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Kevin-Prince Boateng ist viel herumgekommen. In seiner 18-jährigen Profikarriere von 2005 bis 2023 spielte er für 15 verschiedene Vereine in fünf verschiedenen Ländern. Er wurde spanischer und italienischer Meister, gewann den DFB-Pokal und nahm mit Ghana an zwei Weltmeisterschaften teil.
Unvergessen sind seine markanten Sprüche in der Öffentlichkeit. Nach dem Pokalsieg mit Eintracht Frankfurt 2018 gegen die Bayern enthüllte er den Spruch, den Ante Rebić ihm vor dem Spiel mitgegeben hatte: "'Bruder, schlag den Ball lang!' Und dann hab ich gesagt: 'Bruder, ich schlag den Ball lang!'" Das Ergebnis war das 2:0 durch den Kroaten und der gleichzeitige Knockout der Münchner.
Aber auch seine Protz-Anfälle gab es. In der "Sport Bild" sagte er zu Beginn seiner Karriere, dass er einmal gegen seinen Frust drei Autos gekauft hätte. Gleichzeitig sind aber auch sozialkritische Aussagen Boatengs bekannt. 2018 war er mit folgendem Satz zur Wahl des Fußballer-Spruch des Jahres nominiert: "Es kommt mir vor, als ob wir mehr gegen Pyrotechnik kämpfen als gegen Rassismus."
Wenn man über den 36-Jährigen spricht, gibt es daher nicht nur die eine Seite des ehemaligen Mittelfeldspielers. Er hat mehrere Gesichter. In einem ausführlichen Interview im Schweizer Fernsehen hat er nun sein emotionales gezeigt.
In der Talkshow "Lässer", die im Schweizer TV-Sender blue läuft, sprach er beispielsweise darüber, wie er seit seinem Karriereende den Weg zu Gott gefunden habe. Im Gespräch mit Moderatorin Claudia Lässer sagte der ehemalige Hertha-Spieler, dass ihm eine Person in den vergangenen Monaten geraten habe, in Sydney in eine bestimmte Kirche zu gehen.
"Ich habe mich ganz hinten in die Ecke gesetzt, wie man das so macht, wenn man erstmal zuhören möchte", begann Boateng. "Und nach fünf Minuten stand ich, mit beiden Armen ausgestreckt, weinend, da, weil der 'Holy Spirit' mich getroffen hat. Seit dem Tag wusste ich, dass es nur noch einen Weg geben wird."
Danach habe er nicht mehr schauspielern müssen. Zu der Zeit davor sagte er: "Ich hätte einen Oscar gewinnen müssen. Ich war ein sehr guter Schauspieler." Nun wiederum sei er glücklich und könne sein wahres Ich zeigen, weil er "von innen" glücklich ist.
Kurz danach sprach er eine Zeit an, die für ihn nicht so einfach gewesen sei: "Ich hatte meine Dämonen, ich hatte meine Probleme, habe zu Hause geweint. Von meinen Depressionen wusste keiner." An diesem Punkt hakte Lässer ein, fragte, wie er trotzdem noch weiter Fußball spielen konnte. "Keine Ahnung. Der liebe Gott hat mir so viel Talent in meinen Füßen gegeben, dass die Leute nicht in mein Gesicht geguckt haben", fasste Boateng trocken zusammen.
Lässer sprach anschließend Boatengs Zeit in Monza an, die für den Ex-Profi wohl am schlimmsten war. "Da warst du auch mal vier Wochen nur im Bett, oder?" "Ein bisschen länger sogar", entgegnete Boateng. Was da passiert sei, wollte die Moderatorin wissen.
Die Depressionen, die er zu dieser Zeit gehabt hatte, seien einfach zu erklären. "Du bist leer", fing er an. "Du hast nichts mehr zu geben. Ich bin in Trance Auto gefahren und wusste nicht mehr, wie ich angekommen bin." Er habe außerdem Zeit mit seinem Sohn verbracht, ohne zu wissen, was er mit ihm machen solle, weil er sich einfach nur leer gefühlt habe.
"Dann habe ich mich für mehr als einen Monat in ein Zimmer gesperrt, habe nichts gegessen, ganz wenig Wasser getrunken und bin nicht aufgestanden", schildert er diese harte Zeit. "Dann geht dir dein ganzes Leben durch den Kopf und du redest dir immer wieder ein, dass es schlecht ist und nicht gut ist und dass alles, was du erreicht hast nur scheiße ist, wenn ich das so sagen darf." Es sei keine schöne Zeit gewesen.
Ein enorm wichtiger Schritt sei dann gewesen, mit einem Psychologen zu sprechen. Lange habe er sich davor gesträubt, weil er gesellschaftlich noch so geprägt sei, dass Männer "ja nicht zugeben, dass wir schwach sind, dass wir weinen." Letztlich sei es aber "der beste Schritt meines Lebens" gewesen.
Mit der psychologischen Unterstützung habe er auch gelernt, Menschen, wie seiner Mutter und seinem Vater, zu verzeihen. Gleichzeitig soll er selbst um Entschuldigung gebeten haben. Unter anderem bei seinem älteren Sohn. "Wenn du so stolz und ehrenvoll bist, kannst du das nicht, weil es für dich nicht möglich wäre, mal in die Knie zu gehen und Entschuldigung zu sagen", erklärt Boateng die Veränderung, die er durchlebt hat und durch die er nun ein neues Leben führt.
