Sport
Bundesliga

Kane beim FC Bayern: Wie Tottenham-Boss Levy allen das Leben schwer machte

Tottenham's Harry Kane is in action during the English Premier League soccer match between Everton and Tottenham Hotspur at the Goodison Park stadium in Liverpool, England, Monday, April 3, 2023. ...
Kommt er zu Bayern oder nicht? Lange wurde um die Zukunft von Harry Kane verhandelt, nun sieht es danach aus, als käme der englische Stürmer nach München.Bild: AP / Jon Super
Bundesliga

Kane beim FC Bayern: Wie Tottenham-Boss Levy allen das Leben schwer machte

13.08.2023, 08:08
Mehr «Sport»

"Das ist ein grandioser Spieler, aber das ist eine Größenordnung – ich weiß, dass Manchester City letztes Jahr bei 140 oder 150 Millionen ausgestiegen ist und kann mir nicht vorstellen, dass das Beträge sind, die der FC Bayern bezahlen will oder kann", sagte Bayern-Boss Uli Hoeneß noch im Januar im "Sport1-Doppelpass" über einen möglichen Wechsel von Tottenham-Stürmer Harry Kane nach München.

Rund sieben Monate später ist klar: Die Bayern wollen und können eine ähnliche Summe zahlen. Laut Medienberichten sind es zwar "nur" 100 Millionen Euro zuzüglich 16 Millionen Euro möglicher Bonuszahlungen, allerdings durchbricht der deutsche Rekordmeister damit eine Schallmauer im deutschen Transfermarkt. Noch nie hat ein Bundesligist 100 Millionen Euro für einen Spieler ausgegeben. Vorheriger Rekordhalter war die Verpflichtung der Münchner von Lucas Hernández 2019. Der Franzose kam für 80 Millionen von Atlético Madrid.

Tottenham-Boss Levy beweist im Kane-Poker ein harter Verhandler zu sein

Dass der Kane-Deal über die Bühne geht, ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Denn: Von Beginn des Pokers an wurde in nahezu jedem Medienbericht erwähnt, wie hartnäckig Tottenham-Boss Daniel Levy verhandelt. Am Anfang mag das für viele eine abgedroschene Phrase gewesen sein. In den letzten Wochen hat der 61-Jährige aber bewiesen, wie er den Bayern die Verhandlungen und damit auch das Leben schwer gemacht hat.

Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update! Hier findest du unseren Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne hier auch auf Instagram.

Zunächst fingen die Verhandlungen damit an, auszuloten, welche Summe sich beide Parteien für die Ablöse vorstellen. Schwer wurde es für die Bayern allerdings, weil Levy offenbar nie über konkrete Zahlen gesprochen habe. Die Münchner Verantwortlichen wussten demnach bis zuletzt nie, wie weit sie von den Vorstellungen des Tottenham-Bosses entfernt waren.

Im Trainingslager im Juli am Tegernsee hatte Hoeneß sogar offen gesagt: "Er nennt ja keine Zahl." Die Verantwortlichen des FC Bayern müssten Levy dazu "bringen, eine Zahl zu nennen." Er fügte danach an: "Er spielt natürlich auf Zeit, er ist ein ausgebuffter und, wie ich finde, super Profi, ich schätze den sehr."

Ob das auch bis zuletzt so blieb, ist offen. Denn diese Eigenheit war nicht der einzige Versuch, den Transfer zu verzögern. Vor rund zwei Wochen, als die Bayern noch auf ihrer Asien-Tour waren, war Tottenham bereits vom Asien-Australien-Trip nach England zurückgekehrt. Bayerns Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen und Kaderplaner Marco Neppe hatten sich deshalb mit Levy auf einen Freitag verabredet, um in London über den Wechsel zu verhandeln.

Southampton v Tottenham Hotspur - Premier League - St Mary s Stadium Tottenham Hotspur chairman Daniel Levy in the stands ahead of the Premier League match at St Mary s Stadium, Southampton. Picture d ...
Daniel Levy ist seit 2001 Vorstandsvorsitzender bei Tottenham.Bild: www.imago-images.de / imago images

Zu diesen Verhandlungen kam es jedoch zunächst nicht. Der Spurs-Chef hatte kurzfristig abgesagt. Angeblich, weil er vom Jetlag geplagt sei und daher nicht verhandeln wollte. Sofort spekulierte beispielsweise die "Sport Bild", dass dieser Schachzug zu seiner Verhandlungstaktik gehöre, da er "sich nicht von anderen sagen" lassen wolle, "wann verhandelt wird".

