Die DFL hat entschieden! Der Einstieg eines Investors wird auf den Weg gebracht. Die dafür erforderliche Zweidrittel Mehrheit wurde hauchdünn geschafft: 24 der 36 Erst- und Zweitligaklubs stimmten für den Einstieg, der dem deutschen Profifußball in den kommenden Monaten einen Geldsegen von mindestens einer Milliarde Euro bringen soll. Klingt auf den ersten Blick gut.
Das Geld soll in den Auf- und Ausbau einer digitalen Infrastruktur investiert werden. Auch um im internationalen Wettbewerb um die Medienmärkte Asiens, Afrikas und Nordamerikas mithalten zu können. Da lässt sich noch mehr Geld scheffeln. Weshalb man diese Kohle so dringend braucht, weiß niemand so richtig zu beantworten.
Von diesem Geld profitieren vor allem die großen Klubs und das kritikwürdige System des gierigen Geldfußballs. Die Bundesliga wird definitiv nicht spannender werden. Die Chancengleichheit wird sich nicht verbessern und die Kluft zwischen denen da oben und dem Fußball an der Basis wird nochmal vergrößert werden. An der Spitze dieser Bewegung stehen Männer wie Hans-Joachim Watzke und andere Manager, die den Fußball in eine Zukunft führen, in der einzig und allein das Rennen um immer mehr Geld zählt.
Für Nachhaltigkeit und struktureller Entwicklung ist da kaum noch Platz.
Die Entwicklung klingt in den Ohren der Fans ernüchternd. Noch während der Pandemie war das alte System des Geldfußballs ins Wanken gekommen und die Politik musste der Bundesliga mit den Geisterspielen eine Sonderregelung einräumen, damit das marode Geschäftsmodell nicht in sich zusammenfällt.
Damals versprachen die führenden Manager eine Neuausrichtung. Von Demut, Gehaltsobergrenzen und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit war die Rede. Das alles hat sich gerade in Luft aufgelöst, denn mit der Entscheidung von Montag wissen wir: Es hat sich nicht wirklich etwas verändert. Der alles dominierende Wert im Profifußball ist die maßlose Gier nach immer mehr Geld.
Wäre es nicht auch denkbar gewesen, einen ganz anderen Weg einzuschlagen? Nirgends in Europa läuft die Fanbindung besser als in Deutschland. Selbst unsere zweite Liga rangiert mit ihren Zuschauerzahlen europaweit auf Platz 6. Nahezu gleichauf mit der ersten französischen Liga. Und auch in der dritten und vierten Liga wird begeisternder Fußball gespielt, der sich auf eine euphorische und treue Fanbasis verlassen kann. Die Stimmung ist gut und überall auf der Welt beneidet man den Deutschen Fußball wegen seiner Bindungskraft und Faszination, die auf sein Publikum wirkt.
Das ist das Tafelsilber des Bundesligafußballs. Damit ließe sich auch in Zukunft Geld verdienen, denn genau in diesem Punkt unterscheidet sich der Deutsche Fußball von den meisten Konkurrenten auf dem rasant wachsenden Sport Unterhaltungsmarkt.
Stattdessen werden die Fans jetzt abermals vor den Kopf gestoßen. Ihre massiven Proteste bleiben ungehört, denn der Geldfußball hatte es auch in dieser so zentralen Frage eilig. Keine Zeit für Nachdenken, Innovationen, neue Ideen und Diskussionen. Der im Mai gescheitere Antrag wurde ein klein wenig verändert und mit niedrigerem Budget eilig durch die Gremien gepeitscht.
Mit Blick auf die einzuräumenden Rechte der neuen Geldgeber ist zwar von ominösen roten Linien die Rede, aber niemand traut sich exakt auszuformulieren, was man den Geldgebern in wirtschaftlichen und sportlichen Fragen zukünftig zugestehen will oder muss. Wie steht es zum Beispiel um Anstoßzeiten? Montagsspiele? Ligaspiele im Ausland? Auslandsreisender Teams? Neue Wettbewerbe? Regelanpassungen?
Wohin entwickelt sich der Fußball, wenn er von den Interessen und Renditeerwartungen der Private-Equity-Firmen getrieben wird? Welchen Einfluss wird der Investor künftig nehmen?Welche Probleme des Bundesligafußballs werden mit dem gigantischen Geldsegen gelöst oder entstehen durch den Einstieg neu? Was wird die Internationalisierung der Bundesliga mit dem gewachsenen Gefüge am nationalen Markt machen?
Die Fragen sind gewichtig. Deshalb wäre es gut gewesen, statt der hauchdünnen Wahlentscheidung ein deutliches Ergebnis für den brisanten Einstieg eines Investors organisieren zu können. Dafür hätte es besserer Argumente und mehr Zeit gebraucht.
Beides fehlt offensichtlich. Schade, vor zwei Jahren wurden die Ergebnisse der damals eilig einberufenen Taskforce Profifußball präsentiert und abgehakt. Viele fromme Wünsche und Worte, die sich längst in Luft aufgelöst haben.
Mit Blick auf die zu erwartenden Proteste und Auseinandersetzungen, die aus dem gestrigen Abstimmungsprocedere hervorgehen werden, sage ich: Schade! Die DFL hat es versäumt, aus der Krise, die während der Geisterspielphase die Schwächen des Systems offenbart hatte, nachhaltig zu lernen.