Freudestrahlend erzählte Manuel Neuer, dass er sich auf die Partie gegen Galatasaray Istanbul am Mittwoch freue. Vor seinem ersten Champions-League-Spiel seit rund einem Jahr beantwortete er brav die Fragen der Journalist:innen auf der Pressekonferenz. Ein Unterschenkel-Bruch hatte ihn vorher so lange aus dem Spielbetrieb genommen. Nun sei er froh, dass er die Nachwirkungen seiner Verletzung so gut verkrafte und generell freue er sich, dass er wieder Fußball spielen könne.
Die lange Auszeit zieht aber auch nach sich, dass er seinen Platz im Tor der Nationalmannschaft zumindest vorerst verloren hat. Sein härtester Konkurrent, Marc-André ter Stegen, steht bei Barcelona im Tor, ruft ebenfalls seit Jahren Bestleistungen ab. In der Länderspiel-Pause im September sagte er deshalb ganz selbstbewusst: "Ja, ich bin die Nummer eins im Moment. Ich habe lange auf diesen Moment gewartet und glaube, dass ich den Moment nutzen kann. Ich werde alles dafür tun, dass ich den Status behalte."
Schon damals war zu vernehmen gewesen, dass Neuer bald sein Comeback geben könnte. Knapp zwei Monate später steht Neuer vor seinem vierten Spiel. Es sieht so aus, als hätte sein Körper die Verletzung gut verkraftet, gegen Dortmund zeigte er bei einer Parade gegen Marco Reus, was noch in ihm steckt.
Da die nächste Länderspielpause bereits nach dem kommenden Wochenende ansteht, ist die Frage, ob Manuel Neuer wieder zurück ins DFB-Team kehrt, aktueller denn je. Vor dem Galatasaray-Spiel sagte er aber klar, dass die anstehenden Partien gegen die Türkei und Österreich zu früh für ihn kämen: "Ich werde nicht zur Nationalmannschaft reisen, weil ich die Zeit noch brauche. Das hat medizinische Gründe, es stehen noch viele Spiele an und es ist wichtig für mich, die 'Wunden' zu pflegen."
Er sei aber im regelmäßigen Austausch mit Bundestrainer Julian Nagelsmann, zuletzt nach dem Bayern-Sieg beim Top-Spiel gegen Dortmund (4:0). Als die Nachfrage aufkam, ob sich der Verzicht auf das DFB-Trikot nur auf den November beziehe und wie er damit umgehe, dass er wohl zunächst hinter ter Stegen die Nummer zwei sei, machte er eine Ansage, die sowohl den Barcelona-Keeper als auch den Bundestrainer aufhorchen lassen wird:
Passend dazu schwärmte im Anschluss Bayern-Trainer Thomas Tuchel von der starken Form, die Neuer in den ersten Spielen nach seinem Comeback gezeigt habe: "Er ist sensationell gut da. Wir wussten nicht, ob er gegen Darmstadt danach direkt englische Wochen spielen kann." Diese Unsicherheit sei nun gewichen.
Gleichzeitig betonte Tuchel auch, dass er das Limit bei Neuer noch nicht erreicht sehe. "Er gibt uns Stabilität und führt mit seiner ganz eigenen, ruhigen und fokussierten Art und macht die Mitspieler um sich herum einfach besser", ergänzte Tuchel und schloss wohl mit dem wohl größten Lob ab, das er geben kann: "Dass das so schnell auf diesem Niveau passiert, ist außergewöhnlich."
Gibt es bei Neuer keine Rückfälle aufgrund der Verletzung und performen sowohl der Bayern-Schlussmann als auch ter Stegen weiter auf starkem Niveau, wird Nagelsmann im März in einer Zwickmühle stecken. Dann kommt es zu den ersten Länderspielen des neuen Jahres. Beide Keeper werden sich bis dahin zeigen wollen, um den Platz als Stammtorhüter bei der Heim-EM im nächsten Sommer zu ergattern.
Während der Kampf im Tor der deutschen Nationalmannschaft noch völlig am Anfang steht, hat ein Streit in den vergangenen Tagen in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit erregt. Vor und nach dem Top-Spiel gegen Borussia Dortmund hatte Bayern-Trainer Thomas Tuchel die Sky-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann ironisch kritisiert, war offensichtlich mit deren Meinungsstärke und der Kritik nicht zufrieden.
Vor dem Champions-League-Spiel gegen Galatasaray wurde er nun erneut auf das Thema angesprochen. Auf die Frage, ob er solche Debatten bewusst anspreche oder ob er spontan reagiere, sagte er klar: "Es ist alles spontan und dadurch bleibe ich authentisch." Danach wandte er sich direkt an die Journalist:innen und sagte: "Ihr werdet normalerweise von mir immer gerade aus eine Antwort bekommen."
Der 50-Jährige wurde außerdem gefragt, ob ihm seine Mannschaft leid tue, weil die Spieler durch die öffentliche Diskussion rund um ihn und die Sky-Experten nicht so viel Lob für die starke Partie gegen Dortmund bekommen hätten. "Meine Mannschaft tut mir nicht leid", sagte er zwar klar, betonte aber im Anschluss, dass er und sein Betreuerstab den Spielern bereits Feedback zur "Top-Leistung" gegeben haben.
Alles in allem moderierte Tuchel in dieser Presserunde die Kritik an den Experten souverän ab, sodass nun der Fokus seiner Mannschaft voll und ganz auf den Champions-League-Kracher gegen Galatasaray gerichtet sein dürfte.