Ein unspektakuläres 2:0 gegen Peru und eine wilde 2:3-Niederlage gegen Belgien, die für Lothar Matthäus "das Schlechteste" war, "was ich eigentlich in meiner langen, langen Laufbahn fast schon gesehen habe". Auch zum Auftakt in das Länderspieljahr 2023 konnte die deutsche Nationalmannschaft noch nicht wirklich eine neue Euphorie um das DFB-Team schüren.
Zudem sorgten die Nominierungen einiger Spieler im Vorfeld für reichlich Verwirrung. "Wenn der ein oder andere etablierte Spieler weg ist, entwickelt sich in der Gruppe etwas und genau die Dinge wollten wir provozieren. Spieler, die sich im Hintergrund befinden, können sich jetzt in den Vordergrund spielen", sagte Flick bereits vor dem Spiel gegen Peru.
Statt sich in den zahlreichen Testspielen mit Blick auf die Heim-EM 2024 einzuspielen, verzichtete er auf altbekannte DFB-Stars wie Thomas Müller, Leroy Sané, İlkay Gündoğan, Antonio Rüdiger und Niklas Süle.
Watson hat den Überblick, wie es für die etablierten Nationalspieler in den kommenden Monaten weitergeht und wer mit Blick auf die EM 2024 schon jetzt um eine Nominierung zittern muss.
Früh war klar, dass Müller bei den Spielen im März und auch für die Länderspiele im Juni nicht von Hansi Flick nominiert wird. Das machte der Bundestrainer bereits Anfang März in einem Interview mit dem "Kicker" deutlich.
Müller nahm die Nicht-Berücksichtigung sportlich und verkündete kurz darauf auf Instagram, dass er sich bestmöglich auf den Saisonendspurt mit dem FC Bayern vorbereiten wolle. "Wir haben in allen drei Wettbewerben eine super Ausgangslage und in dieser Saison noch viel vor! Mein Hunger nach Trophäen ist ungebrochen", schrieb er.
In den ersten beiden Länderspielen des Jahres drängte sich kein Spieler auf der Müller-Position wirklich auf.
Bestätigt der 34-Jährige auch unter Thomas Tuchel seine starken Leistungen im Bayern-Trikot wie in der Champions League gegen Paris, dann kommt Flick weiterhin nicht umher, mit ihm in der Offensive zu planen.
Der Spieler von Manchester City wollte seine Karriere im DFB-Trikot nach der EM eigentlich beenden, wurde von Hansi Flick jedoch wieder umgestimmt. Bei der WM in Katar machte er alle Spiele, wurde jedoch immer vorzeitig ausgewechselt.
Dennoch: Flick plant mit ihm als Spielgestalter im Mittelfeld. Er verpasste die ersten beiden Spiele in diesem Jahr lediglich, da er und seine Frau zum ersten Mal Eltern wurden.
Gündoğan ist bei Manchester City mittlerweile Kapitän und wird auch in Flicks Planungen in Richtung EM 2024 eine große Rolle spielen. Das Turnier könnte sein letztes im DFB-Trikot sein.
Flick hält große Stücke auf Rüdiger und der zeigt in dieser Spielzeit konstant gute Leistungen bei Real Madrid. Auch Niklas Süle scheint vor allem in der Rückrunde immer besser beim BVB anzukommen, dort ist er der unumstrittene Abwehrboss.
Selbst Joshua Kimmich war überrascht, dass beide nicht nominiert wurden und hätte sie "auf der Liste erwartet".
Ihre Vertreter Schlotterbeck und Ginter machten ihre Sache gegen Peru souverän. Das Duo Kehrer/Ginter wirkte gegen die belgische Offensive um die Top-Stars de Bruyne und Lukaku ziemlich überfordert. Rüdiger werden sie dadurch nicht aus der Startelf verdrängen und auch Süle hat noch einen Vorsprung bei Flick. Beide werden im Sommer wieder dabei sein und bei der EM wichtig werden.
Der dritte Spieler, den Kimmich eigentlich auch beim DFB-Team erwartet hätte. Nach enorm starker Hinrunde fiel Sané in diesem Jahr in ein Leistungsloch. In den vergangenen Monaten unter Julian Nagelsmann schwankte Sané zwischen Weltklasse-Aktionen und lustlosem Auftreten. Folglich pendelte er zwischen der Bank und der Startelf.
Sané nutzte die Länderspiel-Pause, um zu seiner Frau und seinen Kindern nach England zu fliegen und Zeit mit der Familie zu verbringen. Der Trip war jedoch mit dem Verein abgesprochen.
Klar ist: Wenn Sané in Top-Form ist, ist er eine absolute Bereicherung für das DFB-Team.
Es gibt einen Konkurrenzkampf im DFB-Tor. Nachdem jahrelang klar war, dass Neuer die unangefochtene Nummer 1 ist, hat seine Verletzung einiges durcheinander gewirbelt.
Ter Stegen ist die neue Nummer 1 und Neuer nur noch Herausforderer. "Manuel weiß genau, dass auch bei der Nationalmannschaft das Leistungsprinzip gilt. Wir haben auf der Position enorm viel Qualität", machte Flick deutlich.
Während Neuer nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch in dieser Saison nicht mehr spielt, beeindruckt ter Stegen in Barcelona. Nach 26 Spielen hat er gerade einmal neun Gegentore hinnehmen müssen. Gegen Belgien war er bei allen Gegentoren machtlos.
Aber: Behält er seine starke Form bei, könnte Neuer – wie Kahn beim Sommermärchen 2006 – bei der Heim-EM 2024 nur noch die Nummer 2 im deutschen Tor sein.
Hummels Zeit im DFB-Team dürfte endgültig vorbei sein. Flick verzichtete auf den Weltmeister von 2014 bereits beim Turnier in Katar – obwohl der 34-Jährige eine starke Hinrunde gespielt hatte. Mittlerweile wurde er vom Duo Schlotterbeck/Süle beim BVB auf die Bank verdrängt und wird auch in Flicks Planungen keine Rolle mehr spielen.
Anders sieht es bei Reus aus. Flick ist großer Fan des Dortmunder Kapitäns, den er als einen der besten Spieler im letzten Angriffsdrittel sieht. "Ich habe natürlich immer Bock, das entscheidet am Ende aber der Bundestrainer", sagte Reus Anfang März auf eine mögliche Nominierung.
Bleibt Reus endlich mal über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei, könnte der 33-Jährige bei den Spielen im Sommer und mit Blick auf die Heim-EM nochmal wichtig werden.