"Die Transferphase ist auch noch länger und noch nicht geschlossen", erklärte Bayerns Sportdirektor Christoph Freund noch am Dienstag, als er auf die Personalie Jonathan Tah angesprochen wurde. Seit Wochen wird bei dem Innenverteidiger über einen möglichen Deal zwischen Leverkusen und den Münchnern spekuliert, mehrfach wurden FCB-Angebote von den Leverkusenern abgelehnt.
In der vergangenen Woche wurde dann aber eine mündliche Vereinbarung zwischen den beiden Vereinen öffentlich, die eine Kopplung von Tahs Verpflichtung an den Verkauf von Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui an Manchester United vorsah. Die Abgänge der beiden Verteidiger sind nun zwar gesichert, bei den Bayern ist man aber wohl wieder von dem Tah-Deal abgerückt.
Dass das in Leverkusen gar nicht gut ankommt, liegt auf der Hand. Einem Bericht des "Kicker" zufolge hatte man sich schließlich direkt bereit erklärt, den Deal anzunehmen, sobald de Ligt verkauft ist.
Bei einem Treffen der Leverkusener Fanklubs in der BayArena hatte Geschäftsführer Fernando Carro seiner Wut am Dienstag umgehend Luft gemacht – und damit auch verlauten lassen, welche Konsequenzen die Unzuverlässigkeit der Münchner auch langfristig haben könnte.
"Also, ich halte von Max Eberl nichts, absolut nichts!", wütete der CEO laut "Kicker" gegenüber den Vertreter:innen der Fanklubs. Ein zweiter Satz dürfte bei den Bayern aber noch mehr für Aufsehen gesorgt haben: "Und ich würde nicht mit ihm verhandeln."
Die Tragweite seiner Aussage hat Carro dann offenbar schnell selbst erkannt. Auf Anfrage der "Bild"-Zeitung ruderte der 60-Jährige noch einmal zurück und entschuldigte sich. "Die Aussagen zu Max Eberl habe ich in einem informellen Austausch mit Bayer 04-Fans getätigt. Dass sie in dieser Form aufgegriffen und multipliziert werden, war nicht beabsichtigt", erklärte der Leverkusen-Boss am Mittwoch, nachdem bereits zahlreiche Medienberichte zu dem Fall veröffentlicht worden waren.
Logisch also, dass das Ganze auch an der Säbener Straße nicht unbemerkt blieb. Eine Gegenoffensive ließ man sich entsprechend ebenfalls nicht nehmen. Der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen erklärte, man sei sehr "irritiert" von Carros Aussagen.
"Wir können und werden solche unsachlichen Angriffe auf den FC Bayern niemals dulden, geschweige denn akzeptieren", erklärte der Bayern-Boss der "Bild". Dies habe man auch in einem persönlichen Gespräch mit Carro noch einmal verdeutlicht. Die sportliche Konkurrenz rechtfertige demnach nicht derlei Aussagen gegen Einzelpersonen in der Geschäftsführung.
Die Verhandlungen zur Causa Tah sind zwar offensichtlich ohnehin beendet. Denn dem Bericht des "Kicker" zufolge kam nun von der Säbener Straße lediglich ein Angebot, das deutlich unter der bereits in der Vergangenheit abgelehnten Ablösesumme von 20 Millionen Euro liegt. Mit seiner Offensive gegen Eberl dürfte Carro damit eher einen Ausblick auf Deals in den kommenden Jahren gegeben haben.
Denn Tah ist bei Weitem nicht der einzige Spieler, auf den die Bayern im Kader der Werkself ein Auge geworfen haben. Max Eberl persönlich hatte noch im Frühjahr verlauten lassen, man müsse Verhandlungen erwägen, "wenn ein Spieler wie Wirtz verfügbar" wäre.
DFB-Star Florian Wirtz hat in Leverkusen noch einen Vertrag bis 2027. Zwar ist seine Vereinsgeschichte noch nicht ganz so lang wie die von Jonathan Tah, doch auch der 21-Jährige spielt bereits seit mehr als vier Jahren für den Titelverteidiger. In diesem Sommer wird er wohl nicht mehr wechseln, 2025 aber könnte die Zeit dann reif sein.
Carro gab am Mittwoch indes auch an, ein sehr emotionaler Mensch zu sein, seine Haltung zur Konkurrenz in München sei aber nicht per se negativ. "Ich respektiere selbstverständlich den FC Bayern, seine Verantwortlichen und die Leistungen, die dieser Verein für den deutschen Fußball erbracht hat", sagte er der "Bild". Max Eberl persönlich hat sich indes bisher nicht zu der Kritik und möglichen Konsequenzen geäußert.