Tottenham-Boss setzt auf Zeitspiel

Egal, was der wahre Grund für die Absage des Meetings war: Levy verschaffte sich dadurch ein ganzes Wochenende Zeit. Dreesen und Neppe reisten erst am Montag, dem 31. Juli, nach London, flogen um kurz nach 10 Uhr, verhandelten und kehrten am Abend zurück nach München – ohne Einigung. Der Wechsel sollte sich noch rund zehn Tage ziehen und Levy noch weitere Tricks anwenden, um den Transfer auszubremsen.

Zum Beispiel in der ersten August-Woche. Die Bayern hatten gerade ihr drittes Angebot über rund 100 Millionen Euro abgegeben und wollten bis Freitag Mitternacht eine Rückmeldung erhalten. Levy provozierte in diesem Zusammenhang direkt doppelt. Einerseits missachtete er die Deadline und reagierte gar nicht. Andererseits drang zu den Medien, dass er nach Miami geflogen sei, wo seine Familie gerade im Urlaub entspanne und er sie für ein Wochenende besuchen wolle.

"Bild" interpretierte diese Aktion so, dass Levy dem deutschen Rekordmeister signalisieren wollte, wer bei den Verhandlungen das Sagen hat.

Nach der Einigung folgt das nächste Drama um Kane

Wenige Tage später, am Donnerstag, 10. August, verbreitete sich dann die Nachricht der Einigung zwischen den Bayern und Tottenham enorm schnell. Der Wechsel war da aber längst nicht beschlossen. Denn nach der Einigung der Klubs gingen erneut die Spurs mit Kane in Verhandlungen. Laut Premier-League-Experte und Ex-Bundesliga-Stürmer Jan Åge Fjørtoft komme das immer wieder vor. Im Podcast "Bayern-Insider" erklärte der norwegische Ex-Profi, der viele Jahre in England spielte:

"Ich habe erfahren, dass es um finanzielle 'Herausforderungen' ging. Ich habe selbst viele Transfers in England erlebt. Am Ende ging es auch bei mir – zwar mit geringeren Summen – um den Loyalitätsbonus oder die Unterschriftsprämie. Aber nicht vom Vertrag mit dem neuen Klub, sondern vom alten."

Demnach sei es üblich, dass auch über das letzte Vertragsjahr noch Bonuszahlungen vom eigentlichen Vertragsabschluss ausstehen. Laut Fjørtoft werde dann oft darüber verhandelt, ob alle ausstehenden Zahlungen noch dem Spieler überwiesen werden, nur ein Teil oder gar keine. Auch diese Thematik hat sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag geklärt. Der Flug von Kane war bereits geplant, er sollte um 10 Uhr in Oberpfaffenhofen bei München landen.

Wenige Stunden vor der eigentlichen Landung verbreitete sich das nächste Gerücht: Tottenham solle Kane die Flugerlaubnis entzogen haben, weil Levy laut Transfer-Experte Fabrizio Romano noch einmal "ein paar kleinere Details des Deals" nachverhandeln wolle. Zudem sei Levy aktuell noch immer in den USA und damit in einer anderen Zeitzone. Kurz nach diesen Gerüchten dementierten Reporter:innen der BBC und Sky UK die Berichte über ein angebliches Flugverbot.

Kane-Drama nimmt ein gutes Ende

Am Freitagabend dann die erlösende Nachricht für alle Bayern-Fans: Ihr Stürmer-Star ist in München gelandet. Machte sogar noch einen Medizincheck. Ob er am Samstag schon beim Supercup gegen RB Leipzig auf dem Platz stehen wird? Gut möglich.

Bei all dem Drama Kane hat Levy seinem Ruf über Wochen alle Ehre gemacht. Als i-Tüpfelchen der Geschichte hätte eigentlich nur noch gefehlt, dass aufgrund eines defekten Fax-Geräts die entscheidenden Transferunterlagen aus London nicht verschickt werden können.

Ein zukünftiger Teamkollege von Kane kennt sich damit genaustens aus. Im Januar 2011 scheiterte ein Wechsel von Eric Maxim Choupo-Moting vom Hamburger SV nach Köln genau deshalb am Deadline Day. Zumindest für diese Panne hätten die Münchner aber noch genug Zeit, um sie auszubügeln.

Nach Nagelsmann-Absage: FC Bayern soll böse Vermutung haben

Am Freitag verkündete der DFB die für ihn so frohe Kunde, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann seinen im Sommer auslaufenden Vertrag um zwei Jahre verlängert hat. Er wird die deutsche Nationalmannschaft also nicht nur bei der anstehenden Heim-EM, sondern auch bei der WM 2026 betreuen.

Zur Story