Wir schreiben das Jahr 2000. "Tiger" Stefan Effenberg, damals Kapitän des FC Bayern München, erscheint zur vereinsinternen Weihnachtsfeier in einem Outfit à la Joe Exotic: Cowboystiefel und rote Lederhosen. Der damalige Bayern-Präsident Franz Beckenbauer, der das Outfit von Stefan Effenberg "nicht glücklich" findet, verkündet anschließend mit kaiserlichem Entsetzen: "Wenn ich zu einer Weihnachtsfeier gehe, trage ich Sakko, Hemd und Krawatte."
Effe stänkert in der Boulevardpresse zurück: "Ich trete so auf, wie ich es für richtig halte. Wenn das einem nicht passt, dann ist mir das scheißegal." Der Mittelfeldregisseur hatte bei der Feier außerdem eine Rede gehalten und darin über Beckenbauer und Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber gelästert.
Diese 20 Jahre alte Anekdote steht beispielhaft für die 90er und 00er Jahre beim FC Bayern München, als der Rekordmeister sich einen Namen als FC Hollywood machte. Gespickt mit Exzentrikern, Lichtgestalten und Skandalnudeln von Hoeneß, Beckenbauer, Trapattoni ("Ich habe fertig!") bis Klinsi, Super Mario, Torwart-Titan Kahn, Loddar und Effe, waren öffentliche Eklats jeder Dimension, Affären, Wutreden, Schmunzler und Scharmützel an der Tagesordnung.
Damals verging kaum ein Tag beim FC Bayern ohne Skandälchen. Und viele Fans fragten sich, ob die Säbener Straße wirklich in der bayerischen Hauptstadt liegt oder vielleicht doch in der Filmmetropole Los Angeles.
In den vergangenen Jahren ist es wieder etwas ruhiger geworden beim FC Bayern München. Die Zeiten haben sich geändert, die bayerische Glitzerwelt funkelt nicht mehr ganz so dolle wie früher (außer das Goldsteak von Franck Ribéry Anfang 2019). Kein Hoeneß mehr, zumindest nicht in vorderster Front, kein Beckenbauer, kein Loddar. Selbst Titan Kahn ist seriös geworden.
Doch aktuell scheint es, als feierte der FC Hollywood ein kleines Comeback. Grund ist vor allem der Streit zwischen Bayerns Abwehrboss David Alaba und dem Klub. Der Vertrag des 28-jährigen Österreichers läuft im Sommer aus, eine Einigung steht in den Sternen, zumal sich die Verhandlung längst in die mediale Öffentlichkeit verlagert hat und dort immer schmutziger wird.
Thomas Müller kann darüber nur schmunzeln. Ein Sky-Reporter sprach ihn am späten Dienstagabend nach Abpfiff der Partie gegen FC Salzburg darauf an, was er denn davon halte, dass David Alaba den Klub wohl verlassen werde. "Joa? Das werden mer sehen", entgegnete Müller etwas ungläubig, zeigte aber Verständnis für die Reporterfrage. Die Geschichten über den "FC Hollywood" habe er "früher auch gerne gelesen", sagte der Offensivspieler.
"Wir wollen doch, dass sich ein bisschen was rührt bei uns und wenn es ein bisschen knistert", erklärte Müller. Und es knistert bei Bayern München ausgerechnet vor dem mit Spannung erwarteten Bundesligagipfel bei Borussia Dortmund gewaltig: Die Diskussionen um David Alaba sorgten auch rund um das beeindruckende 6:2 (2:1) des Triple-Gewinners in Salzburg für reichlich Wirbel.
Unmittelbar vor dem Anpfiff hatte Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic in recht deutlichen Worten über den möglicherweise bevorstehenden Abschied Alabas gesprochen. "Ich weiß jetzt nicht mehr, wie wir zusammenfinden sollen", sagte er ebenfalls am Sky-Mikrofon. "Jetzt müssen wir uns damit beschäftigen, dass uns David verlassen wird."
Das Filmstudio an der Säbener Straße liefert wieder fleißig Blockbuster. Mal sehen, ob es ein Alaba-Drama mit Happy End geben wird.
(as/mit sid)