamidzic flammt nun wieder auf.

Hansi Flick versuchte nach der deftigen Niederlage zumindest ein positives Fazit zu ziehen: "Wichtig war, dass es uns gelungen ist, die Spieler verletzungsfrei über die Runden zu bekommen", sagte der Trainer des Rekordmeisters. Es war auch eine Botschaft an Sportdirektor Hasan Salihamidzic.

Flick hatte schon im Trainingslager in Katar zwei neue Spieler gefordert und kündigte nach dem Desaster in Nürnberg weitere Gespräche mit Salihamidzic an. Die öffentliche Forderung von Flick nach Wintertransfers sorgte bei Salihamidzic für Verstimmung. Der Sportdirektor hatte zuletzt die Hoffnung auf Neuzugänge getrübt und den Kader, den er erstmals selbst zusammengestellt hat, als stark genug beschrieben.

FC Bayern hat akute Verletzungssorgen

Weniger als eine Woche vor der Ligapartie bei Hertha BSC am Sonntag sind die Personalsorgen akut: Die verletzten Lucas Hernández, Kingsley Coman, Javi Martínez und Niklas Süle sowie der gelbgesperrte Joshua Kimmich fallen in Berlin sicher aus. Dazu kommen die angeschlagenen Serge Gnabry, der mit Achillessehnenproblemen zu kämpfen hat, und Robert Lewandowski, der nach einer Leisten-OP am Mittwoch wieder ins Training einsteigen soll. Es bleiben Flick damit lediglich zwölf gestandene Feldspieler.

Zwei angeschlagene Hoffnungsträger in der Offensive: Robert Lewandowski (3.v.r.) und Serge (2.v.r.) Gnabry.
Zwei angeschlagene Hoffnungsträger in der Offensive: Robert Lewandowski (3.v.r.) und Serge (2.v.r.) Gnabry. Bild: imago images / Laci Perenyi

Flicks Hilferufe werden durch wiederholt kritische Stimmen aus der Mannschaft unterstützt: "Wenn wir bis zum Ende auf drei Hochzeiten tanzen wollen, sind wir darauf angewiesen, mehr fitte Spieler als nur 13 oder 14 zu haben. Fakt ist, dass wir momentan dünn besetzt sind", erklärte Joshua Kimmich nach dem Spiel in Nürnberg.

Flick und Salihamidzic glätten die Wogen

Die Diskussion ist ein Machtkampf, aber zu einem großen Streit wird es beim FC Bayern nicht kommen. Denn beide Bayern-Köpfe wissen wohl, wie schwer die vier Punkte Rückstand auf Tabellenführer RB Leipzig wiegen und wie viel Kraft die Rückrunde kosten wird, um die eigenen Ziele noch zu erreichen.

Flick kam seinem Sportdirektor etwas entgegen. Er sagte über potenzielle Neuzugänge nach dem Spiel in Franken: "Man muss jetzt sehen, was machbar ist. Es muss ein Spieler sein, der uns gleich weiterhilft." Damit wiederholte er die Worte von Salihamidzic. Vielleicht müsse der FC Bayern aber auch, fügte Flick trotzig an, "zwei bis drei Wochen überbrücken. Auch wenn wir im Moment weniger sind, haben wir noch genügend Qualität, um in Berlin zu gewinnen."

Die Bayern-Bosse waren in Nürnberg not amused: Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Herbert Hainer, Stellv. Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen und Vorstandsmitglied Oliver K ...
Die Bayern-Bosse waren in Nürnberg not amused: Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Herbert Hainer, Stellv. Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen und Vorstandsmitglied Oliver Kahn (v.l.n.r.).Bild: imago images / MIS

Auch Salihamidzic erklärte die Meinungsverschiedenheit nach der Rückreise aus Katar für beendet. "Das Thema ist für mich durch. Und für Hansi meinem Eindruck nach auch", sagte er der "Bild am Sonntag". Vielmehr noch: Salihamidzic stärkte in dem Interview sogar Flick. Auf die Frage, ob die Trainersuche aktuell eingestellt sei, erklärte er dem Blatt: "Natürlich! Wir haben doch gerade erst mit Hansi ein halbes Jahr verlängert, und es ist ganz klar, dass wir unsere ganze Kraft verwenden, um ihn zu unterstützen."

