Der Frust bei Borussia Dortmund ist groß. Spätestens beim Interview von Emre Can nach dem Pokal-Aus in Stuttgart (0:2) wurde das deutlich. Der BVB-Kapitän schimpfte im ZDF nach Abpfiff und beklagte, dass die Leistung von ihm und seiner Teamkameraden fußballerisch "eine Katastrophe" gewesen sei.
Am Mikrofon bei Sky führte er präziser aus: "Gegen den Ball war es extrem schlecht. Das Anlaufen war extrem schlecht. Die Zweikampfführung war extrem schlecht. Es hat vorne und hinten nicht gepasst." Der deutsche Nationalspieler nahm sich und seine Mitspieler im Anschluss in die Pflicht und stellte sich gleichzeitig vor Trainer Edin Terzić, indem er sagte: "Wir müssen mehr wollen und mehr Intensität im Spiel haben. Das ist nicht immer alles nur Trainer-Sache. Das muss auch mal von der Mannschaft kommen."
Auffällig bei dem Spiel gegen die Stuttgarter: die enorm defensive Einstellung der Dortmunder gerade in der ersten Halbzeit. Teilweise verteidigten Mats Hummels und seine Mitspieler mit neun Feldspielern um den eigenen Strafraum. Ähnlich machte es der BVB auch am vergangenen Wochenende gegen Leverkusen, erkämpfte sich so ein schmeichelhaftes 1:1.
Das Kuriose an der aktuellen BVB-Saison: In der Champions League hat die Mannschaft schon vorzeitig den Achtelfinal-Einzug gesichert. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Gruppe setzte sich die Borussia mit zwei Siegen gegen Newcastle frühzeitig durch. In der Liga haben die Dortmunder bis jetzt zwar auch nur zwei Mal verloren, zeigten aber auch sehr oft schwache Auftritte, bei denen sie trotzdem punkteten oder siegten.
Dazwischen kommen blutleere Auftritte wie bei der Pleite gegen die Bayern (0:4) oder die Liga-Niederlage gegen Stuttgart vor drei Wochen (1:2).
Diese unterschiedlichen Auftritte veranlassen Ex-BVB-Profi Fredi Bobic nun zu einem klaren Urteil. In seiner aktuellen "Kicker"-Kolumne schreibt er, dass das Team von Terzić aktuell "schwer zu fassen" sei. "Borussia Dortmund bleibt eine Mannschaft mit zwei Gesichtern", stellt er fest.
Demnach würde besonders die "Widerstandskraft", die den BVB in den Champions-League-Spielen ausgemacht habe, in den Liga-Partien oft fehlen. Gleichzeitig stellte der 52-Jährige fest: "Man weiß vorher nie so genau, was man von diesem Team bekommt."
Am kommenden Sonntag trifft der BVB mit Leipzig auf den vierten Platz in der Liga. RB steht damit einen Punkt vor der Borussia. Die Partie ist für beide Vereine enorm wichtig. Einerseits, um vielleicht doch noch den Anschluss an die Spitze zu halten. Andererseits berechtigt der vierte Rang zur Teilnahme an der Champions League – das Minimalziel beider Klubs.
Obwohl Leipzig und Dortmund neun und zehn Punkte Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen haben, warnt Bobic davor, beide Teams schon abzuschreiben: "Leverkusen droht im Januar die Abstellung von fünf Profis für den Afrika-Cup. Kein deutscher Klub ist stärker betroffen. Dann werden die Karten neu gemischt." Oder aber, der FC Bayern nutzt diese Phase, um der Liga erneut zu enteilen und die Langeweile in die Bundesliga zurückzubringen.