Einen Wintertransfer ließ er zwar wiederholt offen, machte aber wenig Hoffnung auf eine direkte Verstärkung: "Der finanzielle Rahmen muss passen und – noch wichtiger – die Qualität des Spielers muss stimmen", sagte er und ergänzte: "Unsere Mannschaft sinnvoll zu verstärken, ist nicht leicht. Außerdem ist der Transfermarkt im Winter dünn."

Flick hat Trumpf in der Hinterhand

Bleibt es jedoch dabei, dass der FC Bayern bis zum Ende des Winter-Transferfensters am 31. Januar keine neuen Spieler kauft, dann hätte Flick zumindest im Sommer einen Trumpf in der Hinterhand. Bei einem schlechten Abschneiden nach Saisonende säße Flick am längeren Hebel, da er im Winter schon gewarnt hatte, dass der Kader zu klein sei. Salihamidzic könnte man hingegen vorhalten, dass dieser die Vorzeichen falsch gedeutet hätte.

Vor Karl-Heinz Rummenigge, Boss von beiden, wäre das ein Vorteil. Es geht immerhin um einen neuen Job für Flick: Im Sommer will der FC Bayern entscheiden, wie es auf dem Trainerstuhl weitergehen soll.

l-r: gut geaunt Praesident Uli Hoeness (FC Bayern Muenchen) und Sportdirektor Hasan Salihamidzic (FC Bayern Muenchen), Vorstellung, Jupp Heynckes, FC Bayern Muenchen, Fussball, 1.Bundesliga, 09.10.201 ...
Hasan Salihamidzic (r.) tritt in große Fußstapfen: Über Jahrzehnte stellte Ex-Präsident Uli Hoeneß die Mannschaft des FCB zusammen. Bild: kolbert-press/Christian Kolbert

Der ehemalige Bayern-Kapitän Stefan Effenberg erklärte im Sport1-"Doppelpass": "Bayern ist in einer sehr kritischen Situation, sonst hätte Hansi Flick auch nicht derart klar formuliert, dass man unbedingt Verstärkung brauche", sagte Effenberg und erklärte, dass er in Flicks Ansage Kalkül sehe: "Er baut in gewisser Weise schon vor, falls die Saison nicht positiv verlaufen sollte. Flicks Forderung ist also ein Ausrufezeichen."

Salihamidzic setzt auf "seinen" Kader

Im Sommer hätte Salihamidzic einen "Nachteil". Warum bringt sich der Sportdirektor in diese Lage? Man könnte unter anderem schlussfolgern, dass er auf die Spieler setzen will, die er im Sommer holte. Schon damals gab es Kritik von Fans, Experten und eigenen Spielern, und den Ruf nach neuen Spielern. Erst zum Ende der Transferperiode beschwichtigte Salihamidzic die Gemüter mit der Leihe von Star-Spieler Philippe Coutinho. Salihamidzic, der im Sommer erstmals verantwortlich für die Kader-Planung war, hofft, dass der Brasilianer ebenso wie die beiden Defensiv-Neuzugänge Pavard und Hernández einschlagen. Das würde seine Position stärken.

Geht es nach den Bayern-Verantwortlichen, soll es im besten Fall jedoch gar nicht so weit kommen. Gewinnen die Roten die achte Meisterschaft in Folge und schneiden auch in der Champions League sowie im Pokal gut ab, dürften sich sowohl Flick als auch Salihamidzic feiern lassen. Das Geplänkel im Winter dürfte nicht weniger als zu einer Randnotiz werden. Und deswegen versuchen Die Bayern-Köpfe gerade Stärke und Zusammenhalt nach außen zu zeigen. Sie haben demnach aus den öffentlichen Querelen um Ex-Trainer Niko Kovac gelernt.

Und so schlecht ist auch nicht alles: Obwohl das Spiel in Nürnberg eine schallende Ohrfeige für den amtierenden Meister war, dürfte diese Partie auch Hoffnung geben. Nur in der ersten Halbzeit spielte das aktuelle A-Team und erst nach der Pause (beim Stand von 1:1) brach die Mannschaft völlig auseinander. Auf dem Feld stand eine C-Elf aus Nachwuchsspielern – denn Flick wollte die Hand voll gesunder Spieler nicht auch noch verlieren.

(bn)

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